Versagen im Wirecard-Skandal: Bafin-Chef Hufeld muss gehen
Im Skandal um Wirecard hat die Finanzmarktaufsicht Bafin erst falsch und dann zu spät reagiert. Finanzminister Olaf Scholz zieht nun die Konsequenz daraus.
Der Leiter der Finanzmarktaufsicht Bafin, Felix Hufeld, muss seinen Posten räumen. Das teilten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Hufeld nach einem Gespräch am Freitagnachmittag mit. Die Entscheidung kam zeitlich überraschend, aber nicht ganz unerwartet.
Im Zuge der Ermittlungen im Wirecard-Skandal, auch durch den Untersuchungsausschuss im Bundestag, hatte sich zunehmend gezeigt, dass es bei der Scholz unterstehenden Behörde Defizite bei der Aufgabenwahrnehmung gegeben hat. Es habe sich gezeigt, „dass die deutsche Finanzaufsicht eine Re-Organisation braucht, um ihre Aufsichtsfunktion effektiver erfüllen zu können“, heißt es in einer Mitteilung des Finanzministeriums.
Scholz sagte, die geplante Reform der Bafin werde mit einem „personellen Neuanfang“ verbunden. Er dankte Hufeld für dessen „großes Engagement“ in den acht Jahren an der Spitze der Bafin. Die Entscheidung zur Ablösung sei „einvernehmlich“ gefallen, hieß es. Eine Nachfolge präsentierte Scholz nicht.
Scholz hatte im Herbst eine Untersuchung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse sollen in der kommenden Woche präsentiert werden. Dabei dürfte es im Kern um Versäumnisse gehen, die sich im Fall Wirecard gezeigt haben.
So wird der Behörde und damit Hufeld selbst vorgeworfen, zuerst falsch und dann zu spät reagiert zu haben, als erste Berichte über mögliche Bilanzunregelmäßigkeiten bei dem bayerischen Finanzdienstleister in verschiedenen Medien erschienen. Statt die Vorwürfe näher zu prüfen, ging die Bafin lange davon aus, dass Attacken von Shortsellern dahinter stecken könnten und verfügte Leerverkaufsverbote, um das Unternehmen an der Börse zu schützen.
Insiderhandel bei der Bafin „ein schwerwiegender Vorgang“
Zuletzt war der Druck auf Hufeld gewachsen, weil Bafin-Mitarbeiter nicht nur normal mit Wirecard-Aktien handelten, obwohl das Unternehmen unter ihrer Beobachtung stand, sondern wohl auch ein Fall von Insiderhandel vorliegt. Wegen des Verdachts auf Insiderhandel zeigte die BaFin einen Mitarbeiter ihrer Wertpapieraufsicht an.
Die Bafin selbst hatte vor zwei Tagen mitgeteilt, einen Mitarbeiter deswegen angezeigt zu haben. Dieser habe am 17. Juni 2020 – einen Tag vor Bekanntwerden eines milliardenschweren Bilanzlochs bei dem Zahlungsdienstleister – Wirecard-Derivate verkauft. Wenige Tage später meldete der damals im Dax gelistete Konzern Insolvenz an.
Finanzminister Scholz hatte danach von einem „schwerwiegenden Vorgang“ gesprochen. Sollte sich der Verdacht auf Insiderhandel bestätigen, stellten sich viele Fragen. „Es zeigt einmal mehr, wie richtig wir gelegen haben, die Regeln für den Aktienhandel von BaFin-Beschäftigten radikal zu verschärfen. Und es belegt den Reformbedarf, der dort herrscht.“
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Scholz hatte schon vor der Entscheidung zu Hufeld angekündigt, dass die Bafin künftig mehr Kompetenzen und Durchgriffsrechte gegenüber Unternehmen bekommen solle. Kritiker bemängeln jedoch, dass das Problem der Bafin nicht sei, zu geringe Möglichkeiten zu haben, sondern ihre bestehenden Möglichkeiten nicht genügend genutzt zu haben.
Hufeld selbst hatte mit Blick auf die Umstände der Wirecard-Pleite und ihrer Vorgeschichte zugegeben: „Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert.“
Abgeordnete im Wirecard-Untersuchungsausschuss reagierten einhellig mit Zustimmung und Erleichterung, aber auch Kritik an Scholz. Der Grünen-Politiker Danyal Bayaz sagte, bei der Finanzaufsicht sei ein „Kulturwandel“ überfällig. „Es hat sich gezeigt, dass dieser Kulturwandel und die Aufklärung dieses Skandals mit der aktuellen Spitze unmöglich ist.“ Aufsichts-, aber auch Strafbehörden hätten im Fall Wirecard „schlampig und stümperhaft agiert“.
Fabio De Masi, Obmann der Linksfraktion im Wirecard-Untersuchungsausschuss Wirecard, sagte, die Entlassung Hufelds sei „überfällig“ gewesen. Es sei nicht erklärbar, warum Scholz über Wochen und Monate mit dieser Entscheidung abgewartet habe.
„Der Rückzug von Felix Hufeld war unvermeidbar“, sagte auch der FDP-Politiker Florian Toncar. „Nicht das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters, sondern gravierende Fehlbeurteilungen der Bafin im Fall Wirecard sind der Grund.“ Die Behörde habe nun die Chance, mit tiefgreifenden Reformen wieder Autorität und Vertrauen zu gewinnen. Auch Scholz habe kein gutes Bild im Wirecard-Skandal abgegeben. „Er wollte um jeden Preis vermeiden, dass in seinem Bereich Fehler eingestanden wurden“, sagte Toncar.
Der SPD-Obmann im Ausschuss, Jens Zimmermann, begrüßte die Ankündigung von Scholz. „Ein personeller Neuanfang an der Spitze der Bafin ist auch nach den Erkenntnissen der Arbeit im Untersuchungsausschuss der beste Weg, um die Reform bei der Finanzaufsicht umzusetzen.“
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