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In Kleinstbetrieben wurde besonders oft gegen den Mindestlohn verstoßen.
© dpa

Studie der Böckler-Stiftung: 2,7 Millionen erhielten weniger als den Mindestlohn

Rund 2,7 Millionen Arbeitnehmer haben 2016 weniger als den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Die Verstöße kommen bei Kleinbetrieben und Minijobs besonders häufig vor.

2016 bekamen rund 2,7 Millionen Beschäftigte in Deutschland nicht den Mindestlohn, obwohl er ihnen zustand. Das war fast jeder zehnte Arbeitnehmer. Betriebe ohne Betriebsrat und Tarifvertrag ignorieren nach einer Untersuchung für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung besonders häufig die gesetzlichen Regelungen. In solchen Firmen erhielten 18,6 Prozent der Arbeitnehmer nicht den Mindestlohn, teilte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Stiftung mit. Das seien mehr als fünfmal so viele wie in Betrieben mit Arbeitnehmervertretung und Tarifvertrag. Dort habe die Quote bei 3,2 Prozent gelegen.

Verstöße kommen der WSI-Studie zufolge vor allem in Branchen mit vielen Kleinbetrieben und Minijobs vor. Demnach erhielten 2016 rund 43 Prozent der Beschäftigten in privaten Haushalten weniger als den Mindestlohn. Wahrscheinlich deswegen, weil die Einhaltung dort kaum zu kontrollieren ist. Im Hotel- und Gaststättengewerbe betrug die Umgehungsquote 38 Prozent, im Einzelhandel 20 Prozent. Legale Ausnahmen vom Mindestlohn wurden herausgerechnet.

"Klarer Auftrag an die Koalitionäre in Berlin"

„Die Studie ist ein klarer Auftrag an die Koalitionäre in Berlin, sich des Problems des millionenfachen Mindestlohnbetrugs endlich mit der notwendigen Konsequenz zu widmen“, sagte Guido Zeitler, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Dass die Behörden das Problem nicht in den Griff bekämen, birgt aus seiner Sicht „eine Menge sozialen Sprengstoff und untergräbt das Vertrauen in die Politik nachhaltig.“

Der Sozialverband VdK fordert, Schlupflöcher beim Mindestlohn zu schließen und die Einhaltung besser zu kontrollieren. Die Autoren der Studie schlagen dafür vor, die zuständige Einheit des Zolls schnellstmöglich auf 10 000 Planstellen aufzustocken. Aktuell sind es lediglich rund 7 200 und davon sind knapp 800 nicht besetzt.

Immerhin zieht die Studie ein positives Fazit des vor drei Jahren eingeführten Mindestlohns. Die Bezahlung vieler Geringverdiener habe sich spürbar verbessert: Im Gastgewerbe legten die Löhne seitdem um 9,9, im Einzelhandel um 11,4 und in der Fleischverarbeitung um 11,6 Prozent zu. Der Anteil der Beschäftigten mit einem zusätzlichen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen sei zugleich von 20 Prozent im Jahr 2014 auf 17 Prozent im Jahr 2016 gesunken.

Sämtliche Angaben beruhen auf einer Auswertung des sozio-ökonomischen Panels. Dabei werden jedes Jahr etwa 30 000 Menschen befragt – auch danach, was sie verdienen.

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