Björn Borg vs. John McEnroe: Wo sind die Typen in der Tenniswelt?
Borg gegen McEnroe: Das war eine echte Rivalität. Heute fehlt es dem Tennissport an solchen Duellen.
John McEnroe ist ein Mann klarer Worte. Das war er schon früher auf dem Tennisplatz, wenn ihm eine Schiedsrichterentscheidung nicht gefiel. „You cannot be serious!“ – zu Deutsch: „Das kann nicht dein Ernst sein!“ – war einer seiner gebräuchlichsten Sätze, wenn er sich mal wieder ungerecht behandelt fühlte. Und es war einer, mit dem man ihn wenigstens noch zitieren konnte, McEnroe griff durchaus auch zu deftigerem Vokabular. In Janus Metz' Film „Borg McEnroe – Duell zweier Gladiatoren“, der am 19. Oktober in die deutschen Kinos kommt, kann man sich davon einen Eindruck verschaffen. Wobei der 58-jährige US-Amerikaner auch dazu natürlich seine eigene Meinung hat. „Ich wünschte, es wäre ein guter Film. Unglücklicherweise ist es keiner“, sagte er kürzlich beim Laver Cup in Prag. Björn Borg, der ewige Widersacher McEnroes, äußerte sich deutlich diplomatischer – und damit übrigens genauso wie bei den auf der Leinwand dargestellten Pressekonferenzen: „Ich denke, der Film ist ganz okay.“
Feuer und Eis – so werden die beiden Tennisstars der 1970er und 1980er Jahre noch heute bezeichnet. Und so war es damals auch. Auf der einen Seite der impulsive Rebell McEnroe, der ständig nach seinem Temperament befragt wird und doch nur über Tennis reden will. Auf der anderen der offenbar emotionslose Schwede, der vor Matches sogar das Hotelzimmer runterkühlt, um seinen Puls zu senken. „Vieles in dem Film ist eben Fiktion“, sagt Borg. Oder um es mit McEnroes Worten auszudrücken: „Wenn sie wollten, dass ich wie ein Trottel aussehe, hätten sie sich auch etwas Besseres einfallen lassen können.“ Immerhin ist es mutig, einen Spielfilm – und nicht etwa eine Dokumentation – über eine der größten Rivalitäten im Sport überhaupt und eines der legendärsten Matches der Tennisgeschichte zu drehen.
Denn im Mittelpunkt des Films steht das Wimbledon-Finale von 1980. McEnroe wird verkörpert von Hollywood-Star Shia LaBeouf, der Isländer Sverrir Gudnason spielt Borg – und der Computer generiert die Ballwechsel. Was sich damals wirklich außerhalb der Öffentlichkeit zugetragen hat, bleibt allerdings Spekulation. „Wären wir von Anfang einbezogen worden, hätten wir vielleicht ein paar mehr Details einbringen können“, sagt Borg. Und McEnroe beklagt: „Es stimmen einfach so viele Sachen nicht.“ Richtig ist allerdings, dass aus Borg und McEnroe Freunde wurden. Und das sind sie bis heute geblieben. Dem US- Amerikaner wohnt auch im reiferen Alter immer noch eine gewisse Grundaggressivität inne, man könnte es auch Rastlosigkeit nennen.
Karriereende mit 26
Doch spricht McEnroe über Borg, weichen seine Gesichtszüge auf. „Wir haben tolle Sachen zusammen erlebt in den vergangenen 20, 25 Jahren. Ich liebe ihn und freue mich immer, ihn zu sehen.“ Auf dem Tennisplatz war dies während ihrer Profikarrieren nur 14 Mal der Fall, Borg – das macht der Film deutlich – hatte den Tenniszirkus früh satt. Schon mit 26 Jahren beendete er nach elf Grand-Slam-Titeln seine Laufbahn. „Ich habe so oft versucht, ihn davon abzubringen. Auch, weil er mich zu einem besseren Spieler gemacht hat“, bedauert McEnroe Borgs Rückzug noch heute. Inzwischen hat der 61-Jährige seinen Frieden mit dem Tennis gemacht. Der Borg im Jahr 2017 ist kein „Eisborg“ mehr, er wirkt reflektiert und einfach nur unendlich entspannt. „Tennis ist heute ein ganz anderer Sport als zu unserer Zeit.
Die Jungs schlagen den Ball deutlich härter als wir damals“, sagt er. „Dazu ist der Wettbewerb viel größer. Tennis ist global geworden, heute wird es in fast jedem Land der Welt gespielt.“ Dafür – und das möchte man Björn Borg fast hinterherrufen – fehlen dem Sport die Typen. Die Männerkonkurrenz lebt vom Duell Roger Federer gegen Rafael Nadal, aber ewig können beide nun mal nicht gegen- oder wie zuletzt in Prag miteinander spielen. Danach wirkt vieles austauschbar, auf und neben dem Platz. Vor mehr als 35 Jahren war Tennis noch Rock'n Roll. Borg wurde zum ersten wirklichen Weltstar seines Sports, ein Teenager-Idol und Frauenschwarm. Und er war Vorbild für so viele, die nachkamen.
Ein Boris Becker zum Beispiel hätte vielleicht nie zum Tennisschläger gegriffen, wenn es Björn Borg nicht gegeben hätte. McEnroe wiederum hat allen gezeigt, dass der vermeintlich elitäre Sport nicht nur etwas für Angepasste ist. Die Rivalität zwischen Borg und McEnroe ist auch deshalb ein Stück Zeitgeschichte. Dass diese nun zumindest ansatzweise für das Kino aufbereitet wurde, ist da nur konsequent. Und auch wenn über die Qualität von „Borg McEnroe“ zumindest gestritten werden darf: Der Film ist tatsächlich ernst gemeint.