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Urlauber in Griechenland
© LOUISA GOULIAMAKI/AFP

Griechenland-Krise: Anleger haben Angst, Urlauber brauchen Bargeld

Die Europäische Zentralbank kürzt ihre Nothilfe für Griechenland nicht. Dennoch spitzt sich die Lage zu. Welche Folgen hat das für das Land?

Keine zwei Stunden dauerte die Telefonkonferenz am Sonntag. Dann verkündete Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB): Die Notenbank hält an den Notkrediten für die griechischen Banken vorerst weiter fest. Man sei aber jederzeit bereit, den Schritt zu überdenken, hieß es nach der Sitzung, an der auch Yannis Stournaras, der Präsident der griechischen Notenbank, teilnahm. Ob die Entscheidung vorerst nur bis zum geplanten Referendum in Griechenland am 5. Juli gilt, ließ Draghi am Sonntag offen. „Wir werden weiter eng mit der Bank von Griechenland zusammenarbeiten, um die Finanzstabilität zu gewährleisten.“ Damit bleibt die Nothilfe für die griechischen Geldhäuser vorerst bei 89 Milliarden Euro. Ob es trotzdem Einschränkungen im Kapitalverkehr geben und etwa Abhebungen an Geldautomaten begrenzt werden, blieb am Sonntag zunächst offen. Finanzminister Yanis Varoufakis hatte sie zunächst angekündigt, dann aber wieder dementiert.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer begrüßte die Entscheidung der EZB. „Sie ist absolut richtig. Eine weitere Erhöhung der Notkredite wäre nicht zu verantworten gewesen, weil sie Druck von der Regierung in Athen genommen hätte. Die Notkredite ganz zu stoppen, wird sich die EZB nicht getraut haben, weil sie damit dem Referendum und einer demokratischen Entscheidung vorgegriffen hätte", sagte Krämer dem Tagesspiegel.
Mit der Notkreditlinie ELA (Emergency Liquidity Assistance) hatte die EZB der Regierung in Athen immer wieder Luft zum Atmen gegeben. In den letzten Wochen und Monaten hatte die Notenbank, zum Unmut von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, die ELA-Linie immer wieder aufgestockt, am Freitag dem Vernehmen nach auf 89 Milliarden Euro. Zahlen nennt die EZB selbst nicht. Zwar zahlt die Notenbank in Athen die ELA-Kredite aus. Genehmigt aber werden sie in Frankfurt.

Banken unter Druck

Faktisch ersetzt die EZB damit die Geldabflüsse durch die Abhebungen von griechischen Bürgern bei den Banken: Zuletzt hatten diese innerhalb von wenigen Tagen Milliarden abgehoben und die Euros aus Furcht vor einer neuen Währung, die gegenüber dem Euro dramatisch abwerten dürfte, lieber zu Hause unters Kopfkissen gelegt. Seit Beginn der Krise sind die Einlagen bei griechischen Banken um mehr als 40 Prozent geschrumpft, die von Griechen bei deutschen Banken seien um 20 gestiegen, heißt es in Bankenkreisen. Ohne ELA wäre den Banken schon in den letzten Wochen vermutlich das Geld ausgegangen. Weidmann vermutet aber, dass die Banken mit dem ELA-Geld kurz laufende griechische Staatsanleihen kaufen und damit die Regierung in Athen finanzieren. Die EZB darf Staaten aber kein Geld geben.

Möglicherweise sieht die EZB trotz allem aber noch eine Chance auf eine politische Einigung. Draghi äußerte sich dazu am Sonntag nicht. Die Notenbank nennt auch keine Frist für die Verlängerung der ELA-Hilfen, etwa bis zum Referendum in Griechenland am nächsten Sonntag. Und sie stellt auch keine Bedingungen, etwa die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen. Diese hatte es schon einmal vor gut zwei Jahren gegeben, als Zypern die Pleite drohte. Kapitalverkehrskontrollen bedeuten, dass pro Tag nur noch eine begrenzte Summe am Geldautomaten oder am Bankschalter abgehoben werden kann, etwa maximal 300 Euro. Zudem würden Überweisungen ins Ausland kontrolliert.

Urlauber sollten Karten mitnehmen

Für Reisende kann es eng werden. Die Bundesregierung rät daher allen Griechenland-Touristen, sich vorab mit ausreichend Bargeld zu versorgen. Deutschlands größter Reiseveranstalter, die Tui, empfiehlt, Kredit- und EC-Karten mit auf die Reise zu nehmen. Ansonsten gebe es aber keine Auswirkungen auf die Reisenden, sagte Tui-Sprecherin Anja Braun dem Tagesspiegel. Flüge, Hotels und Transfers seien bezahlt, „die Preise gelten weiter – auch bei einem Grexit“. Eine kostenlose Stornierung oder Umbuchung sei daher nicht möglich. Griechenland ist nach Spanien und der Türkei das beliebteste Flugreiseziel. Die Buchungszahlen hätten 2015 gegenüber dem Vorjahr sogar noch zugelegt, sagte die Sprecherin.

Angst vor dem Börsenabsturz

Die Anleger sind nervös. Das haben bereits die Kursausschläge der vergangenen Woche gezeigt. Auch am Montag müssen Aktienbesitzer starke Nerven haben. Anlegerschützer rechnen als Folge der Griechenland-Krise mit Kursverlusten und einem Einbruch bei den Dax-Werten, allerdings nicht mit einer neuen Finanzkrise. „Da das Thema Grexit auf der politischen Ebene zumindest teilweise seinen Schrecken verloren hat, halten wir es für wahrscheinlich, dass die Folgen eingegrenzt werden können“, sagte Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), dem Tagesspiegel. Hechtfischer warnt jedoch vor weiteren Schuldenschnitten. „Wir sind immer noch dabei, die Folgen des ersten Schuldenschnitts aus dem Jahr 2012 juristisch aufzuarbeiten“, sagte der Anlegerschützer. „Es ist fast schon in Vergessenheit geraten, dass die Anleiheninhaber schon damals deutliche Verluste verbuchen mussten.“

Keine Angst um die Altersvorsorge

Unmittelbare Auswirkungen auf die Altersvorsorge dürfte die Zuspitzung der Krise dagegen nicht haben. Die deutschen Lebensversicherer sind seit dem Schuldenschnitt kaum noch in Griechenland investiert. „Heute ist das Engagement kaum noch messbar – bei Kapitalanlagen von insgesamt 1,4 Billionen Euro“, betont der Präsident des Versicherungsverbands GDV, Alexander Erdland. Auch für die deutsche Wirtschaft wäre ein Grexit verkraftbar. „Das wäre sicherlich eine Belastung für die deutsche Wirtschaft“, hatte der Präsident des Industrieverbands BDI, Ulrich Grillo, vor wenigen Tagen eingeräumt, „aber ich glaube, das würden wir hinkriegen“. Schwieriger wäre es für die griechische Wirtschaft. Die Warenproduktion in Griechenland ist stark abhängig von Importen – und die würden bei einem Abschied vom Euro deutlich teurer.

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