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In Zukunft könnten Roboter die Mitarbeiter aussuchen. Schon jetzt nutzen Unternehmen Algorithmen.
© Getty Images/iStockphoto

Keine Angst vorm Roboter: Berliner unterschätzen die Digitalisierung

Die meisten Berliner glauben nicht, dass Roboter ihnen den Job streitig machen können. Das ist fatal, sagen Experten.

Sie könnten in Zukunft Lkw fahren, alte Menschen pflegen und Texte übersetzen. Sie könnten sich ums Marketing kümmern, um die Buchhaltung und die Datenanalyse. Die Rede ist von den neuen Kollegen: Robotern. Fast die Hälfte der Arbeitsplätze von heute ist in den kommenden 20 Jahren bedroht, meinen Forscher der Universität Oxford. Doch obwohl die meisten Deutschen dieses Schreckensszenario kennen, glauben bislang noch die wenigsten, dass dieser Wandel sie persönlich treffen wird.

Auch viele Berliner scheinen zu unterschätzen, welche Folgen die stärkere Nutzung von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz für die Arbeitswelt haben kann: 75 Prozent können sich nicht vorstellen, dass in Zukunft ein Roboter ihren Job übernehmen wird. Das zeigt eine Umfrage der Berliner Sparkasse unter knapp 1000 Berlinern, deren Ergebnisse dem Tagesspiegel vorab vorliegen.

Ältere glauben nicht, dass ein Roboter ihre Arbeit ersetzen kann

Vor allem die älteren Berliner glauben demnach nicht, dass eine Maschine sie im Beruf ersetzen könnte: Nur 13 Prozent der über 59-Jährigen fürchten, ihren Job an einen Roboter zu verlieren. Die 18- bis 29-Jährigen sehen die Entwicklung hingegen schon deutlich kritischer – fast 40 Prozent von ihnen sagen, ja, ihren Beruf könnte womöglich einmal eine Maschine ausüben.

Interessant ist dabei, dass es durchaus Unterschiede in den Bezirken gibt: So glauben in Lichtenberg und Steglitz-Zehlendorf vergleichsweise wenige, dass sie von einem Roboter ersetzt werden könnten (nur 17 beziehungsweise 19 Prozent). In Mitte, wo besonders viele Start-ups ihren Sitz haben, ist hingegen die Angst durchaus da, den Job an den Computer zu verlieren: Mehr als ein Drittel (36 Prozent) glaubt dort, einer Arbeit nachzugehen, die in Zukunft auch die Maschine übernehmen könnte.

Dabei ist den meisten Berlinern durchaus bewusst, dass die Digitalisierung die Wirtschaft und damit die Arbeitswelt verändert. So glauben 40 Prozent nicht, dass klassische Konzerne langfristig gegen die Konkurrenz großer Techfirmen wie Google oder Amazon ankommen werden.

Viele wollen die Veränderung nicht wahr haben

Nur woher kommt diese Diskrepanz? Warum wissen die Berliner einerseits um die Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt – ziehen aber für sich kaum Schlussfolgerungen daraus? „Viele Betroffene verschließen möglicherweise die Augen vor der harten Realität“, schreiben die Experten der Unternehmensberatung Deloitte. Sie haben herausgefunden: Nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland unterschätzen die Menschen die Folgen neuer Entwicklungen wie Künstlicher Intelligenz und Automatisierung.

Gleichzeitig trauen sie sich selbst sehr viel zu, überschätzen also ihre digitalen Fähigkeiten. Von 2000 befragten Beschäftigen meinen lediglich 18 Prozent, dass sie ihre Fähigkeiten in den kommenden Jahren erweitern müssen. Was den Jobverlust angeht, glauben bundesweit sogar lediglich zwei Prozent, dass sie ihren Beruf an die Maschine verlieren könnten.

Die Mehrheit ist sich hingegen sicher, nicht lebenslang lernen zu müssen, weil sie alle Kompetenzen, die sie bräuchten, schon hätten. Riskant ist, dass sich ausgerechnet Geringqualifizierte kaum Sorgen machen und sich deshalb selten fortbilden. Dabei erwarten Experten, dass die Digitalisierung zuerst einfache Tätigkeiten überflüssig machen wird – am Bau, in der Industrie und in der Logistik.

Nicht jeder Arbeitnehmer kann umgeschult werden

Schon 2025 sollen laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums Maschinen mehr Arbeitsstunden erledigen als Menschen. Im Büro dürfte es nicht anders sein. 75 Millionen Arbeitsplätze sollen bis 2022 wegfallen. Gleichzeitig sollen 133 Millionen neue entstehen.

Für die veränderten Aufgaben gewappnet, sind jedoch bislang nur 46 Prozent der Mitarbeiter. Die Mehrheit müsste hingegen weitergebildet werden – was allerdings längst nicht in allen Bereichen funktionieren wird. So sagte Ralph Hamers, Chef der niederländischen Großbank ING kürzlich im Tagesspiegel-Interview, dass auch viele Banker ihren Job aufgrund der Digitalisierung verlieren könnten. Denn: „Aus einem Filialmitarbeiter werden Sie so schnell keinen Datenexperten machen.“

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