Privates Geld für Infrastruktur: Bürger sollen Autobahnen bezahlen
Ein Expertenbericht aus dem Wirtschaftsministerium schlägt vor, die deutsche Infrastruktur in Deutschland künftig auch mithilfe privater Geldgeber zu finanzieren. Privatanleger könnten sich dann über einen "Bürgerfonds" beim Bau von Straßen, Schulen und Brücken engagieren.
Die Bürger und Großinvestoren wie Versicherer sollen dem Staat nach Ideen einer Regierungskommission künftig bei der Sanierung maroder Autobahnen, Brücken oder Schulen unter die Arme greifen. Die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingesetzten Fachleute prüften unter anderem einen „Bürgerfonds“, über den sich Klein-Anleger an Baumaßnahmen beteiligen könnten, berichtete die „Welt am Sonntag“. Für institutionelle Investoren sollten kommunale Bauprojekte gemeindeübergreifend in ÖPP-Fonds gebündelt werden. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bestätigte außerdem Überlegungen, die Autobahnen in eine staatliche Gesellschaft zu überführen, die auf private Finanzierungen zurückgreifen könnte.
Dem Staat fehlen 7,2 Milliarden für Straßensanierung
Die von Gabriel eingesetzte Expertenkommission will ihren Bericht Ende April vorlegen. Sie soll neue Wege aufzeigen, wie der Investitionsstau – mithilfe privater Geldgeber – aufgelöst werden kann. Nach früheren Berechnungen einer Bund-Länder-Kommission fehlen dem Staat jährlich mindestens 7,2 Milliarden Euro für den Erhalt der Verkehrswege.
Die Infrastruktur-Kommission geht unter anderem der Frage nach, wie Versicherungen leichter in Bauprojekte investieren könnten. Wegen der niedrigen Zinsen suchen sie händeringend nach lukrativen Anlagen für ihre Kundengelder, stoßen aber an bürokratische und aufsichtsrechtliche Hürden. Außerdem gibt es bisher nicht genügend Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP), die auf institutionelle Investoren zugeschnitten sind.
"Staus werden vermieden"
Solche ÖPP-Projekte sind jedoch umstritten, weil sich der Staat wegen der niedrigen Zinsen derzeit sehr billig verschulden kann. Unter anderem hatte der Bundesrechnungshof kritisiert, ÖPP sei häufig teurer. Diesem Einwand hielt Dobrindt in der „Welt am Sonntag“ entgegen, ÖPP-Projekte seien wirtschaftlicher: „Die Straße ist schneller verfügbar, die Bauqualität hoch, weitere Staus werden vermieden, der volkswirtschaftliche Schaden dadurch auch.“ Der Vorschlag einer staatlichen Autobahngesellschaft werde zurzeit mit Finanzminister Wolfgang Schäuble diskutiert. „Wir stehen am Anfang unserer Überlegungen“, sagte Dobrindt. Der Autobahnbau sei allerdings kein Projekt für Kleinsparer. Sie profitierten aber, wenn zum Beispiel ihre Lebensversicherung dort investiere.
Modelle sollen die Einhaltung der Schuldenbremse nicht gefährden
Bei anderen Projekten werde aber durchaus an eine Bürgerbeteiligung gedacht, berichtete die Zeitung unter Berufung auf interne Texte der Gabriel-Kommission. Das Ziel seien Modelle, die Investitionen zu erhöhen, ohne die Einhaltung der Schuldenbremse durch den Bund und die Länder zu gefährden.
Die Allianz hat bereits angekündigt, für milliardenschwere Investitionen in Brücken und neue Windparks bereitzustehen. Bisher investiert der Konzern vor allem in ausländische Infrastruktur, etwa in Belgien. Dort werden für den Autobahnbau Projektanleihen aufgelegt. Ob sich die Beteiligung privater Investoren gegenüber nur vom Staat durchgezogenen Bauten rechnet, ist allerdings in der Gabriel-Kommission noch umstritten. „Es besteht die Gefahr, eine Verschuldung außerhalb des Budgets zu schaffen“, warnte der Wirtschaftsweise Lars Feld. Auch die Gewerkschaften sind skeptisch. Sie warnen, Nutznießer von ÖPP-Fonds seien die Besitzer von Lebensversicherungen. Die Zinsen für die Fonds-Anleger müssten aber alle Steuerzahler tragen. (Reuters)
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