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Die Bundesregierung macht Ernst im Kampf gegen extreme Mieterhöhungen in Großstädten.
© dpa

Kampf gegen Wohnungsnot in Großstädten: Bundesregierung zieht die „Mietpreisbremse“

Extreme Mietanstiege sind in deutschen Großstädten keine Seltenheit. Dem soll mit der Mietpreisbremse nun ein Riegel vorgeschoben werden. Doch wie wird sie wirken und was bedeutet das für Berlin?

Die Bundesregierung macht Ernst im Kampf gegen die Wohnungsnot in deutschen Ballungsgebieten – und zieht die „Mietpreisbremse“ an. Damit soll verhindert werden, dass Hauseigentümer sprunghaft die Miete anheben, nur weil ein neuer Mieter in die alte Wohnung einzieht. Der Druck ist groß: Zuletzt gab es Mietsprünge von bis zu 30 Prozent in Großstädten, weil deren Bevölkerung wächst, die Zahl der neu gebauten Wohnungen aber nicht im gleichen Maße steigt. Hier soll das „Mietrechtsnovellierungsgesetz“ Abhilfe schaffen, das im Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vorliegt. Demnach müssen Wohnungssuchende künftig auch keine Maklergebühren mehr bezahlen, wenn der Hauseigentümer diesen mit der Vermietung beauftragt hat.

Greift die Mietpreisbremse unterschiedslos in ganz Deutschland?

Nein, die Regulierung soll nur dort in Kraft treten, wo es „angespannte Wohnungsmärkte“ gibt. Als solche gelten Großstädte und Ballungsgebiete wie Berlin, München oder Frankfurt am Main, wo die Mieten in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen sind. Klare Kriterien dafür, wann eine Stadt über einen „angespannten Wohnungsmarkt“ verfügt, sind in dem Entwurf nicht formuliert. Das überlässt der Bund den Landesregierungen.

Welche Gebiete in Berlin gelten als „angespannter Wohnungsmarkt“?

Die gesamte Stadt. Der Senat hat dies bereits im vergangenen Jahr so festgelegt, weil kaum noch Wohnungen frei stehen und die Bevölkerung um mehrere zehntausend Menschen jährlich wächst.

Was ändert sich für Mieter mit Einführung des neuen Mietrechts?

Wer eine Wohnung in Großstädten oder Ballungsgebieten mit angespannten Wohnungsmärkten sucht, wird entlastet werden, weil das Gesetz die Miethöhe neu abgeschlossener Verträge begrenzt. Als Maßstab gilt die „ortsübliche Miete“. Wie hoch diese liegt, ist im Mietspiegel der jeweiligen Stadt nachzulesen. Auf diesen Betrag darf der Vermieter maximal zehn Prozent aufschlagen – mehr nicht.

Werden die Neuvertragsmieten für alle Wohnungen begrenzt?

Nein, für Neubauten gilt die Regelung nicht, für diese können die Eigentümer auch in Zukunft so viel Miete verlangen, wie der Markt hergibt. Dasselbe gilt übrigens für „umfassend modernisierte Wohnungen“. Gestritten wird zwischen den Mietrechtsexperten der Koalition allerdings noch darüber, was darunter zu verstehen ist. Die SPD hatte bei früheren Anläufen zur Gestaltung der Mietpreisbremse gefordert, dass die Kosten der Modernisierung sich auf ein Drittel dessen belaufen, was der Erwerb der Wohnung gekostet hatte. Für den Mietrechtsexperten der CDU Jan-Marco Luczak ist das zu viel.

Warum sind die Änderungen so umstritten?

Weil die Mietpreisbremse den Wohnungsmarkt reguliert, schränkt sie den unternehmerischen Spielraum ein. Es gibt zudem die Befürchtung, dass die Mietpreisbremse auch die Wohnungsbaukonjunktur abwürgt. Es hagelt Kritik vor allem aus der Wohnungs- und Immobilienbranche. Ihr Argument, das auch im Zentrum der Kritik der CDU-Fraktion steht, lautet: Nur der Bau von Wohnungen hilft bei der Beseitigung des Mangels derselben. Deshalb fordert der Präsident des Immobilien Verbandes Deutschland Jens-Ulrich Kießling „eine breitere Ausweisung von Bauland, eine Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren und mehr Flexibilität bei der Nachverdichtung in Innenstädten“.

Was bedeuten die Änderungen für den Mietmarkt in Berlin?

Noch gibt es viele langjährige Mieter von Wohnungen, die günstige Mieten bezahlen. Die ortsübliche Miete laut Mietspiegel beträgt rund 5,54 Euro je Quadratmeter und Monat nettokalt. Wer zur Zeit eine freie Wohnung sucht, bezahlt rund 2,50 Euro mehr. Die Mietpreisbremse wird künftig verhindern, dass die Differenz so groß ist, weil Vermieter dann maximal zehn Prozent mehr als ortsüblich fordern können.

Warum ist eine „Probezeit“ für die Mietpreisbremse vorgesehen?

Die Mietpreisbremse gilt für eine Dauer von zunächst fünf Jahren. Eine Verlängerung von wiederum fünf Jahren soll dann geprüft werden. Dazu hat der Bund die Länder ermächtigt, falls diese einen „angespannten Wohnungsmarkt“ festgestellt haben. Die zeitliche Befristung ist ein vernünftiger Kompromiss, weil niemand voraussagen kann, ob die heute wachsenden Ballungsgebiete auch in fünf Jahren noch boomen – und dann auch noch Wohnungsnot herrscht. Die Fünfjahresfrist der Mietpreisbremse war auch im Koalitionsvertrag vereinbart worden, dennoch wird über dessen Auslegung gestritten. Mietexperte Jan-Marco Luczak (CDU) fordert, dass der Bund nach fünf Jahren entscheidet, ob das Experiment fortgesetzt wird. Im Gesetzesentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bleibt das den Ländern überlassen.

Ist noch mit Änderungen an dem Gesetzesentwurf zu rechnen?

Ja, denn der Entwurf geht zunächst an die Bundesländer, und auch die Verbände werden noch angehört. Außerdem hat auch die CDU-Fraktion noch Bedenken gegen die Vorschläge des Justizministers vom Koalitionspartner SPD angemeldet. Elisabeth Winkelmeier-Becker und Jan-Marco Luczak von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordern von den Ländern, dass sie flankierend zur Mietpreisbremse einen „regionalen Maßnahmenplan“ zur Stärkung des privaten Wohnungsbaus auflegen. „Wir sind nicht weit auseinander“, sagt die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Eva Högl.

Was sagen die Mietervertreter dazu?

Dass die Mietpreisbremse wegen der vielen Ausnahmen nicht richtig greift. Denn diese gilt nicht für Neubauten und auch nicht für durchgreifend sanierte Altbauten. Außerdem müssen bestehende Verträge zu überhöhten Mieten nicht korrigiert werden, auch wenn darin zehn Prozent mehr als ortsüblich verlangt werden. Außerdem sei zu befürchten, dass Hauseigentümer sich nicht an die Mietpreisbremse halten und überhöhte Mieten verlangen und die Mieter keine Möglichkeit haben, dies nachzuweisen. Es gebe zwar eine Auskunftspflicht, frühere Mietverträge müssten aber allenfalls bei Gerichtsverfahren offengelegt werden.

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