Berliner Start-up kooperiert mit Arbeitsagentur: Arbeitslosengeld gibt es künftig im Supermarkt
In Einzelfällen bekommen Arbeitslose ihre Stütze künftig an der Supermarktkasse ausgezahlt. Möglich macht das das Berliner Start-up Barzahlen.de.
In den Supermarkt geht man, um einzukaufen – oder um sein Arbeitslosengeld abzuholen. Wer staatliche Unterstützung bekommt und kein Konto hat oder dringend einen Vorschuss braucht, kann sich die „Stütze“ künftig an der Supermarktkasse auszahlen lassen. Bislang gibt es für diesen Zweck spezielle Automaten, die in Jobcentern und Arbeitsagenturen aufgestellt sind. Diese Automaten zu unterhalten, sei jedoch teuer, sagt ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit. Über drei Millionen Euro hätten die bundesweit 309 Geräte allein im letzten Jahr gekostet. Einfach abschaffen kann man die Automaten aber nicht, viele Leistungsbezieher sind darauf angewiesen: 120 Millionen Euro werden jährlich an den Geräten bar ausgezahlt. Deshalb hat die Bundesagentur für Arbeit nach einer Alternative zum Automaten gesucht – und die Supermarktkasse gefunden.
Arbeitslose, die dringend Geld brauchen, bekommen künftig vom Amt einen Auszahlschein mit einem Barcode. Der Kassierer im Supermarkt scannt diesen ein und zahlt den Betrag aus. Diese Lösung sei viel günstiger als die Nutzung der Automaten, sagt der Behördensprecher. Außerdem entfalle so das Problem, dass Arbeitslose weite Wege auf sich nehmen müssten, wenn ein Automat ausfalle.
Hinter dem neuen Dienst steht ein Berliner Start-up
Möglich macht den neuen Service ein Start-up aus Berlin. Gegen mehrere Wettbewerber hat sich Barzahlen.de in der Ausschreibung durchgesetzt – ein großer Erfolg für die Firma mit gerade einmal 35 Mitarbeitern. Die Gründer von Barzahlen.de haben früh darauf gesetzt, dass die Deutschen trotz zunehmender Digitalisierung weiterhin am liebsten mit Scheinen und Münzen zahlen.
Ihre Ursprungsidee: Die Deutschen kaufen gerne im Internet ein, geben dabei aber ungern ihre Konto- oder Kreditkartendaten ein. Die Alternative ist der Kauf auf Rechnung – doch das bieten Onlinehändler oft nicht an, weil sie Gefahr laufen, dass die Kunden nicht zahlen. Die Gründer überlegten sich deshalb, wie die Deutschen ihre Onlineeinkäufe bar bezahlen könnten. Die Lösung ist der Strichcode. Den kann sich der Kunde beim Einkauf im Netz ausdrucken oder aufs Smartphone schicken lassen. Damit geht er dann in den Supermarkt und bezahlt seine Rechnung an der Kasse. Sobald der Händler die Bestätigung erhalten hat, dass die Rechnung beglichen ist, schickt er die Waren los.
Selbst die Stromrechnung lässt sich bar bezahlen
Vor vier Jahren sind die Gründer mit ihrem Dienst gestartet, inzwischen bieten 8000 Onlineshops diese Zahlart an. Bar bezahlen können Kunden ihre Rechnung auf diese Weise bundesweit in 8500 Supermärkten und Drogerien, zum Beispiel bei Rossmann und dm, bei Rewe, Penny und Real. Weil das gut angenommen wurde, haben die Gründer ihren Service schnell ausgeweitet. So können Kunden von Energiekonzernen auch ihre Stromrechnung bezahlen. Eine Wohnungsbaugenossenschaft bietet das Zahlen der Miete an der Supermarktkasse an. Auch Versicherungen, Reiseportale und Telekommunikationsanbieter lassen ihre Kunden so Rechnungen bar begleichen. Mit der Bundesagentur für Arbeit hat Barzahlen.de nun ein weiteres Geschäftsfeld für sich entdeckt: den öffentlichen Sektor. Das Auszahlen des Arbeitslosengelds an der Supermarktkasse ist dabei erst der Anfang. „Wir sind bereits in Gesprächen mit weiteren großen öffentlichen Institutionen und können in 2018 weitere Kooperationen verkünden“, sagt ein Sprecher von Barzahlen.de.
Auch bei kleinen Händlern kann man bald Geld abheben
Rechnungen bezahlen, Geldabheben, Arbeitslosengeld abholen: So wird die Supermarktkasse zum Servicepunkt. Ein Trend, der sich in den nächsten Jahren noch weiter fortsetzen dürfte. Denn bislang brauchten Händler eine Erlaubnis der Finanzaufsicht Bafin, um ihren Kunden etwa das Geldabheben an der Kasse anbieten zu können – weshalb das derzeit nur bei den großen Supermarktketten geht. Die Bankenverbände haben zuletzt bei der Aufsicht aber durchgesetzt, dass es reicht, wenn der Netzbetreiber und nicht der Händler diese Zulassung hat. Demnach könnte also selbst der Späti um die Ecke bald das Geldabheben anbieten.
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