zum Hauptinhalt
Wer vergisst wen - und warum. Der US-Konzern Google muss nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs personenbezogene Links unter bestimmten Umständen löschen.
© dpa
Update

Löschanträge beim US-Konzern: Bereits 12 000 Formulare bei Google eingegangen

Die Möglichkeit, Suchergebnisse bei Google per Antrag löschen zu lassen, hat einen Ansturm ausgelöst. Dennoch gilt: Gesetzliche Regelungen sind noch nicht vom Tisch.

Bei Google sind am ersten Tag rund 12 000 Anträge von Europäern auf Löschung von Suchergebnissen über sie eingegangen. In der Spitze habe es bis zu 20 Anträge pro Minute gegeben, sagte ein Google-Sprecher am Samstag. Google hatte am Freitagmorgen als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Recht auf Vergessenwerden im Internet eine entsprechende Seite freigeschaltet. Wer also nicht will, dass bestimmte persönliche Details über die Suche des Internetkonzerns gefunden werden, füllt ein Formular aus: online, mit Angaben zu seiner Person und den zu löschenden Links, einer Begründung, warum die Inhalte nicht weiter aufzufinden sein sollen. Nach Kritik des Hamburger Datenschützers Johannes Caspar änderte der Konzern das Formular im Laufe des Tages in einem wichtigen Punkt. Der in Deutschland für Google zuständige Datenschützer hatte bemängelt, dass Google zum Hochladen der Kopie eines Personalausweises aufrief. Die automatisierte Speicherung eines Personalausweises durch nicht-öffentliche Stellen sei aber ungesetzlich, erklärte er. Nun heißt es auf der Google-Webseite lediglich: „Fügen Sie bitte eine lesbare Kopie eines Sie identifizierenden Dokuments bei.“ Die Datei solle binnen eines Monats nach Bearbeitung des Antrags gelöscht werden.

Der US-Konzern setzt damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) praktisch um. Die Richter in Luxemburg hatten vor zwei Wochen entschieden, dass es ein Recht auf Vergessenwerden im Internet gibt.

Gelöscht wird nur auf europäischen Seiten

Im konkreten Fall hatte ein Spanier verlangt, dass Links auf eine mehr als 15 Jahre zurückliegende Pfändung bei der Eingabe seines Namens in die Google-Suche nicht mehr angezeigt werden. Der EuGH gab der Klage recht. Links dürften nur dann nicht entfernt werden, wenn an der Information ein großes öffentliches Interesse besteht. Etwa weil es darin um Politiker oder andere Prominente oder einen aktuellen Gerichtsprozess geht.

Bei Google will man sich die Entscheidung, ob Verweise gelöscht werden oder nicht, keinesfalls einfach machen. „Bei der Umsetzung dieser Entscheidung werden wir jede Anfrage individuell prüfen und zwischen den Datenschutzrechten des Einzelnen und dem Recht der Öffentlichkeit auf Auskunft und Informationsweitergabe abwägen“, heißt es beim Unternehmen. Google löscht Links jedoch nur aus seinen europäischen Diensten. Über Google.com sind die Informationen somit weiter gelistet.

Künftig soll ein Beirat den Konzern bei der künftigen Datenschutzstrategie unterstützen. Unter Führung des früheren Konzern- und derzeitigen Verwaltungsratschefs Eric Schmidt und Chefjustiziar David Drummond gehören dem Gremium unter anderen Jimmy Wales, Gründer des Online-Lexikons Wikipedia, und der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit, Frank La Rue, an. Im Frühjahr 2015 sollen sie einen ersten Bericht vorlegen.

Google-Chef: Wir wollen die Europäer besser verstehen

Larry Page, Chef des US-Konzerns, betonte, man wolle die Datenschutzbedürfnisse auf dem alten Kontinent besser verstehen. „Wir bemühen uns jetzt europäischer zu sein und die Sache mehr vor einem europäischen Hintergrund zu betrachten“, sagte Page der britischen „Financial Times“. Gleichzeitig warnte er vor zu hohen Hürden bei der europäischen Datenschutz-Grundverordnung, die sich derzeit bereits in der Abstimmung befindet.

Im Bundesinnenministerium begrüßt man das neue Google-Löschformular. An den in dieser Woche bekannt gewordenen Überlegungen, Internetkonzerne wie Google zur Einführung von Schlichtungsverfahren gesetzlich zu verpflichten, ändere das aber zunächst nichts. „Diese Schlichtung käme ja erst bei einem abgelehnten Löschantrag zum Tragen“, sagte ein Ministeriumssprecher dem Tagesspiegel. Sie sei deshalb unabhängig von der Methode des Löschverfahrens zu betrachten. Hinzu komme, dass andere Suchmaschinenbetreiber wie Yahoo oder Microsoft noch kein Standardverfahren wie das Formular anböten. (mit dpa/rtr)

Zur Startseite