Der FC Schalke 04 wagt sich vor: Wie sinnvoll ist eine Gehaltsobergrenze im Fußball?
Der FC Schalke 04 will die Gehälter seiner Profis künftig beschränken. Uli Hoeneß hält das für „scheinheilig“. Karl-Heinz Rummenigge sieht es differenzierter.
Der FC Schalke 04 traut sich was. Als erster Fußball-Klub in der Bundesliga wollen die Gelsenkirchener angeblich eine Gehaltsobergrenze für seine Profis einführen. Beim finanziell angeschlagenen und derzeit durch viele Krisen gebeutelten Verein soll künftig kein Spieler mehr als 2,5 Millionen Euro im Jahr verdienen, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Der Schritt ist logisch und mutig zugleich. Denn was auf dem Kontosaldo nutzt, kann in der Tabelle schaden.
Die Diskussion um eine Gehaltsgrenze, einen sogenannten „Salary Cap“ im Fußball ist nicht neu. „Der Fußball ist krank. Ich habe eine Statistik gelesen, dass 85 Prozent der Profiklubs defizitär wirtschaften. So würde er wieder gesünder“, sagte Karl-Heinz Rummenigge dem „kicker“ – und zwar im Jahr 2008. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München dachte seinerzeit wie der damalige Uefa-Präsident Michel Platini.
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Der Franzose wurde sogar in Brüssel vorstellig, habe sich aber dem bei dem Thema „eine blutige Nase“ geholt, wie Rummenigge sich kürzlich erinnerte. Der Grund: Eine Gehaltsobergrenze sei nicht mit den Wettbewerbsgesetzen in Europa in Einklang zu bringen. Und doch ist das Thema derzeit wieder auf der Agenda – und das nicht nur wegen Schalkes Vorstoß. Gerade während der Coronapandemie müssen sich die Vereine finanziell strecken. Zuschauer- und Werbeeinnahmen fallen weg, was gerade kleinere Klubs an den Rand des finanziell Verkraftbaren bringt.
Es war wieder Rummenigge, der kürzlich in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ laut über eine Beschränkung beim Gehalt nachdachte. „Viele europäische Klubs haben angekündigt ihre Payroll herunterzufahren“, sagte Rummenigge und erklärte, dass auch der FC Bayern bei dem Thema künftig vorsichtiger sein werde. Sogar DFL-Chef Christian Seifert sagte Anfang Mai im Sportstudio. „Ich habe selber mit dem Uefa-Präsidenten Alexander Ceferin gesprochen, das werden Gespräche sein, die wird man führen müssen und zwar in Europa und zwar auf gesamteuropäischer Ebene.“
Eine Begrenzung der Spielergehälter nach amerikanischen Vorbild, also in Relation zum Umsatz der Klubs, wie Rummenigge es vor zehn Jahren habe einführen wollen, „das könnte in der Tat ein Ansatz sein“, sagte Seifert. Die Denkanstöße für den „Salary Cap“ aus den US-Sportligen sind hierzulande jedoch schwer umzusetzen. Wenn es keine Regelung auf europäischer Ebene gibt, müsste sie national erfolgen – oder eben eine durch eine Entscheidung einzelner Klubs wie jetzt Schalke 04. Der Unterschied zu den USA: In den dortigen Ligen gibt es weder Auf- noch Absteiger, sie sind zudem konkurrenzlos und müssen sich nicht in internationalen Vergleichen messen. Würde jedoch eine europäische Top-Liga eine Gehaltsobergrenze einführen, katapultiere sie sich so im Prinzip aus den internationalen Wettbewerben heraus, so die Sorge von Kritikern.
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Würde jedoch eine europäische Top-Liga eine Gehaltsobergrenze einführen, katapultiere sie sich dadurch im Prinzip aus den internationalen Wettbewerben heraus, so die Sorge von Kritikern. Denn bei allen kreativen Ideen, die derzeit durch die Gegend geistern: Das Nachdenken über eine Gehaltsobergrenze bleibt nicht kritiklos. Der Ehrenpräsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, steht in der Diskussion nämlich auf einer ganz anderen Seite als Vereinskollege Rummenigge.
„Die können sie vergessen“, sagte Hoeneß im Bayerischen Rundfunk, darauf angesprochen. Denn, so Hoeneß: „Das führt uns nicht weiter, das sind alles scheinheilige Diskussionen.“ Vielmehr sei es sinnvoll, eine gerechte Verteilung der Fernsehgelder für die Spielzeiten von 2021 bis 2025 anzustreben. „Wenn die Coronakrise vorbei ist, wird der Fußball wieder prosperieren.“ Das hoffen sie auch auf Schalke. Und wollen trotzdem erst einmal weniger zahlen