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Audi stellt in Kalifornien sein erstes Elektroauto vor.
© REUTERS/Joe White

e-tron: Audi schaltet den E-Motor an

Audi präsentiert in Kalifornien mit dem "e-tron" sein erstes Elektroauto. Die VW-Tochter startet damit spät auf einem wachsenden Markt.

Weit weg oder mitten drin. Aus der Sicht von Audi hat Kalifornien zwei Vorzüge. Den in Deutschland im Gefängnis sitzenden Vorstandschef Rupert Stadler kennt hier kaum jemand, die Dieselkrise ist 10.000 Kilometer entfernt. Zugleich kann die VW-Tochter hier ihr erstes Elektroauto perfekt in Szene setzen, um Tesla - dem kalifornischen E-Autobauer - die Kunden direkt vor der Haustür abzujagen. Am Montagabend (Ortszeit) zelebrierte Audi mit einer imposanten Show in einer historischen Industriehalle in San Francisco die Weltpremiere des „e-tron“. Der voll-elektrische Geländewagen soll Audi in die elektromobile Zukunft führen. Die ursprünglich in Brüssel geplante Premiere war ins Silicon Valley verlegt worden, 1600 internationale Gäste hatte Audi geladen.

„Das ist der Beginn einer neuen Ära“, sagte Bram Schot, der kommissarische Audi-Chef, in San Francisco. Audi zeige, dass man nach vorne denken wolle. „Wir haben nicht vergessen, was wir in den letzten Jahren erlebt haben“, betonte der Interims-Chef, der nach der Inhaftierung Stadlers die VW-Tochter seit Juni führt. „Es war Zeit für einen grundlegenden Wandel.“ Diesen begrüßte Audi in Kalifornien - einem der wichtigsten Absatzmärkte - mit einem derart verschwenderischen Fest, als habe es den Diesel und die Krise niemals gegeben. Audi habe das Elektroauto zwar nicht erfunden, gab sich Schot bescheiden, Audi habe ihm aber die DNA der Marke injiziert. „Wir sind die Ersten, die es richtig machen“, rief er, bevor Star-DJ Diplo die Beats in die riesige Craneway-Halle schmetterte.

Audi zielt auf die gleichen Käufer wie Mercedes ab

Es ist kein Zufall, dass die Ingolstädter keine zwei Wochen nach dem Wettbewerber Mercedes ihre ersten elektrische Serienmodelle feierten. Die Daimler-Tochter hatte in Stockholm ebenfalls ein batteriebetriebenes SUV, den EQC, vorgestellt. Beide Autos ähneln sich nicht nur optisch und technisch, sie zielen auch auf die gleichen Käufer, die man nicht mit einem futuristischen Design verschrecken will. Sportliche Geländewagen, bislang vor allem als Diesel, sind das erfolgreichste Pkw-Segment - vor allem in den USA. Selbst in Europa ist jeder dritte Neuwagen ein SUV.

So groß wie die Elektroautos, sind auch die Erwartungen - und die Unsicherheit, wie sie bei den Kunden ankommen werden. Denn Audi und Mercedes starten spät. Jahre sind seit den ersten Ankündigungen vergangen. Tesla stahl den Deutschen die Show. Jaguar ist mit dem i-Pace längst unterwegs. Audi konnte im VW-Konzern hingegen gar nichts bieten, obwohl schon vor fast fünf Jahren mit der e-tron-Entwicklung begonnen wurde. Daimler hatte immerhin den Elektro-Smart, BMW ist mit dem 2013 eingeführten Kompaktwagen i3 Vorreiter. Selbst die jetzt gefeierten Fahrzeuge stehen nicht sofort im Autohaus: den Audi „e-tron“ kann man zwar bestellen, geliefert wird er aber erst Ende des Jahres. Mercedes ist mit dem EQC, der ebenso wie der e-tron Teil einer ganzen E-Auto-Familie werden soll, sogar erst Anfang 2019 soweit. BMW legt 2019 mit einem elektrischen X3-SUV nach.

Die lange Zeit des Wartens ist der Preis für den deutschen Auto-Perfektionismus. So hat Audi den 408 PS-starken, fünf Meter langen e-tron auch mit modernster Technik vollgestopft. Äußerlich eher ein langweiliger SUV, steckt im Inneren des Autos (genauer: im Unterboden) eine Batterie, die 95 Kilowattstunden speichern kann, die sich - erstmals bei einem Serienauto - mit einer Leistung von 150 Kilowatt aufladen lässt. An einer Schnellladestation dauert es so nicht länger als eine halbe Stunde, bis der Akku wieder voll ist. Audi verspricht eine Reichweite von 400 Kilometern. „Reichweitenangst“, die Kinderkrankheit der Elektromobilität, dürfte weder im e-tron, noch beim Wettbewerber EQC ein Thema sein. Und die deutschen Hersteller holen den bisherigen Reichweitenvorreiter Tesla ein.

Der Verteilungskampf bricht aus

Auffällig im e-tron ist auch ein - gegen Aufpreis verfügbarer - Außenspiegel, der eigentlich eine rückwärts gewandte Kamera ist. Deren Bild wird dem Fahrer auf einem kleinen Display in der Tür gezeigt. Klingt nach Spielerei, die schlanke Kamera verbessert aber nicht nur den Überblick, sondern auch die Aerodynamik des Fahrzeugs deutlich. 

Gebaut wird der e-tron im Brüsseler Audi-Werk, wo bislang der kleine A1 produziert wurde. Die Umstellung der Produktion auf Elektromobilität war komplizierter als gedacht, wie Audi-Manager berichten. Der beginnende Paradigmenwechsel in der Industrie ist nicht nur ein Technikthema, es müssen auch die Mitarbeiter in den Fabriken trainiert und geschult werden. Zwölf Autos mit reinem E-Antrieb will Audi bis 2025 anbieten - in Zukunft entwickelt auf einer gemeinsamen Plattform mit der Volkswagen-Konzernschwester Porsche. 

Der e-tron soll einen Markt erobern, der Autokäufern in den kommenden Jahren eine Fülle neuer Modelle bieten wird. Allein 2019 kommen nach einer aktuellen McKinsey-Studie weltweit mehr als 130 neue Elektrofahrzeuge (batterieelektrische und extern aufladbare Plug-in-Hybride) auf den Markt, im Jahr darauf sind es mehr als 150, weitere knapp 90 folgen im Jahr 2021. Zwar sind die allermeisten keine direkte Konkurrenz für Audi und Mercedes, die im Preissegment weit oberhalb von 70.000 Euro unterwegs sind. Doch die Entwicklung zeigt: Die Zukunft hat begonnen, der Verteilungskampf bricht aus - auch für die deutschen Konzerne. Tesla will mit dem Volumenmodell Model 3 - sofern die Produktionsprobleme beseitigt werden - nachziehen. Auch in Asien werden mit westlicher Hilfe Marken erwachsen: Byton, der neue Spieler Nio, der Daimler-Anteilseigner und Volvo-Eigentümer Geely - alle bringen elektrische SUVs auf den internationalen Markt. „Das knappe Angebot wird mittelfristig kein Thema mehr sein“, schreibt McKinsey. Nicht zuletzt, weil sich die Umweltvorschriften weltweit verschärfen, haben die Hersteller keine andere Wahl - sie müssen früher oder später elektrisch werden.

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