Umweltschutz: Agraratlas nennt Versäumnisse der EU-Politik
Subventionen der EU müssen an Leistungen für die Natur geknüpft sein, fordern der BUND und die Heinrich-Böll-Stiftung. Bisher wird vor allem nach Fläche bezahlt.
Die EU verteilt ihre Gelder für die Agrarwirtschaft falsch, kritisieren der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Heinrich-Böll-Stiftung. Schlimmer noch: Das „ungerechte, unökologische und ineffektive“ System soll auch in der nächsten Haushaltsperiode von 2021 bis 2027 fortgesetzt werden. Wo die Probleme liegen und was man besser machen könnte, haben Böll-Stiftung und BUND in einem Agraratlas aufgeschrieben, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.
Der Agrarhaushalt macht rund ein Drittel aller Ausgaben der EU aus und umfasst zurzeit etwas mehr als 60 Milliarden Euro im Jahr. Davon erhält Deutschland 4,8 Milliarden Euro jährlich, hieß es bei der Vorstellung des Berichts.
Hauptkritikpunkt von BUND-Chef Hubert Weiger und Christine Chemnitz, Agrarreferentin bei der Böll-Stiftung: Zwei Drittel aller Fördermittel werden ohne nennenswerte Auflagen pro Hektar Hoffläche vergeben. Große Betriebe sahnen also ab: „20 Prozent aller Betriebe bekommen 80 Prozent der Mittel“, kritisierte Chemnitz.
Zwar bekommen kleinere Betriebe seit einer Reform 2013 anteilig etwas mehr Geld. Die Flächenprämien aber „schaffen einen Anreiz, mehr Land zu erwerben“, heißt es im Agraratlas. Das Problem: „Wo sich Großbetriebe ausbreiten, geht dies Hand in Hand mit dem Verlust von Arbeitsplätzen, mit weniger vielfältigen Anbausystemen und -produkten, mit intensiverer Landwirtschaft und entsprechender Belastung der Umwelt“, schreiben die Autoren. Der Trend zum Großbetrieb ist stark: Nach jüngsten Zahlen gab von 2003 bis 2013 ein Viertel aller Bauern den Betrieb auf. 96 Prozent davon bewirtschafteten weniger als zehn Hektar.
Böll-Stiftung und BUND fordern, dass die Gelder weg von den Flächenprämien hin zu einem Umbau der Landwirtschaft mit einer artgerechten Tierhaltung und besserem Klimaschutz umgeschichtet werden. In Deutschland machen die Emissionen der Landwirtschaft immerhin sieben Prozent aller Klimagase aus.
„Ohne Änderung der europäischen Agrarpolitik kann die Regierung Merkel ihre eigenen Ziele im Bereich des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes vergessen“, sagte Weiger. Bisher enthält der Entwurf der Verordnung für die Gemeinsame Agrapolitik im relevanten Artikel 28 keine konkreten Vorgaben, in welcher Höhe solche klimarelevanten Leistungen der Bauern gefördert werden müssen, kritisiert BUND-Agrarexperte Christian Rehmer.
Christine Chemnitz ist „skeptisch“, ob es noch gelingt, die laufenden Beratungen zum Agrarhaushalt zu beeinflussen, setzt aber auf den Druck der Zivilgesellschaft. Mit dieser weiß sie sich einig: Eine für den Agraratlas in Auftrag gegebene Umfrage zeigt, dass die Deutschen kleine Betriebe geschützt sehen wollen und die Förderung an besondere Leistungen knüpfen möchten.