Wirtschaft: Bitte weitersagen!
Wer den Flurfunk gezielt einsetzt, hilft seiner Karriere. Frei nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber.
Treffen sich zwei Kollegen in der Teeküche. „Schon gehört? Kollegin B. wurde befördert“, sagt der eine und trägt damit die Neuigkeit weiter. Ob in der Kantine, im Fahrstuhl oder auf dem Flur: Ein Büro ohne Klatsch und Tratsch ist schwer vorstellbar. Wissenschaftler sind sich einig, dass Gerüchte-Austausch und auch kleine Lästereien eine wichtige Funktion für den Gruppenzusammenhalt haben. Aber auch, dass unser berufliches Vorankommen durch den Flurfunk beeinflusst wird. „Menschen helfen anderen Menschen, wenn diese selbst hilfsbereit sind und einen guten Ruf haben“, sagt Ralf Sommerfeld.
Der Evolutionsbiologe hat am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in einer Studie gezeigt, dass wir wichtige soziale Informationen aus dem Klatsch aufnehmen und weitergeben. „Unabhängig vom tatsächlichen Verhalten der Teilnehmer, kooperierten zwanzig Prozent mehr, wenn sie zusätzlich positiven Klatsch hörten“, fasst Sommerfeld Erkenntnisse der Studie zusammen.
„Es ist besser, an der positiven Reputation zu arbeiten, einen guten Draht zu Kollegen zu pflegen und Lästern oder Mobbing zu vermeiden“, sagt Michael Böhm. Der Unternehmer und Autor des Ratgebers „Erfolgreiches Selbstmarketing“ rät zu überprüfen, wie andere einen sehen und wie man gesehen werden will. Denn: Positive Erlebnisse im Berufsleben werden bis zu drei Mal weitererzählt, schlechte bis zu 33 Mal.
Der Flurfunk spielt also eine Rolle für den beruflichen Erfolg. Wer erstmal als unzuverlässig, unfreundlich, überheblich oder gar als Problemfall gilt, wird dieses negative Image nur schwer wieder los. Generell gilt: „Wer Karriere machen will, sollte sich möglichst nicht an Tratschrunden beteiligen“, sagt Achim Mollbach, Managementcoach bei Kienbaum.
Der Unternehmensberater weiß, dass Lästereien doch irgendwann in der Personalabteilung oder bei Entscheidungsträgern landen. Letztendlich schade Klatsch mehr, als dass er nutze. Daher sei es so wichtig, das eigene Auftreten wie eine Art Selbstmarketing zu begreifen. Und lieber auf gute Mundpropaganda zu setzen, den Flurfunk für den eigenen guten Ruf zu nutzen, statt Lästereien und Gerüchte weiter zu tragen.
Doch nach Michael Böhms Erfahrung hätten viele Berufstätige Angst vor diesem Schritt raus aus der Deckung. Die meisten fürchteten sich davor, zu polarisieren oder angreifbar zu werden, indem sie sich selber loben, berufliche Erfolge hervorheben und aktiv am Image arbeiten. „Selbstdarsteller mag natürlich niemand“, sagt der Autor. Der richtige Weg sei, mit natürlicher Begeisterung von der eigenen Leistung zu erzählen.
„Bescheidenheit ist im Beruf wirklich fehl am Platz, man kann schließlich etwas. Das kann man ruhig erzählen“, sagt auch Selbstmarketingexpertin Caroline Krüll. Fleißig aber stumm hinter dem Schreibtisch zu verharren, führt selten zu einer Beförderung, mehr Gehalt oder überhaupt auf den Radar des Chefs.
Es reicht nicht, sehr gute Leistung zu bringen – sie muss auch von den richtigen Leuten bemerkt und gehört werden. Caroline Krüll hat das am eigenen Leib erfahren, als sie nach ihrem Studium der Marketingkommunikation mit 27 Jahren ihre eigene Werbeagentur gründete. Kam sie zu den Sammelterminen, wo Firmen sich die Vorschläge von Agenturen anhören, fiel ihr auf: „Unsere Ideen waren richtig gut, oft sogar besser als die der Konkurrenz, doch die Aufträge bekamen andere“, sagt sie. Aber woran lag es? Die Konkurrenz ging anders vor als Krüll, setzte auf Smalltalk mit dem Kunden vor der Präsentation, arbeitete an der Außenwirkung, stieß eine Art positiven Flurfunk über das eigene Projekt an. „Mir wurde da zum ersten Mal richtig bewusst, wie wichtig die äußere Erscheinung und Smalltalk für beruflichen Erfolg sind“, sagt Krüll.
Heute bringt sie es anderen bei. Die Expertin hat sich in Berlin als Coach selbstständig gemacht und gibt Seminare zum Thema Selbstmarketing. Entscheidend sind die Dosierung und der Ton, dass man einen Erfolg verpackt, ohne es plump wirken zu lassen, weiß Krüll. „Trifft man den Chef im Fahrstuhl oder in der Küche, ist es keine Schande zu erwähnen, wie sehr man sich freue, dass ein Auftrag geklappt hat, nachdem man wochenlang daran gearbeitet hätte“, sagt sie. Und schon hat man etwas Positives unaufdringlich weiter gefunkt. „Man muss sich dafür Zeit nehmen und dran bleiben, wenn es einen sichtbaren und dauerhaften Effekt haben soll“, ergänzt Krüll. Und sich dabei nicht scheuen, strategisch vorzugehen. Mal mit anderen Kollegen als sonst Mittag essen. Oder sich fragen, wer nützt mir, und mit wem sollte ich netzwerken.
Wer dagegen ständig die eigenen Erfolge oder Überstunden hervorhebt, kann schnell das Gegenteil erreichen und es sich mit Kollegen verscherzen. „Eine Gegenseitigkeit und Zuhören sind enorm wichtig, auf die anderen eingehen, nachfragen, nicht immer nur von sich erzählen“, sagt Autor Michael Böhm.
Es ist eben schwierig, sich vom stillen Kämmerlein aus einen Namen zu machen. „Selbst der zurückgezogene Wissenschaftler ist darauf angewiesen, sich und damit seine Forschungsergebnisse zu verkaufen“, sagt Karriere-Expertin und Coach Svenja Hofert. „Eine Marke hat drei bis vier zentrale Merkmale, die jeder nennen kann“, sagt Hofert. Beim Menschen sei das genauso. Es ist wie eine Kampagne in eigener Sache. Und mit der erzielt der Flurfunk die richtige Wirkung.
Saskia Weneit
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