Edeka ausgebremst: Kartellamt untersagt Übernahme von Kaiser's Tengelmann
Edeka darf Kaiser’s-Tengelmann vorerst nicht übernehmen. Was aus den 450 Supermärkten wird, bleibt erst mal offen.
Das Kartellamt hat getan, was es bisweilen tun muss: Es hat ein Machtwort gesprochen. Am Mittwoch untersagte die Behörde nach wochenlangen Verhandlungen trotz Zugeständnissen die Übernahme der Kaiser’s-Tengelmann-Märkte durch Edeka. „Das Vorhaben hätte zu einer erheblichen Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen auf zahlreichen ohnehin stark konzentrierten regionalen Märkten geführt“, heißt es in der Begründung. Kartellamtspräsident Andreas Mundt erklärte weiter: Er habe „selten einen Fusionsfall gesehen, in dem wir so weit auseinandergelegen haben – und die Chancen so gering waren, zusammenzukommen“.
Die Entscheidung ist überraschend – und auch wieder nicht. Tatsächlich hatte das Amt schon vor sechs Wochen klargestellt, dass es eine Komplettübernahme nicht dulden werde. Demnach sieht die Behörde vor allem in Berlin, in München und Oberbayern und in Nordrhein-Westfalen den Wettbewerb gefährdet. In all diesen Regionen sind Edeka und Tengelmann stark vertreten. Nach der Abmahnung im Februar hatte das Kartellamt Edeka jedoch Zeit bis zum 7. April eingeräumt, das Angebot nachzubessern.
Hinter den Kulissen wurde also seither ein Kompromiss gesucht – und offenbar nicht gefunden. Die Zugeständnisse seien unzureichend gewesen, auf Vorschläge des Kartellamts sei Edeka schlicht nicht eingegangen, heißt es. Auf lediglich ein Viertel des Filialnetzes hatten die Hamburger demnach verzichten wollen, obwohl die Wettbewerbshüter zu dem Schluss gekommen waren, dass nur ein Drittel der Märkte ohne wettbewerbliche Bedenken in Edeka aufgehen könne, sagte ein Kartellamtssprecher dem Tagesspiegel. In den Prozess involvierte Personen verdeutlichten: „Von echten Verhandlungen kann keine Rede sein. Edeka hat sich so gut wie gar nicht bewegt.“ Dagegen hatte es noch vor zwei Tagen aus der Edeka-Zentrale geheißen, man bemühe sich „mit großem Engagement um eine Lösung“ mit der Behörde.
Verärgert hat das Kartellamt dabei offenbar auch die Qualität der Filialen, die Edeka schließlich an Dritte abzugeben bereit war. Dabei habe es sich zum Teil um Läden gehandelt, die ohnehin kurz vor der Schließung stehen, erklärte der Sprecher. Auch befänden sich keineswegs alle in den als heikel eingestuften Regionen, trügen also nicht wirklich zu einer Entspannung des Wettbewerbs bei. „Bei der Auswahl der Standorte haben die Unternehmen die Maßstäbe und Voraussetzungen für ein tragfähiges und wettbewerbskonformes Zusagenangebot nicht berücksichtigt“, fasst das Kartellamt in seiner Stellungnahme zusammen. Die Chuzpe eines Marktführers, der Widerworte nicht gewöhnt ist? Oder lediglich ein ganz normaler Interessenkonflikt?
Die Zukunft der gut 450 Kaiser’s-Tengelmann-Filialen bleibt jedenfalls weiter offen. Im Raum Berlin unterhält die Kette 120 Läden – Edeka kommt auf 320. Bisher hat nur Rewe sich als Alternativkäufer ins Gespräch gebracht, indirekt aber auch schon eine Absage kassiert: Zu groß würde die Marktmacht von Edeka und Rewe auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite, meint das Kartellamt. Verbrauchern drohten Preiserhöhungen, Lebensmittelherstellern weiterer Preisdruck.
Interesse an Teilen des Filialnetzes gebe es aber durchaus, ließ die Behörde durchblicken. In der Branche erzählt man, sowohl die Schweizer Migros als auch die Schwarz- Gruppe mit Kaufland und Lidl würden gerne expandieren. Mundt sprach von „sehr vielen Interessensbekundungen“. Dass alles weiterläuft wie bisher, ist unwahrscheinlich. Tengelmann ist des Lebensmittelhandels müde, mit dem die Gruppe eigenen Angaben zufolge seit 15 Jahren Verluste einfährt. Ziel sei es weiterhin, Kaiser’s „als Ganzes in andere Hände zu geben“, teilte der Konzern mit.
Als Rückschlag begreift Tengelmann die Absage des Kartellamts allemal – als Ende aller Hoffnungen nicht: Edeka und Tengelmann können gegen die Entscheidung noch vor Gericht ziehen– und zeigten sich dazu bislang auch entschlossen. Auf eine Ministererlaubnis für den Deal dürfen die Parteien dagegen nicht länger hoffen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) schloss diese letzte Möglichkeit am Mittwoch aus.
Die Entscheidung des Kartellamts führe zu „einer großen und vermeidbaren Unsicherheit bei den 16000 Mitarbeitern“, denen „eine sichere Zukunft im Edeka-Verbund verbaut“ werde, hatte Tengelmann zuvor noch mitgeteilt. Ob eine Zerschlagung aber wirklich den Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten muss, ist umstritten. Rewe-Chef Alain Caparros hatte zum Beispiel die Variante einer Ministererlaubnis vergangene Woche im Tagesspiegel als „Frechheit“ bezeichnet: Die Kaiser’s-Märkte seien attraktiv – und zwar für etliche Investoren.
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