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Marke Madonna. Die Sängerin gibt sich selbstbewusst, sexy, verwegen. Hier wird sie für den Bond-Titelsong „Die Another Day“ (Stirb an einem anderen Tag) zur Kämpferin.
© picture-alliance /dpa

Kommunikation in der Arbeitswelt: Achtung, jetzt komm ich!

Nicht nur im Show-Business muss man sich gut darstellen können. Auch beruflich geht es nur voran, wenn man sich bekannt macht – und zeigt, was man drauf hat.

Irgendwann hatte es Sabine Asgodom satt: Als Journalistin arbeitete sie engagiert und zuverlässig, doch befördert wurden immer andere. Meistens Männer. „Das war der Moment, indem ich mich fragte, was sie anders machten, denn an der Leistung lag es nicht“, sagt Sabine Asgodom. Durch genaue Beobachtung und Recherche stellte sie fest: Es kommt nicht etwa weiter, wer überdurchschnittliche Taten abliefert – sondern wer geschickt auf sich aufmerksam macht.

Neben ihrem Redakteursjob beim Magazin „Cosmopolitan“ begann Asgodom Bücher über „Selbst-PR“ zu schreiben, darunter 2003 den Klassiker „Eigenlob stimmt“. Heute hält sie als Coach und Management-Trainerin Vorträge zu dem Thema – vor mehr als tausend Menschen.

Leistung beeinflusst die Karriere nur zu zehn Prozent

Um die Bedeutung der Selbstdarstellung im Job zu belegen, zitiert Asgodom gerne eine Studie von IBM. Das Unternehmen befragte Führungspersönlichkeiten, warum der eine Mitarbeiter Karriere macht, der andere aber nicht. Das Ergebnis: Die Leistung ist zu zehn Prozent verantwortlich dafür, ob man befördert wird. Zu 30 Prozent aber ist es das Image und die Selbstdarstellung, zu 60 Prozent die Bekanntheit, Kontakte und Beziehungen. Doch wie funktioniert erfolgreiches Selbstmarketing, wie gelingt Personal Branding oder Ego-Marketing?

Einer, der sich damit auskennt, ist Dieter Georg Herbst. Er leitet den Studiengang „Leadership in Digitaler Kommunikation“ an der Universität der Künste und hat das Buch „Der Mensch als Marke“ geschrieben. Außerdem ist der Professor Jurymitglied des Best Human Brands Awards, der „Marken-Persönlichkeiten“ würdigt. Seit den 90er-Jahren unterrichtet Herbst angehende Künstler in Selbstmarketing. Mit der Zeit kamen immer mehr andere Berufsgruppen dazu, sagt er. Heute lassen sich etwa auch Politiker im Wahlkampf von ihm beraten. „Das Interesse wächst, weil viele Märkte immer enger und umkämpfter werden“, sagt er. Dennoch kennt er die Vorurteile gegen sein Spezialgebiet: „Einige halten Selbstmarketing für nichts als heiße Luft.“ Dabei hat es für ihn nichts mit plumper Angeberei zu tun, sondern damit, die eigene Person und die eigenen Fähigkeiten angemessen und strategisch zu präsentieren.

Zur Eigen-PR gehört auch die äußere Erscheinung

Zum Selbstmarketing gehören für Herbst alle Faktoren, der äußeren Wahrnehmung: die äußere Erscheinung, die Sprache, das Verhalten, die Leistung. „Am Anfang sollte die Fragen stehen: Was macht mich einzigartig? Was hebt mich von anderen ab“, sagt er. Sie sollten ehrlich beantwortet werden, denn auf Dauer könne niemand eine Rolle spielen.

Eine erfolgreiche menschliche Marke ist für Herbst zum Beispiel die Sängerin Madonna. „In allem, was sie tut, strahlt sie Selbstbewusstsein aus: Sie ist mündig, stark, bewegt sich sicher in Männerdomänen und nimmt sich den Sex, den sie will“, sagt er. „Egal, was sie tut, immer verwirklicht sie dieses Konzept. Dieses klare Bild macht Menschen erfolgreich,

denn es macht es anderen leicht, sie einzuordnen. Und das scheint ein menschliches Urbedürfnis zu sein.“

Das bedeutet nicht, dass ein Mensch keine negativen Seiten haben kann. Im Gegenteil: Ecken und Kanten machen ihn menschlich. „Der Provokateur oder der Angeber dürfen sich auch so zeigen“, meint Herbst. Der Wert eines guten Personal Brandings lässt sich sogar in Geld messen, zum Beispiel bei Hollywood-Blockbustern, die vor allem durch ihre Starbesetzung zu Kassenknüllern werden. Mit unbekannten Schauspielern würden sie höchstens einen Bruchteil der Besucher ins Kino locken.

Wer sich engagiert, wird sichtbar

Doch was können berufstätige Otto-Normal-Verbraucher von diesen menschlichen Marken lernen? Für Sabine Asgodom ist das Wichtigste, sichtbar zu sein. „Sichtbarkeit kann durch jede Art des Engagements zustande kommen, etwa in unternehmensinternen Projektgruppen, bei Vorträgen oder Präsentationen“, sagt sie. „Die Kantine, der Fahrstuhl oder eine Zugfahrt können zur Bühne für PR in eigener Sache werden, einfach indem man mit Menschen darüber spricht, was man macht und was einen bewegt.“

Im Berufsalltag empfiehlt sie, dem Chef oder dem Auftraggeber immer wieder Feedback zu laufenden Projekten zu geben – und zwar nicht nur, wenn etwas schlecht, sondern vor allem wenn etwas gut läuft. Diese Art der Erfolgskommunikation sei das Spezialgebiet von Männern und verschaffe ihnen einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber den Kolleginnen. Denn viele Frauen sprechen zu selten über ihre Erfolge und gehen stattdessen nur zum Chef, wenn etwas nicht gut läuft. Beim Vorgesetzten hinterlässt das den Eindruck: Wenn Frau Müller kommt, gibt es Probleme. Bei der nächsten Beförderung wird sie wahrscheinlich leer ausgehen.

„Deshalb ist es wichtig, selbstbewusst Ambitionen zu signalisieren, und zwar nicht erst im nächsten Mitarbeitergespräch“, sagt Asgodom. Das kann so klingen: „Ich habe Lust auf mehr Verantwortung. Wie können Sie mir dabei helfen?“

„Leistung ist ein ‚Hygiene Faktor'. Wer also keine guten Leistungen bringt, kommt auch nicht weiter“, sagt Julia Carloff-Winkelmann, Leiterin der Personalabteilung des Online-Auktionshauses Ebay. Mit einer Beförderung könne zum Beispiel rechnen, wer sich schnell in neue Themen und Produkte oder in ein neues Umfeld einarbeitet – und dazu Marketing in eigener Sache betreibt.

„Tue Gutes und rede darüber“ – ohne das komme man beruflich nicht voran, sagt auch die Personalerin. „Das kann im eigenen, aber auch in anderen Teams sein, als Präsentation vor dem Management, im internen Newsletter, im Intranet oder über andere Kommunikationswege.“

Doch wie gelingt es, sich erfolgreich zu vermarkten, authentisch dazustehen und nicht als Angeber gesehen zu werden? Basis jedes überzeugenden Auftritts und beruflichen Erfolges ist laut Stanford-Professorin Carol Dweck ein positives Selbstbild. Dafür sollte man sich seiner Stärken bewusst sein, zum Beispiel, indem man eine Liste mit seinen Erfolgen erstellt. Nur wer selbst weiß, was er kann, kann langfristig andere von sich überzeugen.

„Legen Sie eine Mappe mit positiven Feedbacks an, die Sie herausholen, falls doch einmal der Selbstzweifel nagt“, rät Sabine Asgodom. Denn das menschliche Gehirn sei so programmiert, dass es sich eher an Misserfolge erinnere, so dass man ihm ab und zu etwas auf die Sprünge helfen müsse. Viele Menschen sind eben nicht als Werbe-Profis in eigener Sache geboren.

Judith Jenner

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