Arme zahlen mehr: Banken kassieren beim Basiskonto ab
Seit Sommer müssen Banken Verbrauchern ein Girokonto anbieten – auch wenn sie zum Beispiel obdachlos sind. Die Kosten dafür sind aber viel zu hoch, sagen Verbraucherschützer.
Wer kein Konto hat, der ist vom Wirtschaftsleben ausgeschlossen. Eine Wohnung mieten, Gehalt überwiesen bekommen, einen Handyvertrag abschließen – all das ist ohne Bankverbindung kaum möglich. Und doch gibt es rund 600.000 Deutsche, die ein Leben ohne Konto führen. Von der Bank oder Sparkasse sind sie in der Vergangenheit zurückgewiesen worden, weil sie Asylbewerber oder Obdachlose sind oder bereits eine Pfändung hinter sich haben. Die Bundesregierung hat darauf reagiert: Seit Juni hat in Deutschland jeder das Recht auf ein Konto. Auch wer zum Beispiel keinen festen Wohnsitz hat, kann nun Bankgeschäfte tätigen. Zumindest theoretisch. Praktisch muss man sich diese Chancengleichheit auch leisten können. Denn oft zahlen Kunden, die auf ein solches Basiskonto angewiesen sind, sehr viel mehr als Verbraucher, die bei der Bank das klassische Kontomodell angeboten bekommen. Das zeigt eine Stichprobe des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Sechs Banken hat die Lobbyorganisation deshalb nun abgemahnt. Reagieren sie darauf binnen zwei Wochen nicht, droht ein Gerichtsverfahren.
„Basiskonten sollten vor allem Verbrauchern, die wenig Geld haben, den Zugang zu bargeldlosem Zahlungsverkehr ermöglichen“, sagt Christina Buchmüller, Finanzexpertin beim VZBV. „Dieser Zweck wird unterlaufen, wenn Verbraucher gerade für Basiskonten mehr zahlen müssen als andere Kunden für vergleichbare Konten.“ Konkret richtet sich die Kritik gegen die Deutsche Bank, die Postbank, die Targobank, die Sparkasse Holstein, die Volksbank Karlsruhe und die BBBank: Sie alle haben von den Verbraucherschützern ein schlechtes Zeugnis ausgestellt bekommen und eine Abmahnung kassiert.
An die neun Euro kostet das Basiskonto zum Teil
So zahlen Kunden für das Basiskonto bei der Targobank zum Beispiel 8,95 Euro im Monat, bei der Deutschen Bank 8,99 Euro. Für jemanden, der wenig oder gar kein Einkommen hat, ist das extrem viel. Zumal es eben auch noch sehr viel mehr ist, als Kunden für ein klassisches Konto zahlen. Besonders groß fällt der Preisunterschied bei der Targobank aus. Statt der fast neun Euro im Monat zahlen Kunden, die Gehalt aufs Konto überwiesen bekommen, gar nichts für die Kontoführung. Wer doch einmal unter den Mindesteingang fällt und weniger als 1000 Euro im Monat einnimmt, zahlt 5,95 Euro – immer noch drei Euro weniger als die Basiskonto-Kunden.
Hinter dieser Zwei-Klassen-Politik der Banken stehen wirtschaftliche Überlegungen. Institute geben Kunden ein Konto und tragen im Zweifel einen Teil der Kosten in der Hoffnung, an anderer Stelle mit ihnen Gewinne zu machen: zum Beispiel indem die Kunden später bei ihnen einen Immobilienkredit aufnehmen, ein Auto finanzieren oder eine Riesterrente abschließen. Bei Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände und ihres geringen Einkommens auf ein Basiskonto angewiesen sind, ist das jedoch sehr unwahrscheinlich.
Auch bei einzelnen Leistungen zahlen Arme drauf
Deshalb kassieren sie beim Basiskonto ab – und zwar nicht nur bei den Kontoführungsgebühren. Bei der Targobank zum Beispiel zahlen Kunden kräftig drauf, wenn sie das Basiskonto oft nutzen. Ab der elften Buchung im Monat nimmt das Institut 55 Cent pro Stück. Kunden mit anderen Konten können dagegen kostenlos so oft Geld überweisen, wie sie wollen. Eine Sprecherin sagte auf Tagesspiegel-Anfrage: „Die Bepreisung halten wir für angemessen“ . Genau das ist allerdings auch die Krux an der Sache. Es geht um dieses eine Wort: „Angemessen“ soll die Gebühr für das Basiskonto sein, sagt auch der Gesetzgeber. Doch wann Gebühren denn nun angemessen ist, darüber sind Banker und Verbraucherschützer zerstritten.
Die BBBank reagiert und passt Preise nach unten an
Immerhin: Mit der BBBank hat ein erstes Institut auf die Kritik reagiert. Inhaber eines Basiskontos zahlten bei der kleinen Genossenschaftsbank, die auch in Berlin vier Filialen hat, bisher zum Beispiel für jede Überweisung 75 Cent – und zwar egal ob sie sie online einreichen oder in Papierform. Selbst für Daueraufträge, bei denen das Geld automatisch vom Konto abgebucht wird, kassierte die Bank diese Gebühr. Für Kunden mit Gehaltskonto waren und sind Überweisungen dagegen kostenlos. „Der Unterschied erklärt sich durch den Aufwand beim Basiskonto“, sagte eine Sprecherin noch am Dienstagmiittag. Am späten Nachmittag dann die Wende: „Wir haben entschieden, dass wir ab sofort keine Unterscheidung mehr bei der Entgeltberechnung für das Basiskonto und das normale Girokonto vornehmen“, teilte ein Bereichsleiter dem Tagesspiegel mit.
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