Nach Zugunglücken: Bahn rüstet bundesweit 600 alte Stellwerke nach
Zuletzt gab es immer wieder schwere Zugunfälle, weil Fahrdienstleiter Züge auf besetzten Gleisen fahren ließen. Künftig soll Technik solche Unglücke verhindern.
Nach mehreren schweren Bahnunglücken mit Toten und Verletzten will die Deutsche Bahn (DB) in den kommenden fünf Jahren rund 600 ältere Stellwerke mit zusätzlicher Sicherheitstechnik ausstatten. In einem ersten Schritt sollen in diesem Jahr bundesweit bis zu 50 Stellwerke modernisiert werden, sagte eine DB-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur.
Auf der Liste der ersten dafür vorgesehenen Anlagen steht auch das Stellwerk in Aichach bei Augsburg, wo im Mai 2018 ein Personenzug auf einen stehenden Güterzug aufgefahren war. Der 37 Jahre alte Lokführer des Zuges der Bayerischen Regiobahn und eine 73 Jahre alte Passagierin starben, 14 Fahrgäste wurden teils schwer verletzt.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit dem Unfall gegen den DB-Fahrdienstleiter wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und weiterer Straftaten. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, Details zu der Unglücksursache hat die Staatsanwaltschaft bislang nicht bekanntgegeben. Wann es zu einem möglichen Prozess kommt, ist derzeit noch nicht absehbar.
In den für die Nachrüstung vorgesehenen 600 mechanischen und elektromechanischen Stellwerken kontrollieren bislang die Fahrdienstleiter nur auf Sicht, welche Gleise frei sind. Künftig wird der Bahnmitarbeiter dabei durch Technik unterstützt. „Unterläuft dem Fahrdienstleiter zum Beispiel bei seiner Fahrwegprüfung durch Hinsehen ein Fehler, dann kann die Technik die Einfahrt bei besetztem Gleis blockieren“, erklärte die Bahnsprecherin.
Neuere Stellwerke sind schon mit sogenannten Gleisfreimeldeanlagen ausgestattet, die Zugfahrten auf besetzten Schienen verhindern. Insgesamt hat die DB bundesweit rund 2700 Stellwerke, davon noch etwa 1000 mit alter Technik. In den vergangenen Jahren hat die Bahn die Zahl dieser kleinen Anlagen bereits reduziert. Bei den verbliebenen wurde nun nach Kriterien wie der Zahl der Züge und der gefahrenen Geschwindigkeit geprüft, welche modernisiert werden müssen.
Modernisierung dauert bis zum Jahr 2023
Neben Aichach sollen in diesem Jahr beispielsweise auch die Stellwerke in Stadtallendorf in Mittelhessen, in Salem am Bodensee, in Niebüll (Schleswig-Holstein) und Berlin-Lichtenberg nachgerüstet werden. Zunächst will die DB die Technik in Nordrhein-Westfalen in Kerken-Nieukerk an der Strecke Köln-Kleve und im oberbayerischen Utting an der Strecke Mehring-Weilheim testen. Diese zwei Pilotanlagen würden derzeit umgerüstet und gingen in Kürze in Betrieb, sagte die Sprecherin.
Die komplette Modernisierung aller 600 Stellwerke soll bis zum Jahr 2023 dauern. Die Bahn rechnet mit Kosten in Höhe von 90 Millionen Euro. Die Finanzierung werde derzeit mit dem Bundesverkehrsministerium besprochen.
Durch Fehler von Fahrdienstleitern kommt es immer wieder zu schweren Bahnunglücken. So waren im Dezember 2017 bei Meerbusch in Nordrhein-Westfalen rund 50 Menschen verletzt worden, als eine Regionalbahn auf einen Güterzug prallte. Im Februar 2016 kamen beim oberbayerischen Bad Aibling 12 Menschen ums Leben und 89 Passagiere wurden verletzt, als zwei Nahverkehrszüge kollidierten. Der Fahrdienstleiter hatte mit seinem Handy gespielt und dadurch falsche Signale gesetzt. Er wurde zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. (dpa)