Finale in der Volleyball-Bundesliga: Wie Vital Heynen die BR Volleys unter Druck setzen will
Friedrichshafens cleverer Trainer hat das Finale gegen die BR Volleys noch nicht aufgegeben. Er reizt die Rolle des Außenseiters gnadenlos aus.
Es war eine gute Idee des übertragenden Senders Sportdeutschland.tv, dass er in Spiel drei der Volleyball-Finalserie um die deutsche Meisterschaft auf den Ton während der Auszeiten meist verzichtete. In den vorangegangenen beiden Duellen zwischen dem VfB Friedrichshafen und den BR Volleys aus Berlin waren viele Sätze gefallen, über die manch Erwachsener sicher geschmunzelt hat. Jugendfrei waren sie aber nicht.
Das traf vor allem auf das gesprochene Wort von Vital Heynen zu, dem Trainer des Klubs vom Bodensee. Heynen gilt als einer der besten Volleyballtrainer überhaupt in Europa, als eine Art Pep Guardiola des Volleyballs. Und eine kleine Analogie zu dem spanischen Fußballtrainer kann man auch darin finden, dass Heynen mit seiner Mannschaft die Liga in dieser Saison ähnlich dominiert wie Guardiola mit Manchester City. Das ganz große Ziel, für Guardiola der Gewinn der Champions League und für Heynen der Finalsieg in der Meisterschaft, aber nicht herausspringt.
So weit ist es aber noch nicht. Vor dem Spiel an diesem Sonntag in der Berliner Max-Schmeling-Halle (15 Uhr) steht es in der Serie best of five 2:1 für die Volleys. Die Berliner brauchen also nur noch einen Sieg, um den Titel zu verteidigen.
Heynen mag die Rolle des Außenseiters
Dass Heynen während der Auszeiten verärgert ist und zum eher derben Vokabular greift, ist durchaus verständlich. Der VfB Friedrichshafen spielte in dieser Saison so gut wie in den allerbesten Zeiten seines Vorgängers Stelian Moculescu, der inzwischen den Gegner aus Berlin trainiert. Der VfB gewann jedes nationale Pflichtspiel vor Beginn der Finalserie, darunter auch fünf Mal gegen die Berliner. Die Frage vor den Endspielen war für viele Beobachter daher gar nicht mal, wer Meister wird, sondern vielmehr, wie viele Spiele Friedrichshafen dafür benötigt. Drei, allerhöchstens vier vielleicht. Dann aber kam alles anders.
„Wir sind froh, dass es überhaupt noch für uns weitergeht“, sagt Heynen vor dem Spiel am Sonntag. Der Belgier kann einem fast leidtun. Dass sein Team dem Gegner deutlich überlegen war, nur eben nicht im Finale, war schon in der vergangenen Spielzeit der Fall. Die Volleys schnappten sich im entscheidenden Finalspiel den Titel. „Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass wir nicht daran denken“, gibt Heynen zu. „Ein Finale ist kein normales Spiel. Es ist anders. Berlin hat das besser verstanden als wir, Stelian hat das besser verstanden als wir.“
Das klingt alles nicht besonders zuversichtlich. Allerdings ist die herausstechende Charaktereigenschaft von Heynen dessen Gewieftheit. Der 48-Jährige vergisst nie zu erwähnen, dass seine Mannschaft wahnsinnig jung und unerfahren sei (im Schnitt ist sein Team ein Jahr jünger als jenes der Volleys), und er betont permanent, wie brutal stark der Gegner sei. Der VfB Friedrichshafen ist dafür, dass er fast jedes Spiel gewinnt, demnach merkwürdig oft chancenlos. Der Trainerfuchs Heynen reizt die Rolle des Außenseiters gnadenlos weit aus. Das tut er auch dieses Mal.
Friedrichshafen will die Volleys in einen fünften Satz zwingen
Denn natürlich hat der VfB nach seinem überzeugenden 3:1-Erfolg am vergangenen Mittwoch durchaus noch die Möglichkeiten, die Serie zu drehen. Zwischenzeitlich spielte sich Heynens Mannschaft in einen Rausch, deklassierte die Volleys geradezu im zweiten Satz. „Wir werden versuchen, die Berliner am Sonntag in einen fünften Satz zu zwingen“, sagt Heynen. „Dann werden die Volleys den Druck natürlich spüren.“
Tatsächlich kommt die Konstellation, dass die Volleys nun die Favoritenrolle in der Serie innehaben, dem ewigen Außenseiter Heynen entgegen. Wie die Endspiele in diesem und im vergangenen Jahr gezeigt haben, treten die Friedrichshafener im Angesicht des Meistertitels seltsam gehemmt auf. Von daher: So gut wie vor diesem Auswärtsspiel waren die Aussichten für die Süddeutschen selten. Aber die Krux beim VfB ist, dass dieser Gedanke im Team besser nicht aufkommen sollte. Sonst wird es doch wieder nichts.