Agrarsubventionen sollen neu verteilt werden: Bauern sollen für Klima- und Tierschutz belohnt werden
Die Agrarminister der Länder wollen die Landwirte zum Umwelt- und Tierschutz zwingen. Wer das nicht tut, bekommt weniger Geld.
Die Agrarminister und -ministerinnen der Bundesländer haben den Weg frei gemacht für einen Systemwechsel in der Landwirtschaft. Nach zwei gescheiterten Anläufen einigte sich die Agrarministerkonferenz (AMK) am Freitag in Berlin auf eine Umschichtung der Fördermilliarden aus der europäischen Agrarförderung.
Bauern und Bäuerinnen sollen künftig mehr Geld für Umwelt- und Klimaleistungen und für Investitionen in das Tierwohl bekommen. Bisher werden die Milliarden aus Brüssel fast ausschließlich nach der Größe der Flächen verteilt: Je größer ein Betrieb ist, desto mehr Subventionen erhält er.
„Wir haben heute den Einstieg in den Umstieg der Agrarförderung beschlossen“, sagte der AMK-Vorsitzende, Sachsens Agrar- und Umweltminister Wolfram Günther (Grüne). „Mit dem Kompromiss erfüllen wir einen gesellschaftlichen Auftrag“. Mit dem derzeitigen Agrarsystem sei niemand zufrieden, betonte Günther. Viele Landwirte geben auf, weil sie keine Zukunft sehen, zugleich fordern Umwelt- und Tierschützer eine bessere Haltung der Nutztiere und eine klimafreundliche Bewirtschaftung der Felder.
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Bisher bekommen die größten Höfe das meiste Geld
Das soll nun mit einer neuen Verteilung der Fördergelder erreicht werden, beschloss die AMK. Von den sechs Milliarden Euro, die deutsche Landwirte im Jahr aus Brüssel bekommen, werden derzeit 4,9 Milliarden Euro als Direktzahlungen („erste Säule“) ausgeschüttet. Dieses Geld bekommen die Höfe als Basisprämie, die Höhe richtet sich im wesentlichen nach der Fläche. Weitere 1,1 Milliarden Euro werden jährlich vom Staat für ökologische Leistungen, den Ausbau des Bio-Landbaus und Maßnahmen zur Unterstützung des ländlichen Raums („zweite Säule“) gezahlt.
25 Prozent der Direktzahlungen sollen an Ökoleistungen geknüpft werden
Künftig sollen aber auch schon in der ersten Säule Natur- und Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen. 25 Prozent der Direktzahlungen sollen an Ökoleistungen gebunden werden, etwa Blühstreifen für Insekten am Ackerrand oder Brachen, die der Natur überlassen bleiben. Auch wer Bäume pflanzt, soll belohnt werden.
Hinzu kommt, dass auch mehr Geld von der ersten in die zweite Säule fließen soll. Bisher sind es sechs Prozent. Ab 2023 – dem Beginn der neuen Förderperiode der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) – sollen es zehn Prozent sein, Tendenz steigend. 2026 sollen 15 Prozent umgeschichtet werden. Hinzu kommen noch weitere kleinere Förderposten.
Insgesamt sollen 47 Prozent der Subventionen aus der ersten Säule bis 2027 ökologisch gebunden sein, kündigte Günther an. Berlins Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt (Grüne) findet das gut.
„Bis 2027 ist ein deutlich höherer Anteil an EU-Geldern für eine nachhaltige Landwirtschaft vorgesehen. Das ist ein wichtiger Schritt weg von Grundwasserverseuchung und Insektensterben, hin zu mehr Biodiversität und Umweltschutz", sagte Behrendt dem Tagesspiegel.
Landwirte bekommen erst einmal weniger
Die Landwirte müssen sich auf große Veränderungen einstellen, warnte Mecklenburg-Vorpommerns Agrar- und Umweltminister Till Backhaus (SPD): „Die Basisprämie fällt von 270 Euro pro Hektar auf 140 Euro“. Jeder Betrieb verliert zunächst Geld und muss sich das mit Anstrengungen für den Umwelt- und Klimaschutz wieder verdienen, so Backhaus. Der SPD-Politiker wünscht sich, dass nach 2027 nur noch der öffentliches Geld bekommt, der Leistungen für die Öffentlichkeit erbringt.
Die Vereinbarungen der Länderminister stehen unter dem Vorbehalt, dass sich im Trilog EU-Kommission, Europaparlament und Ministerrat so auf die GAP einigen, dass die deutschen Beschlüsse Bestand haben. Die Verhandlungen laufen auf Hochtouren, aber in wichtigen Punkten gibt es Meinungsunterschiede. So sieht der aktuelle Reformvorschlag aus Brüssel vor, dass 20 Prozent der Direktzahlungen an Ökoanstrengungen geknüpft sind, das Europaparlament fordert 30.
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Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU), die an der AMK als Gast teilgenommen hatte, hatte bereits einen Entwurf zur Umsetzung der GAP vorgelegt. Darin hatte sie den Ökoanteil bei den Direktzahlungen auf 20 Prozent und eine Umschichtung von der ersten in die zweite Säule auf acht Prozent begrenzen wollen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte Klöckner heftig kritisiert und eine stärkere Honorierung von Ökoleistungen gefordert.
Kommt die Einigung am Mittwoch ins Kabinett?
Während die meisten Umweltschützer am Freitag den Kompromiss der Länder eher enttäuschend fanden, lobte Schulze, er sei ein „wichtiger Beitrag“ für die Ressortverhandlungen in der Bundesregierung. Klöckner strebt an, bereits am kommenden Mittwoch den nationalen Strategieplan – die Umsetzung der GAP hierzulande – ins Kabinett bringen zu wollen. Die Zeit drängt: Deutschland muss die Pläne bis Ende 2021 an die EU-Kommission gemeldet haben.
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