Kapital fließt langsamer: Berlin fällt als Start-up-Metropole auf Platz vier
Die Mega-Deals blieben 2016 aus: Stockholm, London und Paris hängen Berlin als Start-up-Haupstadt Europas ab.
Im bundesweiten Vergleich ist die Hauptstadt mit 1,07 Milliarden Euro Investitionsvolumen auch weiterhin Start-up-Standpunkt Nummer eins. Das belegt das aktuelle Start-up-Barometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY). Was zunächst nach viel klingt, ist im Vergleich zum Vorjahr allerdings ein starker Einbruch: 2015 erhielten Berliner Jungunternehmer noch 2,24 Milliarden Euro und damit mehr als doppelt so viel Kapital. Europaweit wurde Berlin von London, Paris und Stockholm eingeholt und musste seinen Titel „Europas Start-up-Hauptstadt“ abtreten.
Keine Mega-Deals in Deutschland
Auf riesige Investitionssummen hoffte man vergangenes Jahr nicht nur in Berlin vergeblich: Deutschlandweit ging der Gesamtwert der Transaktionen um 30 Prozent zurück, europaweit waren es immerhin elf Prozent weniger als im Vorjahr. Der Grund: 2016 war für die deutsche Gründerszene ganz einfach nicht das Jahr der Mega-Deals. Unter einem Mega-Deal wird eine Transaktion über mindestens 100 Millionen Euro verstanden. Während es 2015 in Deutschland noch acht solcher Finanzierungen gegeben hatte, blieben diese im vergangenen Jahr völlig aus. 2015 hatte vor allem die Start-up-Schmiede Rocket Internet die Investitionen in die Höhe getrieben. Peter Lannertz, Partner bei Ernst & Young, beunruhigen die aktuellen Zahlen allerdings nicht: „2015 sorgten Einmaleffekte für Rekordzahlen – dafür profitierten 2016 mehr Unternehmen von Risikokapital.“ Während die Investitionssummen sanken, stieg die Zahl der Finanzierungsrunden in Deutschland um 17 Prozent, europaweit sogar um 41 Prozent. „Die Start-up-Szene in Deutschland steht heute auf einer breiteren Basis als je zuvor“, kommentiert Lennartz.
Stockholm führt die Liste an
Europas neuer Risikokapital-König heißt Spotify. Mit 900 Milliarden Euro sammelte der schwedische Musikstreamingdienst 2016 mit Abstand am meisten Kapital ein. Die Plätze zwei und drei belegen der britische Essenslieferdienst Deliveroo (245 Millionen Euro) und der ebenfalls britische Flugsuchdienst Skyscanner (177 Millionen Euro). In Deutschland führt mit einer Finanzierungsrunde über 85 Millionen Euro der Berliner Lieferdienst Hello Fresh die Empfängerliste an, knapp dahinter folgen das sächsische Solartechnik-Unternehmen Heliatek (80 Millionen Euro) und der bayrische Batteriehersteller Sonnen (76 Millionen Euro). Das bestätigt: Die Bereiche Mobilität und Energie sind für Investoren immer noch hochattraktiv.
Mona Linke