zum Hauptinhalt
Vorstandschef gesucht. Audi hat seit der Inhaftierung von Rupert Stadler nur einen Übergangschef.
© imago/Steinach

BMW-Manager wechselt zu VW: Ein Kandidat für Audi

BMW-Einkaufschef Markus Duesmann soll in die VW-Führung wechseln. Er könnte Rupert Stadler ablösen, der wegen Verdunkelungsgefahr im Dieselskandal im Gefängnis sitzt.

Rupert Stadler sind die Hände gebunden, der beurlaubte Audi-Chef kann die Entwicklung nur aus seiner Gefängniszelle heraus beobachten: In Ingolstadt und in der VW-Konzernzentrale in Wolfsburg wird, so sieht es aus, in diesen Tagen über seine Nachfolge entschieden.

Offiziell ist noch nichts, aber die personellen Weichen werden gestellt. So teilte die Audi-Mutter Volkswagen am Dienstag mit, dass der Aufsichtsrat Markus Duesmann (49), bisher Einkaufsvorstand bei BMW, einen Vorstandsposten anbietet. Duesmann ist ein alter Bekannter von VW-Chef Herbert Diess. Beide kennen sich aus der Zeit, als Diess noch Mitglied im BMW-Vorstand war, bevor er 2015 nach Wolfsburg wechselte. Diess führt heute zugleich den Audi-Aufsichtsrat.

Duesmann werde „seine Tätigkeit aufnehmen, sobald er hierfür zur Verfügung steht“, teilte Volkswagen mit. Eine entsprechende Vereinbarung sei bereits unterzeichnet worden. „Chefwechsel bei Audi“ titelte das „Handelsblatt“ am Dienstag und berief sich auf Konzernkreise. Ein Sprecher des VW-Aufsichtsrats sagte allerdings: „Es gibt noch keine Entscheidung über die Ressortverteilung.“ Audi- Chef, so hieß es bei VW, sei nur eine von mehreren Optionen. Dann säße Duesmann auch im Vorstand des Gesamtkonzerns. Er war seit Oktober 2016 im BMW-Vorstand.

Nachfolger? Markus Duesmann könnte Rupert Stadler ablösen.
Nachfolger? Markus Duesmann könnte Rupert Stadler ablösen.
© imago/DeFodi

Audi hatte Rupert Stadler nach seiner Inhaftierung am 18. Juni zunächst beurlaubt und Vertriebschef Bram Schot zu seinem Interimsnachfolger ernannt. Die Entbindung von seinen Aufgaben werde vorübergehend vorgenommen, „bis der Sachverhalt geklärt ist, der zu seiner Verhaftung geführt hat“, hatte der Aufsichtsrat erklärt. Stadler hatte Audi seit 2007 geführt. Verhaftet worden war er wegen Verdunkelungsgefahr in der Diesel-Affäre. Stadler soll versucht haben, Zeugen oder Beschuldigte zu beeinflussen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug und „mittelbare Falschbeurkundung“ beim Verkauf hunderttausender Diesel auf dem europäischen Markt vor. Zwischenzeitlich haben Stadlers Anwälte Haftbeschwerde eingelegt, doch ob und wann er aus dem Gefängnis kommt, ist unklar.

Gegen eine vorzeitige Ablösung Stadlers sprach sich am Dienstag VW-Vorstandsmitglied Hiltrud Werner aus. „Ich kann nur für mich sprechen, aber wenn jemand in dieser Art gedemütigt wird, gibt es aus meiner Ansicht keinen Grund für den Aufsichtsrat, ihn noch weiter zu demütigen“, sagte die bei VW für Integrität und Recht zuständige Managerin der „Financial Times“. Stadler sei nicht angeklagt und die Ermittler hätten auch keine Beweise für ein Fehlvergehen vorgelegt.

In Haft. Rupert Stadler sitzt im Gefängnis - wegen Verdunkelungsgefahr im Diesel-Skandal. Eine Anklage gibt es noch nicht.
In Haft. Rupert Stadler sitzt im Gefängnis - wegen Verdunkelungsgefahr im Diesel-Skandal. Eine Anklage gibt es noch nicht.
© REUTERS

Werners Kritik am Audi-Aufsichtsrat kann auch als Kritik am Vorsitzenden des Gremiums, VW-Chef Herbert Diess, gewertet werden. Dabei gilt Werner nicht eben als harte Aufklärerin. Sie pflegt stattdessen ein vertrautes Verhältnis zu den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch, denen auch Stadler viel verdankt. Werner kam 2016 zu Volkswagen und leitete dort zunächst die Konzernrevision. Die Managerin war auf Christine Hohmann-Dennhardt gefolgt, die sich glücklos für mehr Integrität und Recht eingesetzt – und mit einer Millionen-Abfindung den VW-Konzern verlassen hatte.

Dem Vorwurf der Demütigung Stadlers fügte Werner im „FT“-Interview einen drastischen Vergleich hinzu. Sie erinnerte an den Selbstmord des früheren Siemens- Finanzchefs Heinz-Joachim Neubürger 2015 in Folge des Korruptionsskandals. Aus der damals geführten Diskussion, ob die Staatsanwälte zu weit gegangen seien, sei nichts gelernt worden. „Wo steht die Wahrheit im Mittelpunkt einer Untersuchung und wo beginnt Erniedrigung?“, sagte Werner. Henrik Mortsiefer

Henrik Mortsiefer

Zur Startseite