Code-Share-Flüge: Air Berlin kämpft um seinen Partner Etihad
Das Bundesverkehrsministerium will viele der Gemeinschaftsflüge streichen. Das träfe Air Berlin, die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft hart.
Es ist ein Schreiben, das alte Ängste weckt. Bereits im vergangenen Spätsommer hatten das Luftfahrtbundesamt und das Bundesverkehrsministerium 34 der insgesamt 68 Flugverbindungen bemängelt, die Air Berlin auch unter Flugnummern ihres größten Einzelaktionärs Etihad Airways anbietet. Dann schien das Problem aber erst einmal vom Tisch zu sein. Im Winterflugplan 2014/2015 und im Sommerplan 2015 darf die zweitgrößte deutsche Airline ihre Code-Share-Verbindungen mit dem arabischen Partner, der 29 Prozent der Anteile an Air Berlin hält, weiter ohne Einschränkungen offerieren. Doch möglicherweise nicht mehr lange. In einem neuen Brief an das Wirtschaftsministerium in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in denen Etihad seinen Sitz hat, droht das Bundesverkehrsministerium nun wieder mit der Streichung der 34 Code-Share-Verbindungen.
Die sogenannten Codeshares sind vor allen Dingen ein Marketinginstrument. Wenn ein Passagier mit Air Berlin nach Abu Dhabi in die Vereinigten Arabischen Emirate und von dort mit Etihad weiter nach Sydney fliegt, können beide Airlines die komplette Verbindung als eigenen Flug zum Durchgangstarif verkaufen. Betroffen von der erneuten Androhung des Verkehrsministeriums, Air Berlin die Hälfte der Codeshare-Flüge mit Etihad Airways zu entziehen, wären insbesondere die Flüge von Berlin und Stuttgart nach Abu Dhabi sowie entsprechende europäische Anschlussverbindungen. Ob das Verbot wirklich durchgesetzt wird, ist noch offen. Das wird von weiteren Konsultationen zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf Regierungsebene abhängen.
Für Air Berlin hat der Ausgang des Streits enorme Bedeutung. Für die deutsche Fluggesellschaft bringt die Kooperation jährliche Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe, sagte Firmensprecher Aage Dünhaupt am Sonntag dem Tagesspiegel. In der Vergangenheit war von zehn Prozent des Umsatzes die Rede gewesen, der im vergangenen Jahr bei gut vier Milliarden Euro lag. Für die angeschlagene Fluggesellschaft, die ihr neuer Chef Stefan Pichler nach einem Rekordnettoverlust von mindestens 361 Millionen Euro im vergangenen Jahr zurück in die Gewinnzone führen will, ist das ein bedeutender Faktor.
Die Lufthansa macht Front
Insbesondere die Lufthansa setzt sich vehement gegen eine Ausweitung der Verkehrsrechte arabischer Airlines ein. Sie bietet aber gar keine Langstreckenflüge ab Berlin, sondern erwartet, dass alle Hauptstadtpassagiere an ihren Drehkreuzen in Frankfurt, München, Zürich oder Wien umsteigen. „Kein Wettbewerber wird aus seinem Marktsegment gedrängt“, betont dagegen Air-Berlin-Sprecher Dünhaupt. Der gemeinsame Marktanteil mit Etihad bei Flügen von Deutschland nach Asien betrage gerade einmal sechs Prozent, während die Lufthansa auf über 50 Prozent komme.
„Wir glauben, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Christian Wiesenhütter. Er erwartet zumindest eine Kompromisslösung. Ebenso wie andere Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und der Berliner Senat hatte die IHK bereits im vergangenen Spätsommer vor negativen Auswirkungen nicht nur auf die Fluggesellschaft, sondern auch auf die Wirtschaft der Hauptstadtregion gewarnt.
Die Code-Share-Verbindungen waren bis zum Streit im vergangenen Sommer drei Jahre lang problemlos genehmigt worden. Jetzt pocht man auf das Luftverkehrsabkommen zwischen beiden Staaten, nach dem Luftverkehrsgesellschaften aus den Emiraten nur vier Flughäfen in Deutschland ansteuern dürfen. Die wurden von Emirates aus Dubai, die als Erste den Verkehr mit der Bundesrepublik aufnahmen, bereits mit Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München belegt. Strittig ist allerdings, ob diese Einschränkung auch für Flüge deutscher Airlines gilt, wenn diese zusätzlich eine Flugnummer des arabischen Partners tragen.
Jetzt schreibt das Verkehrsministerium erneut, dass man die 34 Flüge unter den bestehenden Vereinbarungen ab dem kommenden Herbst nicht mehr für erlaubnisfähig hält. Eigentlicher Anlass des Briefes ist aber die Einladung zu weiteren Konsultationen auf Regierungsebene. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Flüge waren bei den bisherigen Gesprächen bereits das Außen- und das Wirtschaftsministerium einbezogen worden. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller forderte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf, die strittigen Code-Shares weiter zu gestatten. Sie „erst zu genehmigen und sich dann nach mehreren Jahren auf bestehende Richtlinien neu zu berufen, ist ein Vorgang, mit dem kein Unternehmen seriös planen und wirtschaftlich arbeiten kann“, sagte Müller. „Diese Kehrtwende ist nicht nachzuvollziehen und muss zwingend überdacht werden.“