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Ein Flugzeug vom Typ Boeing 737 Max 8 in den USA
© AFP/Getty Images/Joe Raedle
Update

Nach Flugzeugabsturz in Äthiopien: Auch Großbritannien schließt Luftraum für Boeing 737 Max

Binnen weniger Monate stürzen zwei Boeing 737 Max 8 ab. Als erstes EU-Land hat nun Großbritannien den Luftraum für das Unglücksmodell geschlossen.

Wegen Sicherheitsbedenken nach zwei Abstürzen halten immer mehr Länder Boeing-Flugzeuge vom Typ 737 Max 8 am Boden.

Auch Großbritannien hat seinen Luftraum für Maschinen dieses Typs geschlossen. Die britische Luftfahrtbehörde teilte am Dienstag mit, sie habe vorsorglich verfügt, alle kommerziellen Flüge von allen Airlines zu untersagen, die im Vereinigten Königreich landen, starten oder das Land überfliegen. Die Anordnung werde bis auf Weiteres in Kraft sein, hieß es. Die Behörde betonte, sie stehe in engem Kontakt mit der europäischen Luftaufsicht EASA. Derzeit nutzen fünf Maschinen des Typs 737 Max Flugbasen in Großbritannien.

Der weltgrößte Reisekonzern Tui stoppt nach dem Flugverbot für die Boeing 737 Max 8 in Großbritannien alle Flüge mit dem umstrittenen Flugzeugtyp. Der Schritt umfasse alle Fluggesellschaften des Konzerns, teilte ein Unternehmenssprecher am Dienstag in Hannover mit.

Am Dienstag erteilten auch Singapur, Australien und Malaysia diesen neuesten Modellen des US-Flugzeugbauers ein Start- und Landeverbot. Zuvor hatten bereits China, Indonesien sowie mehrere Airlines angekündigt, 737 Max-Maschinen vorübergehend nicht mehr abheben zu lassen.

Als erstes großes Aufsichtsamt ordnete Singapurs Zivilluftfahrtbehörde CAAS an, während des vorübergehenden Flugverbots das Sicherheitsrisiko des Flugzeugtyps zu prüfen, der erst seit 2017 ausgeliefert wird. US-Flugaufsichtsbehörde FAA erklärte die Maschinen für flugtauglich. Unterdessen versuchten Flugreisende scharenweise in sozialen Medien herauszufinden, ob sie auf eine 737 Max-Maschine gebucht sind.

US-Behörde hält Maschine weiter für flugtauglich

Die US-Flugaufsichtsbehörde forderte von Boeing, angekündigte konzeptionelle Änderungen bis April umzusetzen, erklärte den Flugzeugtyp aber für flugtauglich. Die Ermittlungen hätten erst begonnen und bislang lägen keine Informationen vor, die Schritte erforderlich machen würden, hieß es in einer Mitteilung der Behörde.

„Diese Untersuchung hat gerade erst begonnen und uns liegen bislang keine Daten vor, um Schlussfolgerungen zu ziehen oder Maßnahmen zu ergreifen“, teilte die FAA am Montag (Ortszeit) mit.

Der Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, Thomas Jarzombek (CDU), warnte vor übereiltem Handeln. "Man muss jetzt keine Schnellschüsse machen, wenn man noch gar nicht weiß, was die Ursachen für den Absturz gewesen sind", sagte Jarzombek am Dienstag im RBB-Inforadio. Die Gründe seien nicht immer ganz so einfach, wie sie vielleicht zunächst auf der Hand lägen.

"Da kann man nicht direkt hingehen und Verbote erteilen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete. "Am Ende braucht man doch ein Stück Beleg." Flugschreiber und Flugrekorder seien gefunden worden. "Ich denke, es wird jetzt eine relativ kurze Zeitdauer sein, um herauszufinden, was da wirklich passiert ist."

Tui lässt Boeing-Max-8 in der Luft

Gestützt auf Empfehlungen der US-Luftfahrtbehörde FAA lässt der Tui-Konzern aus Hannover seine 15 Flugzeuge vom Typ Boeing 373 Max 8 weiter fliegen. „Das Flugzeug ist ja von den amerikanischen Behörden als vollkommen sicher und zuverlässig eingestuft worden - das ist wie der Stempel vom Tüv“, sagte Tuifly-Sprecher Aage Dünhaupt am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe aber bereits Anfragen besorgter Passagiere, die Flüge mit diesem Flugzeugtyp vermeiden wollten.

Am Sonntag war eine Boeing 737 Max 8 von Ethiopian Airlines in Äthiopien abgestürzt, 157 Menschen kamen ums Leben. Im Oktober waren beim Absturz einer baugleichen Maschine der Fluglinie Lion Air in Indonesien 189 Menschen gestorben.

Startverbote in mehreren Ländern

Der zweite Absturz einer Boeing 737 Max 8 binnen Monaten sorgte für wachsende Zweifel an der Sicherheit des Flugzeugtyps und machte Anleger nervös. Die Aktien des US-Luft- und Raumfahrtriesen schlossen am Montag mit einem Minus von 5,4 Prozent. Zum Auftakt des US-Handels war der Kurs zunächst um über 13 Prozent gesunken, so dass zeitweise mehr als 30 Milliarden Dollar an Börsenwert eingebüßt wurden.

Die Boeing 737 Max 8 von Ethiopian Airlines war am Sonntag auf dem Weg nach Nairobi kurz nach dem Start in Addis Abeba abgestürzt. Am Absturzort in Ostafrika wurden die Flugschreiber gefunden, die Hinweise zur Unglücksursache liefern könnten. Unter den Opfern waren dem Auswärtigen Amt zufolge fünf Deutsche.

Ethiopian Airlines erklärte zum Startverbot, man habe sich dazu entschlossen, die übrigen vier Boeing 737 Max 8 als „zusätzliche Sicherheitsmaßnahme“ am Boden zu lassen. In China wies die Luftfahrtbehörde CAAC Fluggesellschaften an, Flüge mit der Boeing 737 Max 8 vorübergehend einzustellen, bis Sicherheitsrisiken ausgeschlossen werden können. Betroffen sind dort demnach 96 Flugzeuge. Auch Indonesien verhängte ein Startverbot für die elf in dem Land registrierten Boeings des gleichen Typs.

Die größte mexikanische Fluggesellschaft Aeroméxico kündigte an, ihre sechs Maschinen des Typs so lange am Boden zu lassen, bis nähere Informationen zur Absturzursache vorliegen. Ähnliches gilt in Argentinien für fünf Maschinen der Gesellschaft Aerolíneas Argentinas und in Brasilien für sieben Maschinen der Gesellschaft Gol.

Experten der FAA und der US-Transportsicherheitsbehörde NTSB unterstützen die äthiopischen Behörden bei der Suche nach der Unglücksursache. Die FAA teilte mit, man werde „geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn die Daten darauf hindeuten, dass dies erforderlich ist“. Die Behörde verwies auf zahlreiche technische Prüfungen nach dem Absturz der Lion-Air-Maschine am 29. Oktober vergangenen Jahres und auf Maßnahmen, die in Folge dieses Crashs ergriffen worden seien.

Auch die karibische Fluggesellschaft Cayman Airways teilte mit, die beiden Boeing 737 Max 8 der Airline blieben vorerst am Boden. Indiens Jet Airways hat fünf baugleiche Maschinen. Dort hieß es, die Flugzeuge seien derzeit nicht in Betrieb. In Südafrika erklärte Comair, die vor Ort British-Airways-Flüge betreibt, eine Ende Februar erhaltene Boeing 737 Max 8 werde zunächst nicht eingesetzt.

Andere Airlines wie Norwegian und die US-Fluggesellschaft United erklärten hingegen, die Maschinen seien sicher und blieben weiter in Betrieb. Deutsche Fluggesellschaften nutzen derzeit keine Boeing 737 Max 8, wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Berlin mitteilte.

Chinas CAAC verwies in der Begründung des nun verhängten Startverbots darauf, dass es bei beiden Unglücken „gewisse Ähnlichkeiten“ gegeben habe. Beide Flüge waren bei guten Wetterverhältnissen kurz nach dem Start in Schwierigkeiten gekommen. Ein möglicherweise ähnlicher Fehler in der Elektronik konnte zunächst nicht ausgeschlossen werden.

Flugzeuge des Typs Boeing 737 Max fliegen einem Bericht zufolge auch mindestens einen Flughafen in Deutschland an: In Düsseldorf nutzten die Airlines Lot (Polen), Smart Wings (Tschechien), Turkish Airlines und Corendon (beide Türkei) Maschinen dieser Reihe, berichtete die „Rheinische Post“ mit Verweis auf den Flughafen.

Boeing sagt Update der Software zu

Die Boeing 737 ist das meistverkaufte Verkehrsflugzeug der Welt. Die 737-Max-Reihe ist die neueste Variante des Verkaufsschlagers.

Boeing versprach derweil eine rasche Erweiterung der umstrittenen Steuerungssoftware. In den vergangenen Monaten habe Boeing ein verbessertes Kontrollprogramm entwickelt, um „ein bereits sicheres Flugzeug noch sicherer zu machen“, teilte das Unternehmen im späten Montagabend (Ortszeit) mit. Einen direkten Bezug zu dem in Äthiopien abgestürzten 737-Max-Flieger stellte Boeing nicht her, sprach den Angehörigen der 157 Todesopfer jedoch ganz am Ende des Statements Anteilnahme aus.

Die Überarbeitung der Software erfolgte Boeings Mitteilung zufolge im Zuge des im Oktober in Indonesien abgestürzten Lion-Air-Flugs 610 und werde in den kommenden Wochen bei sämtlichen 737-Max-Maschinen installiert. Das sogenannte Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) war nach dem Absturz, bei dem 189 Menschen ums Leben kamen, schwer in die Kritik geraten. Laut Unfallermittlern drückte der Bordcomputer die Nase des Flugzeugs automatisch immer wieder nach unten, während die Crew versucht habe, sie nach oben zu steuern. (dpa,Reuters)

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