Handys, Fernseher, Waschmaschinen: Auf der Suche nach der geplanten Obsoleszenz
Das Handy nach zwei Jahren, die Waschmaschine nach zehn: Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass Hersteller die Lebensdauer ihrer Geräte bewusst begrenzen. Stimmt nicht, sagt das Umweltbundesamt.
Der Verbraucher ist schuld. Jedenfalls ein bisschen. Jedes Jahr ein neues Handy, alle fünf Jahre ein neuer Fernseher – für viele Nutzer sind solche Geräte Statussymbole. Wer mitreden will, muss auf dem neuesten Stand sein. Das ist einer der Gründe dafür, dass Hersteller zum Beispiel Smartphones nicht so konzipieren, dass sie 100 Jahre alt werden müssen. Dass sich der Toaster pünktlich und spektakulär nach Ablauf der zweijährigen Garantiezeit mit einer Stichflamme verabschiedet, weil der Hersteller bewusst minderwertige Komponenten verbaut hat, bleibt hingegen reine Spekulation. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Studie zur sogenannten geplanten Obsoleszenz, die das Umweltbundesamt (UBA) am Montag veröffentlicht hat.
Demnach kann das Öko-Institut in Freiburg, das die Untersuchung gemeinsam mit der Universität Bonn durchgeführt hat, auch bei populären Beispielen keine „Designmanipulationen“ nachweisen. So tauchten in Medienberichten immer wieder Waschmaschinen und Tintenstrahldrucker auf, die mit einer angeblich eingebauten Höchstlebensdauer hergestellt würden. Solche Vorwürfe seien „nicht aufrechtzuerhalten“, urteilen die Wissenschaftler.
Der Wunsch nach Neuem
Vor allem im Bereich der Unterhaltungselektronik – also Fernseher und Musikanlagen – und Kommunikationstechnik wie eben Smartphones sind der Studie zufolge Technologiesprünge und der Wunsch nach einem neuen Gerät ein häufiger Auslöser für den Neukauf – und nicht etwa ein technischer Defekt. Selbst bei Haushaltsgroßgeräten wie Kühlschränken sei bei einem Drittel der Befragten der Wunsch nach einem besseren Gerät ausschlaggebend.
Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass die technischen Geräte ewig halten. So stellten die Forscher fest, dass sich der Anteil der Haushaltsgroßgeräte, die aufgrund eines Defekts schon innerhalb der ersten fünf Jahre ersetzt wurden mehr als verdoppelt hat: von 3,5 Prozent im Jahr 2004 auf 8,3 Prozent im Jahr 2013. Ein Drittel der befragten Verbraucher war unzufrieden mit der Lebensdauer der Produkte.
"Aus ökologischer Sicht nicht akzeptabel"
Woran auch immer es liegt: Viele Elektrogeräte werden immer kürzer genutzt. Bei Notebooks sank die Dauer von 5,4 Jahren im Jahr 2004 nach einem vorübergehenden Anstieg auf 5,1 Jahre 2012. Bei Fernsehern nahm die erste Nutzungsdauer von 5,7 Jahren 2007 auf 4,4 Jahre 2010 ab. Sie stieg dann wieder bis 2012 auf 5,6 Jahre an. Allerdings wurden über 60 Prozent der noch funktionierenden Fernseher ersetzt, weil die Konsumenten ein besseres Gerät haben wollten, betonen die Studienautoren.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der sogenannten weißen Ware. So sank die durchschnittliche Nutzungsdauer bei Waschmaschinen, Trocknern oder Kühlschränken beim ersten Nutzer von 2004 bis 2012/13 von 14,1 auf 13 Jahre. Bei Kühl-Gefrierkombinationen waren es 12,6, bei Waschmaschinen 11,9 und bei Geschirrspülern 12,4 Jahre. Für das Umweltbundesamt ist diese Entwicklung hin zu immer kürzeren Produktzyklen nicht hinnehmbar. „Aus ökologischer Sicht ist das nicht akzeptabel“, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Die Herstellung der Produkte verbrauche wertvolle Ressourcen. Zudem belasteten Schadstoffe und Treibhausgase Umwelt und Klima.
Industrie hält nichts von Minsteshaltbarkeit
Deshalb leitet die Behörde aus den Studienergebnissen konkrete politische Forderungen ab. Krautzberger schlägt eine Art Mindesthaltbarkeitsdatum für Elektrogeräte vor. „Wir müssen über Mindestanforderungen an Produktlebensdauer und Qualität nachdenken.“ Aber auch die Nutzer selbst müssten mit mehr Verantwortung handeln. Es sei wichtig, dass Verbraucher Produkte länger nutzten. Die Industrie hält wenig von einer Mindesthaltbarkeit. Eine verlässliche Kennzeichnung setze voraus, dass die Haltbarkeit hinreichend genau messbar sei, heißt es beim Branchenverband ZVEI. Das sei derzeit nicht gegeben: Es gebe keine einheitlichen Messverfahren für die Haltbarkeit elektrischer Geräten in Europa.
Verbraucherschützer sehen hingegen ganz klar Hersteller und Politik in der Pflicht – auch wenn die Studie nicht nachweist, dass diese die Lebensdauer der Geräte bewusst begrenzen. „Je mehr Software in Elektrogeräte eingebaut wird, desto weniger können Verbraucher erkennen, wenn Verschleiß oder Sollbruchstellen programmiert werden“, sagt Marion Jungbluth von der Verbraucherzentrale Bundesverband. „Hier steht die Marktüberwachung vor neuen Herausforderungen, Verbraucher vor Schummelsoftware zu schützen.“ Die Politik müsse nachhaltige Produktion fördern, indem sie Hersteller beispielsweise dazu verpflichte, Geräte so zu konzipieren, dass sich eine Reparatur lohne, und Ersatzteile vorzuhalten.
Im Verbraucherministerium hält man sich mit möglichen Plänen in diese Richtung merklich zurück. „Wir werden den Bericht jetzt auswerten“, sagt ein Sprecher. Da die geplante Obsoleszenz nicht nachgewiesen werden konnte, wisse man nicht so recht, wogegen man eigentlich vorgehen solle, heißt es aus dem Umfeld.
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