Zukunftssorgen in der Handball-Bundesliga: „Wir sind ohne Zuschauer in der Halle nicht überlebensfähig“
Die Handball-Bundesliga ist stark auf Publikumseinnahmen angewiesen. Trotz der Politik-Absage an die Fußballer gibt es Hoffnung auf einen Saisonstart vor Fans.
Profihandball ohne Zuschauer? Das ginge vielleicht für ein paar Spiele gut, dann würden auch die ersten Bundesligisten massive wirtschaftliche Probleme bekommen. „Sollten bis Jahresende keine Zuschauer erlaubt sein, könnte die Existenz unserer Sportart gefährdet sein“, warnt Geschäftsführerin Jennifer Kettemann von den Rhein-Neckar Löwen.
Es ist ein Szenario, das die Klubs zumindest im Hinterkopf haben – an das sie im Moment aber nicht glauben. Am 1. Oktober wird die neue HBL-Saison starten, und anders als in der Fußball-Bundesliga sollen dann Fans in den Hallen sein. „Ich gehe mal davon aus, dass wir vorsichtig mit Zuschauern starten können“, sagt HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.
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Bis zu 50 Prozent des Etats der Vereine kommen über Zuschauereinnahmen, bei den meisten Bundesligisten sind es ungefähr 30 bis 40 Prozent. Die zweite große Einnahmesäule besteht aus Sponsorengeldern, die sich bei Geisterspielen ebenfalls nicht mehr in gewohnter Form generieren ließen, weil den Unternehmen die gewünschte Plattform fehlen würde. TV-Gelder machen im Handball dagegen nur einen geringen Anteil aus, in der Regel rund fünf Prozent des Vereinsetats.
Die Handballer brauchen die Zuschauer. Dass die Gesundheitsminister der Länder sich darauf verständigt hatten, dass dies in den Stadien der Fußball-Bundesliga wegen der aktuellen Corona-Situation bis zum 31. Oktober nicht zu befürworten sei, hat die HBL registriert. Er bedauere das, sagt Bohmann. Aber die Hoffnung geben die Klubs noch lange nicht auf. „Noch mache ich mir keine Sorgen. Ich bin überzeugt, dass wir wieder mit Zuschauern spielen können“, sagt Berlins Geschäftsführer Bob Hanning.
Auch andere Hallensportarten planen unabhängig von der Politik-Absage an den Fußball ihren Saisonbeginn mit einigen Zuschauern. Die Basketball-Bundesliga (BBL) will am 6. November starten, die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) möchte am 13. November loslegen.
Beim Supercup sollen möglichst 6000 Fans zusehen
Wie in der HBL müssen die Klubs in Gespräche mit den lokalen Behörden gehen, die letztlich darüber entscheiden, ob beziehungsweise wie viele Zuschauer zugelassen werden können. Bohmann nennt für den Handball einen Grund, warum dies anders als im Fußball möglich sein sollte.
„Wir haben andere Probleme, aber nicht das, was von den Ministern mit Blick auf den Fußball beklagt wurde – nämliche die An- und Abreise von Zuschauern in großen Mengen.“ Das dürfte auch für BBL und DEL gelten. Die Handballer wollen bereits das Supercup-Duell zwischen Meister THW Kiel und Vizemeister SG Flensburg-Handewitt am 26. September in Düsseldorf möglichst vor etwa 6000 Zuschauern austragen. Ein entsprechendes Hygienekonzept hat die HBL bereits erstellt.
An diesem Donnerstag will sie in einer weiteren Schalte mit den Klubchefs auch ein Konzept für den Spielbetrieb beschließen, das unter anderem regelmäßige Corona-Tests für die Mannschaften vorschreibt. Außerdem soll den Bundesligisten empfohlen werden, in der Vorbereitung auf die neue Saison möglichst keine Testspiele gegen ausländische Klubs zu bestreiten, also Teams, die möglicherweise nicht regelmäßig getestet wurden.
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Es wäre dann alles vorbereitet für den Spielbetrieb. Ob er schließlich auch vor Zuschauern stattfinden kann, bleibt bei allem Optimismus unklar. „Disziplinen wie Handball sind nun typischerweise in den Hallen. Da wird es umso schwieriger, Infektionsserien auszuschließen“, sagt Helmut Fickenscher, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel.
Die Klubs werden die Entwicklung der Infektionszahlen weiter beobachten. Und sie werden alles dafür tun, dass wieder vor Fans gespielt werden kann. Der SC DHfK Leipzig blickt deshalb gespannt auf eine Re-Start-Studie der Universität Halle. Das Experiment findet am 22. August in der Arena Leipzig statt, in der auch der SC DHfK seine Heimspiele austrägt.
Bei einem Konzert des Popsängers Tim Bendzko wollen die Forscher in drei Szenarien mehr über Großveranstaltungen in Hallen zu Corona-Zeiten herausfinden. „Wir sind ohne Zuschauer in der Halle nicht überlebensfähig. Deshalb ist die Re-Start-Studie bei uns in der Arena am 22. August so immens wichtig“, sagt SC-Geschäftsführer Karsten Günther. (dpa)