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Ungewohnt deutlich kritisiert BDI-Präsident Grillo derzeit die Regierung Merkel.
© REUTERS

"Blind für Herausforderungen": BDI beklagt selbstgefällige Regierung

Die Flüchtlingskosten dürfen der großen Koalition nicht als Vorwand für Stillstand dienen, fordert die deutsche Industrie. Nach vielen verpassten Chancen sei nun eine "Innovationsoffensive" dringend nötig.

Ulrich Grillo schlägt anders als seine Vorgänger Hans-Olaf Henkel oder Michael Rogowski einen moderaten Ton an, wenn er sich mit der Politik beschäftigt. Ausnahmen bestätigen die Regel. So nutzte der Industriepräsident am Mittwoch ungewöhnliche Formulierungen, um die Regierung zu kritisieren und zu Taten aufzufordern. „Vor lauter Krisenmodus wegen der Flüchtlingsfrage“ sei die Koalition womöglich „blind für andere Herausforderungen“.

Und angesichts der Steuereinnahmen auf Rekordhöhe „erstarrt die Regierung in Selbstgefälligkeit“. Der Bundesverband der Industrie (BDI), den Grillo repräsentiert, ist zwar mit einer Wachstumserwartung von zwei Prozent durchaus optimistisch für 2016. Doch allein der private Verbrauch stütze die Konjunktur; die öffentliche und private Investitionszurückhaltung werde zunehmend zu einem Problem, dessen Lösung er aber der Politik zutraut.

Beim Klimaschutz schwant Grillo nichts Gutes

In der ersten Hälfte der Legislatur habe die Koalition „verpasst, unser Land wirtschaftlich stärker zu machen“. In der zweiten Hälfte erwarte er nun eine „Innovationsoffensive“ mit Impulsen in der Energiewende, bei der Digitalisierung und im Verkehr. „Ich warne davor, im beginnenden Wahlkampf Integrationskosten und Investitionskosten gegeneinander aufzurechnen.“

Beim Thema Energie schwant Grillo nach dem Klimaabkommen in Paris nichts Gutes. Das Ziel von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), bis 2050 auf den Einsatz konventioneller Energieträger (Kohle, Öl und Gas) zu verzichten, sei „illusorisch; die deutsche Industrie kann nicht mit Nachtspeicher-Aggregaten betrieben werden“, meinte der BDI- Präsident, dessen mehr als 150 Jahre alter Industriebetrieb, die Grillo-Werke, in Duisburg ansässig ist.

Nationaler Kohleausstieg ist "sinnlos"

Klimaschutz und wettbewerbsfähige Energiekosten ließen sich am ehesten mit einem weltweiten CO2-Emissionshandelssystem erreichen. So ein System allein in Europa anzuwenden, mache keinen Sinn, weil dadurch „die CO2-effiziente Industrie aus Deutschland und Europa in die Schwellenländer vertrieben wird“, und dort würde viel mehr CO2 erzeugt als hierzulande. Für den von der Bundesregierung angekündigten nationalen Klimaschutzplan 2050 forderte der BDI-Präsident „Augenmaß: Wir dürfen nicht vom Vorreiter zum Einsiedler werden“.

Ein nationaler Ausstieg aus der Kohle, wie er zunehmend von Klimaschützern gefordert wird, sei „sinnlos“. Das sieht die Öko-Branche naturgemäß anders. „Der Kohlestrom kann und muss zügig durch saubere erneuerbare Energien ersetzt werden“, fordert der Bundesverband der Erneuerbaren.

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