Staatskonzern braucht Geld: Bahn erwägt Teilprivatisierung der Logistik
Die Deutsche Bahn braucht dringend Geld und erwägt, die Logistiksparte teilweise zu privatisieren. Worum es dabei geht.
Bei der klammen Deutschen Bahn könnte bald auch die Logistiktochter DB Schenker mit ihren 76 000 Mitarbeitern zur Disposition stehen. Der Aufsichtsrat des größten Staatskonzerns hat sich nach Informationen des Tagesspiegels auf seinem zweitägigen Strategietreffen in dieser Woche mit der strittigen Frage beschäftigt, da die Finanzprobleme und die hohe Verschuldung von inzwischen 25 Milliarden Euro einer Lösung bedürfen. Unter Tagesordnungspunkt 4 wurden die 20 Aufsichtsräte demnach von DB-Chef Richard Lutz über Möglichkeiten zur Finanzierung seiner Agenda für eine bessere Bahn unterrichtet. Auf Seite 271 der Unterlagen zur Sitzung heißt es, dass die Bundesregierung dazu die Schuldengrenze anheben oder erneut Eigenkapital zuschießen könne. Dritte Möglichkeit sei der Verkauf einer Minderheitsbeteiligung an DB Schenker.
Offiziell will die DB-Spitze bisher an der Tochter festhalten. Lutz präferiert den Einstieg privater Investoren und Geldgeber, mit denen das weltweite Logistikgeschäft auch besser als bisher mit der Schiene vernetzt werden kann, zum Beispiel bei den Frachttransporten über die bereits erfolgreiche Landbrücke nach China.
Eine Teilprivatisierung wird aber von Arbeitnehmervertretern eher kritisch gesehen, weil dann private Investoren Einfluss bekämen, Dividenden verlangten und der Renditedruck noch steigen würde. Bei den Vertretern des Bundes als Eigentümer sind die Meinungen geteilt und reichen vom Komplettverkauf, der Finanzlöcher stopfen und Schulden senken könnte, bis zur Weiterführung wie bisher. Bereits 2016 war unter Ex-Chef Rüdiger Grube und Verkehrsminister Alexander Dobrindt die geplante Teilprivatisierung gescheitert, der Staat gab der DB AG stattdessen am Ende eine Finanzspritze in Milliardenhöhe.
Die Koalition ist sich nicht einig
Union und SPD in der Koalition sind bis heute nicht einig. Die weltweite Logistiksparte war vom Staatskonzern mit der damaligen Stinnes AG 2002 unter Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn für mehr als zwei Milliarden Euro erworben worden. Der Kauf bildete den Auftakt für eine umstrittene, teure und wenig rentable Expansion mit zeitweise 1000 Tochterfirmen in 140 Ländern bis hin zu Terminals in China. Schenker ist die größte Lkw-Spedition Europas.
DB Schenker ist nicht übermäßig profitabel und führte seit 2013 insgesamt 341 Millionen Euro an den Konzern ab, im Durchschnitt 57 Millionen Euro pro Jahr. Auch die versprochenen Synergieeffekte blieben überschaubar, wie es heißt. Ein Teilverkauf könnte mehrere Milliarden Euro bringen. Handlungszwang entsteht für die Regierung wegen der Finanznot der Bahn, die zusätzliche Investitionen nicht mehr aus eigener Kraft bestreiten kann. Deshalb steht bereits die zweite große Auslandstochter Arriva zum Verkauf, wo aber kaum mehr als drei Milliarden Euro Einnahmen zu erwarten sind. Alternativ wird nun der Börsengang der britischen Tochter mit ihren mehr als 50 000 Mitarbeitern geprüft. Mit dem Komplettverkauf von Arriva und Schenker würde die DB AG sich von rund 130 000 Beschäftigten und fast der Hälfte des Umsatzes von derzeit 44 Milliarden Euro trennen und sich wieder auf das deutsche Kerngeschäft konzentrieren.