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Darf Edeka Kaiser's Tengelmann übernehmen? Die Entscheidung liegt bei Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
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Update

Übernahmekampf um Kaiser's Tengelmann: Berlin zeigt Sympathien für Edeka

Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer will möglichst viele Arbeitsplätze retten. Bayern votiert offen für eine Ministererlaubnis und Edeka.

Soll Edeka die Supermarkt-Kette Kaiser‘s Tengelmann übernehmen dürfen? Für Berlin ist das eine wichtige Frage. Denn während Tengelmann im Bundesgebiet keine große Rolle mehr spielt, ist das in der Hauptstadt anders. Mit seinen 133 Märkten und einem Marktanteil von 11,7 Prozent ist Kaiser’s die Nummer drei an der Spree. Nur Edeka/Reichelt (Marktanteil 26,6 Prozent) und Rewe (16,7 Prozent) sind noch größer.
Kein Wunder also, dass Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) das Ringen um Kaiser’s sehr aufmerksam verfolgt. Das Bundeskartellamt hatte den Zusammenschluss untersagt, weil die Wettbewerbshüter den Branchenführer Edeka nicht noch mächtiger werden lassen wollten. Auch die Monopolkommission will Edeka bremsen. Um doch noch zum Zuge zu kommen, haben sich Edeka-Chef Markus Mosa und Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gewandt und ihn gebeten, per Ministererlaubnis die Supermarktehe doch noch zu erlauben. Das Verfahren läuft.

Tengelmann-Chef Haub: Fusion oder Zerschlagung

Haub und Mosa werben vor allem mit den 16.000 Arbeitsplätzen bei Kaiser’s Tengelmann. Sollte Gabriel die Fusion ablehnen, werde Tengelmann zerschlagen, die Filialen einzeln verkauft, droht Haub. Mindestens 8.000 Jobs blieben dabei auf der Strecke. Um zu zeigen, dass es ihnen mit dem Erhalt der Arbeitsplätze ernst ist, hat Tengelmann mit den Betriebsräten in Berlin und Nordrhein-Westfalen entsprechende Betriebsvereinbarungen geschlossen, Edeka hat diese in den Kaufvertrag integriert. Allerdings hat auch die Rewe-Gruppe, die ebenfalls an Kaiser’s Tengelmann interessiert ist, Jobversprechen abgegeben. Man werde alle Arbeitsplätze erhalten, verspricht der Vorstand.

Bayern ist für Edeka

Was tun? Sigmar Gabriel hat die Länder, in denen Kaiser’s Tengelmann vertreten ist, nach ihrer Meinung gefragt. Bayern spricht sich klar für eine Ministererlaubnis aus. "Der Zusammenschluss der Firmen Kaiser's Tengelmann und Edeka ist unter den möglichen Alternativen die Lösung, die den Gemeinwohlinteressen am besten gerecht wird", heißt es in der am Dienstag abend veröffentlichten Stellungnahme des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Ein Zusammenschluss sei besser, um die 5500 Arbeitsplätze in Bayern zu sichern, meint Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Immerhin seien viele der Beschäftigten in Teilzeit angestellt und 50 Prozent der Festangestellten seien älter als 40 - eine Vermittlung in andere Jobs könne daher schwierig werden. Zudem sei eine Fortführung als Ganzes sowieso grundsätzlich besser als eine Zerschlagung. Zusätzliche Sympathie findet das regionale Sortiment Edekas. Die Edeka-Händler hätten bis zu 40 Prozent ihrer Produkte aus regionaler Vermarktung, darunter 500 Biere bayerischer Brauereien, freut sich Aigner.

Andere halten sich bedeckter

Nordrhein-Westfalen und Berlin vermeiden dagegen klare Festlegungen. „Für die Landesregierung steht die Sicherung der Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen im Mittelpunkt“, sagte Wirtschaftsminister Garrelt Diun (SPD) dem Tagesspiegel. Gabriel möge vor seiner Entscheidung prüfen, wie den Mitarbeitern „eine verlässliche Perspektive“ eröffnet werden kann. Auch Yzer hat Sorge um die Arbeitsplätze. In ihrer Stellungnahme, die dem Tagesspiegel vorliegt, mahnt sie, dass die Arbeitsplatzsicherung im Vordergrund stehen müsse. Im Berliner Lebensmitteleinzelhandel habe sich die Zahl der gemeldeten Arbeitsstellen seit 2010 mehr als verdoppelt, die Zahl der Arbeitssuchenden sei stetig gesunken, schreibt Yzer – und lässt zumindest zwischen den Zeilen Sympathien für die Übernahme durch Edeka erkennen. Die von Kaiser’s Tengelmann mit dem Berliner Betriebsrat geschlossenen Vereinbarungen „zeugen jedenfalls vom Willen der Beteiligten, Beschäftigung zu erhalten, Arbeitslosigkeit im Berliner Lebensmittelhandel zu verhindern und Stellenabbau sozial abzufedern“, betont Yzer.

Niedersachsen ist gegen eine Ministererlaubnis

In Niedersachsen sieht man das ganz anders. Zwar ist Kaiser's Tengelmann in dem Flächenland gar nicht vertreten, aber Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) meldet sich dennoch zu Wort. Er hat Angst um die Bauern und Lebensmittelproduzenten in seinem Land. In einem Brief an Gabriel warnt Lies daher eindringlich vor einer Genehmigung der Fusion. Edeka würde dann noch mächtiger. Bereits jetzt sei aber die Macht der großen Ketten gegenüber der mittelständischen Ernährungsindustrie „bedenklich“, warnt der Minister.

Rewe wirbt für Übernahme

Die Rewe-Gruppe, die sowohl eine komplette als auch eine Teilübernahme von Kaiser's Tengelmann anbietet, kritisierte das Votum Bayerns. „Die politische Bewertung der Bayerischen Staatsregierung steht in deutlichem Widerspruch zum Sondergutachten der Monopolkommission und zur Entscheidung des Bundeskartellamtes", sagte Rewe-Sprecher Martin Brüning. Bei maßgeblichen Akteuren aus der Politik, von der Beschaffungsseite und des Wettbewerbs bestünden schwerwiegende Bedenken gegen die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka, betonte Brüning. Zudem gebe es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kaiser’s Tengelmann auch ohne die Übernahme durch Edeka eine gute Zukunft.

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