Elektromobilität: Batteriezellenproduktion bei Ford Köln möglich
Mehrere Landesregierungen buhlen um ein Werk für Batteriezellen. Der mögliche Investor Günther Schuh sieht Chancen für die Kölner Ford-Werke als Standort.
Eine neue deutsche Batteriezellenproduktion könnte in Nordrhein-Westfalen angesiedelt werden. Der mögliche Investor Günther Schuh, Professor an der RWTH Aachen und Chef des E-Autoherstellers e.GO, schätzt die Chancen dafür als gut ein, wenn es um die Kompetenz und die industriellen Partner geht. Jetzt müsse nur noch „die Politik durch eine gewisse Förderung unsere Standort- und Größennachteile gegenüber den etablierten asiatischen Herstellern ausgleichen“, wie Schuh im Interview mit dem Tagesspiegel sagte. (Das ganze Interview lesen Sie bei "Tagesspiegel Backround")
Obwohl ein Standort in den Braunkohleregionen politisch gewollt sei, würde Schuh die Produktion lieber an einem vorhandenen Industriestandort aufbauen. Das gehe schneller und sei kostengünstiger. „Mein Favorit sind die Ford-Werke in Köln-Niehl. Da steht schon die ganze Infrastruktur.“
Der e.GO-Chef und seine Partner aus der Industrie wollen eine Batteriezellenproduktion mit einer Kapazität von einer Gigawattstunde pro Jahr in der ersten Stufe aufbauen. Angesichts der Fortschritte in der Batterietechnik sei es sinnvoll, im ersten Schritt eine etwas kleinere Fabrik zu bauen. Zudem sei der Produktionshochlauf extrem anspruchsvoll. „Man produziert die ersten zwei Jahre überwiegend Ausschuss. Ich muss aber nicht Ausschuss im großen Stil produzieren“, sagte Schuh.
Wenn er und seine Partner mit einer Acht-Gigawattstunden-Fabrik anfangen würden, müssten etwa 1,2 Milliarden Euro aufgebracht werden. Wenn der Staat im besten Fall Fördermittel von 500 Millionen Euro zuschießen würde, bräuchte es immer noch ein Konsortium, das 700 Millionen Euro bereitstellen könnte. „Das sehe ich nicht. Bei einer Gigawattstunde muss das Konsortium 150 bis 170 Millionen Euro stemmen, das halte ich für realistisch.“
Das ist Schuhs Zeitplan: Ende 2019 könnte es mit der Ausrüstung der Hallen losgehen. Dann wird es weitere zwei Jahre brauchen, um die Anlage aufzubauen und genehmigt zu bekommen. Und nochmal zwei Jahre sind nötig, bis die Fabrik mit wenig Ausschuss produziert. Also wäre 2024 die Kapazität von einer Gigawattstunde erreicht. „Daran sieht man, wie dringend es ist, bald zu entscheiden“, sagte der Unternehmer. „Selbst Tesla und Panasonic haben rund zwei Jahre gebraucht, um die Fertigung einer bereits bekannten Zelle stabil zu bekommen.“
Als mögliche Partner nannte der e.GO-Chef den Batteriehersteller BMZ sowie die Autobauer Ford und VW. Volkswagen gehöre zwar bisher noch nicht zum Konsortium. Die Wolfsburger seien „jetzt aber im Gespräch, weil sie mit Ford auch über eine Kooperation bei der Elektromobilität verhandeln“. Trotz dieser möglichen Zusammenarbeit sei Ford weiterhin sehr daran interessiert, die Zellfertigung in sein Werk in Köln-Niehl zu bekommen.
BMZ sei fest im Boot. Das Unternehmen arbeite ohnehin schon mit asiatischen Zellherstellern zusammen und habe das Know-how und die Kunden für Batterien. Seine Unternehmen StreetScooter und e.GO hätten über viele Jahre hinweg gute Erfahrungen mit BMZ gemacht. Das Konsortium habe noch weitere Partner, die er aber noch nicht nennen dürfe.
Die geplante Fabrik werde ab 2024 für die BMZ-Kunden, für Ford, für StreetScooter und e.GO produzieren. „Die eine Gigawattstunde könnte ich mit e.GO alleine schon abnehmen. Aber man sollte sich nie von einer Fabrik abhängig machen“, sagte Schuh. Alle Partner würden 20 bis 30 Prozent ihres jeweiligen Bedarfs aus dieser Fabrik beziehen. Bei der Photovoltaik habe man ja gesehen, dass es auf politisch bestimmten Märkten zum Teil Dumpingpreise gebe. „Daran kann man zugrunde gehen.“ Deshalb sei es gut, einige feste Lieferbeziehungen zu haben. „Das hat Tesla mit seiner Gigafactory schlau gemacht.“
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