Mindestlohn für Zeitarbeiter: Der Osten holt auf
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen freut sich über einen Mindestlohn von 8,50 Euro.
Berlin - Dieser Tarifabschluss kam wie bestellt. Am frühen Dienstagmorgen, ein paar Tage vor der Bundestagswahl, einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf einen neuen Mindestlohn für Zeitarbeitnehmer. Damit, so glaubt jedenfalls Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), läuft die Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn ins Leere. „Die Tarifpartner brauchen keine Vorgaben der Politik, um auf vernünftige Lohnhöhen zu kommen“, freute sich die Ministerin über den neuen Tarif, der „eine überragende Bedeutung für die Mindestlohndebatte in Deutschland hat“. In den Wahlprogrammen von SPD, Grünen und Linken stehen Mindestlöhne für die Wirtschaft insgesamt. Die Regierung dagegen setzt auf branchenspezifische Lohnuntergrenzen, die von Arbeitgebern und Gewerkschaften festgelegt werden.
„Die tariflichen Branchenmindestlöhne funktionieren und das System hat Zukunft“, meinte von der Leyen. Allerdings sind tarifliche Mindeststandards nur da möglich, wo es handlungsfähige Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften gibt. Das ist in vielen Dienstleistungsbereichen nicht der Fall. Im Übrigen fordern die Gewerkschaften trotz des jüngsten Abschlusses die Politik auf, „eine gesetzliche Regelung mit dem Ziel gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ zu schaffen.
Die beiden Parteien hatten sich am frühen Dienstagmorgen auf eine mehrstufige Erhöhung der Entgelte für die rund 800 000 Leiharbeiter hierzulande um insgesamt 9,6 Prozent im Westen und 12,8 Prozent im Osten geeinigt. Die auf den ersten Blick erheblichen Steigerungen relativeren sich wegen der Laufzeit des Vertrages bis Ende 2016. Die Arbeitgeber haben also über fast dreieinhalb Jahre Ruhe an der Tariffront. Trotzdem seien sie „an die Grenze der Belastbarkeit gegangen, und das gilt insbesondere für die neuen Länder“, kommentierte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber den Abschluss.
Tatsächlich wollten die Gewerkschaften unbedingt einen Mindestlohn von 8,50 Euro auch für Ostdeutschland, allerdings erst Mitte 2016. Aktuell gibt es im Osten in der untersten Entgeltgruppe 7,80 Euro. Im Westen steigt der Mindestlohn bereits zum Jahr 2014 auf 8,50 Euro und dann weiter bis Mitte 2016 auf 9,00 Euro. Es bleibt also eine Lohndifferenz zwischen Ost und West, wenngleich die Lücke kleiner wird. Alles in allem, so war in Verhandlungskreisen zu hören, wollten die Arbeitgeber einen Abschluss noch vor der Bundestagswahl, weil sie eine stärkere Regulierung der Zeitarbeit im Falle einer großen Koalition befürchten.
Arbeitsministerin von der Leyen kündigte an, die neuen Mindestlöhne allgemeinverbindlich erklären zu wollen, sodass sie für alle Leiharbeitnehmer gelten. An diesem Mittwoch werde die Regierung im Übrigen einen Branchenmindestlohn für das Steinmetz- und Bildhauerhandwerk beschließen. Alfons Frese