Saisonstart der Eishockey-Liga NHL: Wird Tim Stützle der nächste Leon Draisaitl?
Die Saison in der in der besten Eishockey-Liga der Welt beginnt am Mittwoch – drei junge Stürmer aus Deutschland stehen dabei im Fokus.
Es ist irre. Das „Ü“ kriegen sie nicht aufs Trikot geflockt und den Namen des jungen Mannes, geboren am Niederrhein, bekommen sie kaum richtig ausgesprochen. Aber trotzdem rollt die Stuuutzlemania durch die Eishockey verrückte kanadische Hauptstadt. Bei den Ottawa Senators halten sie jeden Schritt fest, den ein 18 Jahre alter Eishockeyjungprofi aus Deutschland macht.
Tim Stützle auf dem Weg auf das Eis zum Training, dann Stützle im ellenlangen Interview, schließlich eine Kamerafahrt auf die Schlittschuhe von Stützle. An der Ferse leuchtet es schwarz-rot-gold. Es sind noch die Schlittschuhe von der Junioren-Weltmeisterschaft, bei der Stützle die Eishockeywelt verzückt hat. Mit unglaublichen Sololäufen, unfassbaren Toren, erstaunlichem Spielverständnis und Durchsetzungsvermögen. Stützle wurde zum besten Spieler des ganzen Turniers gekürt.
Wäre das deutsche Team vom Coronavirus in der WM-Blase Edmonton verschont geblieben – es waren bis zu acht Spieler in Quarantäne – wäre mehr drin gewesen als nur das Viertelfinale für die Deutschen, die sich im Wesentlichen auf Stützle stützten.
Stützle wird am ersten Spieltag 19 Jahre alt
Am Mittwoch beginnt die Saison in der größten Eishockeyliga der Welt, der National Hockey-League (NHL). So wie es aussieht mit Tim Stützle, der junge Bursche ist gleich nach der WM nach Ottawa gereist. Er hat dort einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben und stieß mit dem 32-jährigen Routinier Derek Stepan als letzter Spieler zum Trainingscamp; beide kamen aus der Quarantäne und hatten zuvor gemeinsam trainiert. Stepan sagte: „Ich habe mit meiner Frau gescherzt und ihr gesagt, dass ich drei kleine Kinder zu Hause und nun noch einen 18-Jährigen aus Deutschland adoptiert habe.“
Die Senators starten am Donnerstag in die Spielzeit, gegen die Toronto Maple Leafs. An dem Tag wird Stützle 19. Im aktuellen Aufgebot ist er als Linksaußen in der zweiten Reihe eingeplant. Er sagt: „Ich hoffe, möglichst viel Eiszeit zu bekommen.“ Im finalen Trainingstestspiel am Dienstag spielte Stützle schon mal mit.
An Selbstbewusstsein hat es Stützle bisher noch nicht gemangelt, er scheint auch den Hype um seine Person wegzudrücken. Er wurde vergangenes Jahr an dritter Stelle im sogenannten Draft von den Senators gezogen, genauso hoch wie einst der Kölner Leon Draisaitl, dem inzwischen besten Stürmer der Liga.
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Das hieß viel, muss aber noch nicht alles heißen: Moritz Seider, der wie Stützle in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) bei den Adler Mannheim gespielt hat, wurde vor zwei Jahren als bester Verteidiger überhaupt an sechster Stelle im Draft von den Detroit Red Wings gezogen und wartet immer noch auf seinen ersten Einsatz in der NHL – zurzeit spielt Seider in Schweden bei Rögle BK und soll erst mal in Ängelholm bleiben. Tim Stützle hat eine bessere unmittelbare Zukunft vor sich, auch weil er bei der Junioren-WM seinen neuen Arbeitgeber nachhaltig überzeugt hat. Und dann ist er eben schon sehr weit in seinem Spiel, in Mannheim hat er vergangene Saison eine tragende Rolle übernommen – mit 17. Vor einem Jahr noch sagte er dem Tagesspiegel, „Natürlich habe ich das so nicht erwartet, wie es hier läuft. Aber erst einmal muss ich den Ball flach halten.“
Jetzt wird ihm das in Ottawa kaum gelingen, die Erwartungen sind hoch. Was zu einem Teil auch an Draisaitl liegt, deutsche Spieler sind höher im Kurs in der NHL als früher. Draisaitl wurde schließlich als erster Deutscher überhaupt Topscorer der Liga in der Vorsaison. Es spricht auch etwas dafür, dass es wieder so gut läuft für den Kölner, denn nun haben die Oilers ihm mit Dominik Kahun (ebenfalls 25 Jahre alt und zuletzt Buffalo und Pittsburgh) einen Jugendfreund an die Seite gestellt. Zusammen mit ihm hat Draisaitl einst mit dem Mannheimer Nachwuchs die Gegner auseinandergenommen. Drasaitl sagt dazu: „Ich denke, dass wir auf jeden Fall unsere Chance zusammen bekommen werden oder von Zeit zu Zeit zusammen spielen.“
Ansonsten ist die Saison – welch Wunder – ein Fragezeichen. Zumal gleich vor dem ersten Bully das Coronavirus Powerplay spielt: Bei den Dallas Stars, im September den Tampa Bay Lightning im Stanley-Cup-Finale unterlegen, wurden schon sechs Spieler positiv getestet. Die Stars werden nun nicht vor dem 19. Januar einsteigen.
Die auf 56 Spiele pro Team verkürzte reguläre Saison wird in neu zusammengesetzten Divisionen gespielt, darunter eine eigene für die sieben kanadischen Teams. Und in dieser Division spielen auch Stützle, Kahun und Draisaitl mit – die drei besten deutschen Stürmer in der NHL.