Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff: Ahoi!
Die Kreuzfahrtbranche wächst rasant. Nicht nur wer Berufserfahrungen aus der Gastronomie mitbringt, kann auf einem Schiff anheuern. Auch Techniker, Animateure und IT-Experten werden gebraucht.
Auf einem Schiff über die Weltmeere schippern, ferne Länder kennen lernen und dabei auch noch Geld verdienen. Das klingt verlockend und immer ein bisschen nach Abenteuer. Cetin Isik weiß heute, was davon Traum und was Wirklichkeit ist, wenn man als Mitarbeiter auf einem Schiff anheuert.
Der 45-Jährige, der in Istanbul geboren wurde und in Heidelberg aufwuchs, hat in verschiedenen Berufen gearbeitet. Er ist gelernter Kfz-Mechaniker, war in der Gastronomie tätig und als Animateur in Clubhotels auf Sardinien, Sizilien und in Griechenland. Es war ein Kollege, der ihn darauf aufmerksam machte, dass Kreuzfahrtschiffe Leute wie ihn suchen.
Isik kontaktierte eine Agentur, die Stellen auf Schiffen vermittelt. Ein paar Tage später bekam er ein Angebot von der italienischen Kreuzfahrtreederei Costa Cruises. Nach einer dreiwöchigen Einarbeitung ging er als einer von sieben „International Hosts“ an Bord, die verantwortlich sind für die fast 4000 Gäste aus verschiedenen Nationen, vom Einschiffen bis zum Verlassen des Schiffes.
Die Chancen auf einen Job auf einem Kreuzfahrtschiff sind gut. Die Branche ist längst nicht mehr nur auf reisende Rentner ausgerichtet. Und sie wächst rasant. „Weil viele Reedereien ihre Flotte ausbauen, steigt der Personalbedarf an“, sagt der Sprecher der Arbeitsagentur Hamburg, Knut Böhrnsen.
Diesen Trend bestätigt auch Daniela Fahr, die Leiterin der Agentur Connect in Bremerhaven. Vor 14 Jahren hat sie die internationale Personalvermittlung in der Kreuzfahrtbranche gegründet. Nach ihren Angaben stechen 2016 weltweit 26 neue Kreuzfahrtschiffe in See. Alleine für diese Schiffsneubauten benötigten die Reedereien mehr als 25 000 neue Crew-Mitglieder, sagt sie. Hinzu käme die laufende Suche nach Mitarbeitern für die etwa 400 Hochsee-Kreuzfahrtschiffe weltweit, die bereits im Einsatz sind. Zudem wächst die Zahl der Passagierschiffe auf Flüssen an.
Wer einen Job in der Branche sucht, kann sich direkt an die Reedereien wenden – oder wie Isik eine Agentur wie Connect kontaktieren.
Die schwimmenden Hotels brauchen Fachkräfte
Laut Personalvermittlerin Fahr sind vor allem Mitarbeiter aus der Gastronomie gesucht aber auch aus dem IT-Bereich, dem Facility-Management und der Wellness-Branche. Die schwimmenden Hotels brauchen Küchenchefs, Köche, Servicemitarbeiter und Sportanimateure, Verkäufer, Hotelmanager und Reiseführer.
Cetin Isik gefällt das Arbeiten auf See, weil er die internationale Atmosphäre, die Zusammenarbeit mit Kollegen aus vielen verschiedenen Ländern schätzt, sagt er. Manchmal falle es ihm aber auch schwer, immer an das Schiff gebunden zu sein. Er steht jeden Tag um fünf Uhr morgens auf, erstellt nach dem Frühstück für die Gäste einen Tagesplan, der bis um 10 Uhr gedruckt in jeder Kabine liegen muss, und koordiniert die täglichen Landausflüge für etwa 3000 Gäste. Auch an Land ist er für sie da, übersetzt die Informationen des Tourguides auf Türkisch, Arabisch, Italienisch, Englisch oder Deutsch. Kann ein Hafen aufgrund der Witterung nicht angesteuert werden, ist er es, der sich bei den Gästen entschuldigt, die Gründe erklärt und für gute Laune sorgt.
Auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet zu haben, fördere entscheidend die Karriere, ist sich Fahr sicher. Denn auf See sammle man viele internationale Erfahrungen, verbessere seine Fremdsprachenkenntnisse, arbeite in einem vier bis fünf Sternebereich und zeige, wie motiviert man ist. Wer auf einem Schiff tätig war, werde auch keine Probleme haben, an Land eine Stelle zu finden.
Bewerber brauchen Fach- und Fremdsprachenkenntnisse
„Zu den Voraussetzungen für einen Job auf See gehören eine Berufsausbildung oder vergleichbare praktische Berufserfahrungen, Fremdsprachenkenntnisse sowie Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen“, sagt Fahr. Der Bedarf sei inzwischen aber so groß, dass auch Quereinsteiger eine Chance hätten. Fahrs Agentur vermittelt jährlich etwa 600 Fachkräfte an Reedereien – und könnte rund 2000 unterbringen, sagt sie. Die Vermittlungsdauer liegt zwischen einer Woche und einem halben Jahr.
Beschäftigte, die langfristige Arbeitsverträge gewohnt sind, müssen sich allerdings umstellen. „Die Mitarbeiter auf See erhalten in der Regel Verträge für vier bis sechs Monate“, berichtet Fahr. Die verbringen sie dann an einem Stück an Bord. Viele würden aber Gefallen an dem Job finden – und nach den angesammelten Wochen Urlaub an Land wieder anheuern.
Auch der Verdienst ist ein Argument für die See. Die Arbeitnehmer seien zwar nur sozial- nicht aber renten- oder arbeitslosenversichert. Die „Offshore-Verträge“ versprächen in der Regel aber ein relativ hohes Gehalt, sagt Fahr. Sie berichtet vom Fall eines Kellners, der an Land zwei Kantinen leitete und 1200 Euro netto im Monat nach Hause brachte. Sie hat ihm eine Stelle in einer niedrigeren Position auf einem Schiff vermittelt, in der er nun 2800 Euro netto verdient. Mitarbeiter auf Schiffen haben außerdem Kost und Logis frei, berichtet die Personalvermittlerin. „Es fallen an Bord also keine Kosten an.“
Cetin Isik verdient als Host monatlich 2200 Euro brutto, zuzüglich der Boni für verkaufte Touren.
Auch beim Reiseveranstalter Tui Cruise sind Kost und Logis frei, berichtet Sprecherin Christine Schmidt. Gearbeitet wird sieben Tage die Woche, bis zu zehn Stunden am Tag mit einer Stunde Pause. Tui-Mitarbeiter haben je nach Tätigkeit die Möglichkeit, ihre Freizeit mit Landgängen zu verbringen oder die Crew-Bar, DVD- und Bücherverleih, Sonnendeck und Fitnessraum zu nutzen.
Gut qualifizierten und motivierten Mitarbeitern stehen an Bord viele Karrieremöglichkeiten offen. So könne ein Stuart zügig zum Stationschef und anschließend zum Restaurantchef aufsteigen. Neben Schulungen und Förderprogrammen bietet Tui die Ausbildung zur Führungskraft „Junior Management Trainee“ an.
Nach sieben Monaten auf See und einigen Wochen Urlaub in Heidelberg zieht es Cetin Isik wieder in die weite Welt. Mit etwas Glück hat er Aussicht auf einen Karrieresprung zum Cruisedirektor an Bord eines Schiffes der MSC Kreuzfahrtflotte. In dem Job wären ihm alle Hosts des Schiffes unterstellt.
Katja Gartz
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