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Überträger? Wildschweine in Brandenburg sind mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert.
© imago images/blickwinkel

Afrikanische Schweinepest: Brandenburg findet fünf weitere Wildschwein-Kadaver

Das Virus breitet sich aus. Brandenburg zahlt Finderlohn für tote Wildschweine. Die Preise für Schweinefleisch bleiben stabil.

Wenigstens eine gute Nachricht gibt es für die deutschen Schweinehalter: Der Preis für ihre Tiere ist nicht noch einmal eingebrochen. Sie bekommen weiterhin 1,27 Euro pro Kilo, stellte die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch am Mittwoch fest. Das ist zwar nicht kostendeckend, die Bauern hatten aber Schlimmeres befürchtet.

Denn nachdem die Afrikanische Schweinepest (ASP) Deutschland erreicht hat, kann deutsches Schweinefleisch praktisch nur noch in die EU exportiert werden. Fast alle Drittländer, darunter der wichtigste Importeur China, haben ihre Importe gestoppt. Am Freitag war der Preis daher um 20 Cent abgerutscht.

China ist zum größten Abnehmer geworden, nachdem das Land selbst von der für Schweine tödlichen, für Menschen aber ungefährlichen Seuche heimgesucht worden war. Millionen Schweine wurden in der Volksrepublik seit 2018 getötet. Um den Appetit der Chinesen auf Schweinefleisch zu stillen, wurde der Import gesteigert.

Davon haben vor allem die deutschen Erzeuger profitiert. Im ersten Halbjahr 2020 gingen fast 27 Prozent der 870.700 Tonnen Schweinefleisch, die Deutschland insgesamt exportiert hatte, nach China.

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Tönnies: Für die deutschen Verbraucher könnte Fleisch jetzt teurer werden

Für die Bauern, aber auch die Fleischwirtschaft ist der Lieferstopp ein harter Schlag. Denn in China sind besonders die Teile gefragt, die Bundesbürger nicht mögen: Ohren, Schnäuzchen und Pfötchen. Deutschlands größtes Schlachtunternehmen Tönnies warnt daher bereits vor steigenden Preisen für die deutschen Verbraucher, weil der Export der weniger edlen Teilen nach China in der Gesamtkalkulation zu den bislang günstigen Preisen für Fleisch und Wurst geführt habe.

Die Bundesregierung versucht auf Hochtouren und auf allen diplomatischen Kanälen, die Importstopps zu lockern. Sie will aus dem deutschlandweiten Verbot einen Lieferstopp zu machen, der nur auf die betroffenen Regionen begrenzt ist. Zudem seien ja bislang nur Wildschweine befallen und keine Hausschweine, argumentiert Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU). „Es gibt Hoffnung“, sagte eine Ministeriumssprecherin am Mittwoch.

Neue Kadaver in Brandenburg entdeckt

Bislang ist die Seuche auf Brandenburg begrenzt. In der vergangenen Woche wurde der erste Kadaver einer infizierten Bache in Schenkendöbern, sieben Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, gefunden. Am Dienstag stellte das Landeslabor Berlin-Brandenburg bei fünf weiteren Wildschweinen in der Nähe von Neuzelle (Kreis Oder-Spree) das Virus fest. Am Mittwoch wurden dort fünf weitere Kadaver entdeckt, die jetzt im Landeslabor untersucht werden.

Ein mobiler Zaun schottet das Kerngebiet ab, er soll durch einen festen Zaun ersetzt werden.
Ein mobiler Zaun schottet das Kerngebiet ab, er soll durch einen festen Zaun ersetzt werden.
© dpa

Auch die neuen Funde liegen in dem Bereich, den Brandenburg bereits als gefährdetes Gebiet ausgewiesen hatte. Um den Fundort des ersten Kadavers haben die Behörden ein Gebiet von 24 Kilometern festgelegt, in dem besondere Regeln gelten.

Derzeit darf dort nicht gejagt werden, und Bauern dürfen ihre Ernten nicht einfahren, um Wildschweine nicht aufzuschrecken. Schweinetransporte sind nur ausnahmsweise möglich. Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel (Grüne) kündigte bereits an, Entschädigungen zugunsten der Bauern zu prüfen.

Wer ein totes Wildschein meldet, bekommt Geld

Um weitere infizierte Wildschweine aufzuspüren, zahlt Brandenburg zudem Prämien. Wer ein totes Wildschwein innerhalb der 24-Kilometer-Zone findet und meldet, bekommt 100 Euro. In der bereits abgesperrten, unmittelbaren Kernzone werden 150 Euro gezahlt, allerdings dürfen nur ortsansässige Jäger und Landwirte diesen Bereich betreten.

Kernzone. Spaziergänger dürfen hier nicht rein.
Kernzone. Spaziergänger dürfen hier nicht rein.
© dpa

Der Finderlohn soll den Behörden möglichst schnell einen Überblick über das Infektionsgeschehen geben, damit das Kerngebiet endgültig identifiziert werden kann. Um diese rote Zone soll dann ein fester Zaun errichtet werden, alle Wildschweine sollen dort getötet werden.

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Kritik an Billigfleisch

Die ASP-Krise hat auch die Debatte über die Tierhaltung in Deutschland befeuert.

SPD und Grüne in Niedersachsen, dem Land mit der größten Schweinehaltung, fordern eine Abkehr von Billigfleisch-Exporten und eine Reduzierung der hohen Tierzahlen.

Ist das noch zeitgemäß? Die Seuche beflügelt die Diskussion über die Tierhaltung in Deutschland.
Ist das noch zeitgemäß? Die Seuche beflügelt die Diskussion über die Tierhaltung in Deutschland.
© dpa

"Fraglos haben wir in vielen Regionen Deutschlands eine zu hohe Tierdichte", sagte eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums dem Tagesspiegel, im Ministerium sieht man die Exportorientierung der Fleischindustrie „sehr kritisch“. Der Preisdruck durch den Export treibe Landwirte in einen "ruinösen Wettbewerb". Allerdings tauge die ASP nur bedingt als Beleg für das "Billigsystem Fleisch", da die deutschen Schweinehalter anfangs vom Ausbruch in China profitiert haben. Aus Umweltschutzgründen kritisch sieht man im Ministerium, dass frühere Infektionen zu einer noch stärkeren Konzentration der Schweinehaltung geführt habe. Daher müsse man jetzt einen anderen Weg einschlagen und die Tierhaltung tierwohlgerechter und umweltfreundlicher machen. Neben einem tierwohlgerechten Umbau der Ställe seien auch eine stärkere Flächenbindung der Tierhaltung und ein wirksamer Immissionsschutz wichtig.

Förderprogramm für Stallumbau läuft

Im Bundesagrarministerium verweist man dagegen darauf, dass die Förderung für mehr Tierwohl bereits läuft. Ab sofort können Landwirte bis zu 500.000 Euro für die Modernisierung ihrer Ställe beantragen, insgesamt stehen 300 Millionen Euro zur Verfügung. Das Bauvorhaben darf nicht mit einer Vergrößerung des Tierbestands verbunden werden. „Während die Grünen noch in der Mottenkiste alter Forderungen kramen, bringen wir einen Umbau der Tierhaltung voran“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel.

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