Wenn Elektrogeräte vorzeitig altern: Kaputt nach Plan
Einige Hersteller bauen angeblich vorsätzlich Sollbruchstellen in Elektrogeräte ein, so dass sie schneller ersetzt werden müssen. In Frankreich gilt das bald als Straftat.
Der Drucker streikt nach 50.000 Blatt Papier, der Toaster geht kurz nach Ablauf der Garantie kaputt und der festverklebte Akku der elektrischen Zahnbürste kann nicht ausgetauscht werden: Viele Verbraucher hegen den Verdacht, dass Produkte so gebaut werden, dass sie früh versagen. Dieses absichtliche vorschnelle Altern etwa von Elektrogeräten nennt sich geplante Obsoleszenz – und soll in Frankreich künftig bestraft werden. Ein entsprechendes Gesetz nahm vergangene Woche die erste Hürde in der Nationalversammlung. Nachgewiesene Fälle sollen demnach als Betrug mit bis zu zwei Jahren Haft und 300 000 Euro Geldstrafe geahndet werden können.
In Deutschland begrüßt die Opposition den französischen Vorstoß – und sieht auch hierzulande gesetzlichen Handlungsbedarf. „Dieses Verbraucher- und Umweltproblem muss angegangen werden“, sagt Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Um gegen die geplante Obsoleszenz vorzugehen, fordert Maisch die Gewährleistungsfrist in Deutschland von zwei auf vier Jahre auszuweiten. Zudem befürwortet sie, dass die Beweislast, dass ein Produkt schadhaft war, nicht schon nach einem halben Jahr beim Kunden liegt, sondern erst nach eineinhalb Jahren. „Um Verbraucher zu schützen, gibt es viele Ansatzpunkte auf nationaler wie auch auf EU-Ebene“, so Maisch.
Fest verbaute Akkus verschwenden Ressourcen
Elvira Drobinski-Weiß, die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD, sieht Handlungsbedarf bei fest verbauten Akkus, die nicht ausgetauscht werden können, ohne das Produkt zu beschädigen. „Das muss abgestellt werden – es handelt sich um reine Ressourcenverschwendung.“ Eine Geldstrafe wie in Frankreich hält die Grüne Maisch dagegen für wenig wirksam. „Das zieht komplizierte gerichtliche Auseinandersetzungen darüber nach sich, was Absicht war und was nicht.“ Damit der Tatbestand des Betruges erfüllt ist, muss nämlich laut dem französischen Gesetz ein Produkt bewusst so gebaut werden, dass mit dem Ziel neuen Umsatzes die Lebensdauer künstlich verkürzt wird. „Den Unternehmen böse Absicht nachzuweisen, ist extrem schwierig“, glaubt Maisch.
Ähnlich sieht das der umweltpolitische Sprecher der Linken, Ralph Lenkert. Die Linke hatte deshalb bereits im vergangenen Jahr einen Antrag in den Umweltausschuss eingebracht, der Mindestnutzungszeiten für Produkte einführen sollte. Dabei hätten Hersteller die Nutzung für einen bestimmten Zeitraum garantieren müssen – für Handys hätten etwa drei Jahre gegolten, für Pkw fünf. Doch der Antrag wurde im Ausschuss abgelehnt. „Wir finden den Antrag nach wie vor gut und werden ihn bei Gelegenheit wieder einbringen“, kündigte Lenkert an.
Denkbar ist ein Siegel für Langlebigkeit
Die Union bezweifelt unterdessen, dass es eine geplante Obsoleszenz überhaupt gibt. „Es wird unterstellt, dass die Sollbruchstellen absichtlich eingebaut werden. Aber momentan ist das nur ein Bauchgefühl, für das es keine Beweise gibt“, sagte die Verbraucherschutzbeauftragte der Union, Mechthild Heil. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode sei ein entsprechendes Gutachten beim Umweltbundesamt in Auftrag gegeben worden. Im kommenden Jahr soll dieses Ergebnisse bringen – zuvor besteht in den Augen von Heil jedoch kein Handlungsbedarf. Sie könnte sich aber durchaus vorstellen, ein Siegel für Produkte zu entwickeln, das Langlebigkeit oder Nachhaltigkeit berücksichtigt.
Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) wehrt sich gegen den Verdacht der geplanten Obsoleszenz: „Der pauschale Vorwurf, die Industrie produziere vorsätzlich Produkte mit Verfallsdatum, ist haltlos“, hieß es aus dem Verband. Verbraucherschützer nennen indes Beispiele, die dem entgegenstehen. Die Hersteller verfolgen dabei offenbar verschiedene Strategien, wie eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie zeigen soll: Zum einen würden Bauteile verbaut, die minderwertig oder unterdimensioniert sind. Das betrifft beispielsweise Waschmaschinen oder Handmixer.
Tonerkatuschen haben häufig eingebaute Zähler
Daneben gibt es sogenannte konstruktionsbezogene Strategien. Bei diesen bedarf es eines großen Aufwandes, um ein Produkt zu reparieren: Das bekannteste Beispiel sind dafür die fest verklebte Gehäuse von Notebooks, die Reparaturen erschweren. Auch viele Drucker sind Verbrauchern ein Ärgernis, denn Tonerkartuschen für Laserdrucker verfügen häufig über eingebaute Zähler. Sobald eine bestimmte Anzahl von Seiten gedruckt ist, wird der Toner als leer angezeigt. Setzt man den Zähler zurück reicht die Farbe für bis zu 50 000 weiteren Seiten. Das Gesetz in Frankreich verfolgt aber nicht nur Verbraucherschutzziele: Die Regelung ist Teil eines Gesetzes zum Energiewandel, mit dem Frankreich seinen Atomstromanteil von 75 auf 50 Prozent reduzieren und den Energiebedarf halbieren will.
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