Leichtathletik-EM in Berlin: Zehnkämpfer Arthur Abele holt erstes deutsches Gold
Arthur Abele hat die erste Goldmedaille für die deutschen Leichtathleten gewonnen. Weitspringer Fabian Heinle und Kugelstoßerin Christina Schwanitz holen Silber. Robert Harting wird Sechster.
Es sollte seine Bühne sein. Am Mittwochabend schauten die mehr als 37.000 Zuschauer im Berliner Olympiastadion auf ihn: Robert Harting. Es passte ja auch zu gut. Es war zu verheißungsvoll. Dort, wo die Karriere des Diskuswerfers 2009 mit dem ersten Titel bei einer Weltmeisterschaft richtig Fahrt aufgenommen hatte, trat er nun neun Jahre später zum letzten Mal bei einer großen internationalen Meisterschaft an. Zwischendurch gab es unzählige weitere Höhepunkte. Den Olympiasieg 2012 in London, insgesamt drei WM- und zwei EM-Titel. Siegesfeiern, bei denen Harting sich das Trikot zerrissen hatte – oder wie 2012 im Jubeltaumel über die Hürden gehüpft war.
Und plötzlich war sie dann wieder da. Die besondere Stimmung, die Harting zu Großem tragen kann. Die zuletzt abhandengekommen schien, weil ihn so viele Verletzungen zurückgeworfen hatten. Um 21.07 Uhr drehte er sich durch den Diskusring, das Publikum johlte und wurde immer lauter, denn die Scheibe flog immer weiter und weiter: auf 64,33 Meter. Er ballte die Faust und in diesem Moment war der 33-Jährige tatsächlich Zweiter. Es schien wirklich das perfekte Ende seiner Karriere werden zu können.
Aber seine Konkurrenten konterten. Noch einige überboten den Berliner, und er konnte sich nicht mehr steigern. Am Ende wurde er Sechster in diesem Finale, das er ohne seinen in der Qualifikation gescheiterten Bruder Christoph Harting bestritt. Es gewann der Litauer Andrius Gudzius (68,46 Meter) vor dem Schweden Daniel Stahl und dem Österreicher Lukas Weißhaidinger.
Einen Auftritt hat Robert Harting in Berlin noch, im September beim Istaf. Am Mittwoch verabschiedete er sich mit einem Dank übers Stadionmikrofon – und als noch ein kurzer Abschiedsfilm über die Leinwand lief, bekam auch der Hüne Harting feuchte Augen.
Den sportlichen Höhepunkt steuerte Arthur Abele bei
Emotional war es am zweiten EM-Wettkampftag zuvor auch beim Kugelstoßen der Frauen zugegangen. Favoritin Christina Schwanitz führte vom ersten Versuch an. Da waren ihr 19,19 Meter gelungen. Und die 32-Jährige führte damit bis zum sechsten und letzten Versuch ihrer stärksten Konkurrentin Paulina Guba. Doch dann stieß die Polin die Kugel noch auf 19,33 Meter. Schwanitz hatte danach noch die Chance zu reagieren, aber sie konnte Guba nicht noch einmal überbieten. So wurde die Sächsin sensationell geschlagen. Schwanitz holte Silber – nur Silber. Sie verpasste den dritten EM-Titel in Folge. Ihr Autounfall vor zwei Wochen, bei dem sie eine Gehirnerschütterung, ein Schleudertrauma und eine Kapselverletzung erlitten hatte, dürfte sie dann doch stärker beeinträchtigt haben.
In einem absoluten Glücksgefühl war dagegen Fabian Heinle. Der Weitspringer aus Stuttgart kam mit zweimal 8,13 Meter auf den zweiten Platz. So gewann der 24-Jährige Silber hinter dem Griechen Miltiadis Tentoglou (8.25 Meter).
Den sportlichen Höhepunkt steuerte Arthur Abele im letzten Wettkampf des Abends bei. Es war der 1500-Meter-Lauf der Zehnkämpfer – und kurz nachdem Abele nach 4:30,84 Minuten im Ziel war, wurde ihm eine Pappkrone mit der Aufschrift „King of 2018“ aufgesetzt. Der 32-Jährige holte die erste deutsche Goldmedaille bei dieser EM und siegte vor dem Russen Ilja Schkurenjow und dem Weißrussen Witali Schuk. Abels Teamkollege Niklas Kaul wurde sensationell Vierter.
Im Februar war die EM für Abele fast schon gelaufen
Abele profitierte natürlich davon, dass der große Favorit, der Franzose Kevin Mayer, am Vortag im Weitsprung keinen gültigen Versuch zustande gebracht hatte und somit ausgestiegen war. Aber davon ließ sich Abele seinen Erfolg nicht kleinreden. Schließlich lief der zweite Wettkampftag der Zehnkämpfer für ihn eigentlich wie gemalt, bis auf einen Ausreißer nach unten in der Mittagshitze. Über 110 Meter Hürden lief er in 13,94 Sekunden die beste Zeit aller Zehnkämpfer. Auch beim Diskuswerfen überzeugte er und erzielte mit 45,42 Meter Saisonbestleistung – damit übernahm der Ulmer die Führung der Konkurrenz.
Nach dem Stabhochsprung verlor Abele seine Spitzenposition jedoch wieder, weil er sich verzockte. Die 4,60 Meter hatte er übersprungen, ließ dann aber die 4,70 Meter aus und legte über 4,80 Meter drei Fehlversuche hin. Doch bereits nach der vorletzten Disziplin, dem Speerwerfen, riss Abele seine Arme in die Höhe und ließ sich vom Publikum feiern. Mit 68,10 Meter war ihm erneut eine Saisonbestleistung gelungen. Und weil seine Konkurrenten da nicht mithalten konnten, ging er als Erster in die 1500 Meter. Etwa 15 Sekunden Vorsprung hatte Abele sogar, den ließ er sich nicht nehmen – und konnte sich im Olympiastadion ausgiebig feiern lassen.
Dabei hatte Abele im Februar noch gedacht, dass die EM in Berlin für ihn schon gelaufen sei. „Da hatte ich die Saison eigentlich abgehakt“, sagte er. Auslöser für all die Zweifel war eine Gesichtslähmung im Dezember. Eine Mandelentzündung, mit der ihn sein zweijähriger Sohn angesteckt hatte, wanderte bei Abele über Kiefer und Ohr und setzte seinen Gesichtsnerv außer Gefecht. „Ich dachte zuerst, ich hatte einen Schlaganfall“, erzählte er. Als sich Abele davon erholt hatte, bekam er Probleme an der Achillessehne.
„Solche Verletzungen sind am Anfang immer ein brutaler Schlag ins Gesicht“, sagte Abele. „Ich habe durch meine vielen Verletzungen aber gelernt damit umzugehen und weiß, wenn ich mental stark bin, kann ich das beheben.“ So kam es dann auch. Und so krönte sich Abele zum König der Athleten an diesem Mittwochabend.
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