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Bernie Ecclestone (r.) und Fia-Präsident Jean Todt.
© AFP

Formel 1 vor dem Verkauf: Wie geht es weiter mit dem Imperium von Bernie Ecclestone?

Die Rennserie steht vor dem Verkauf an den US-Konzern Liberty Media – bedeutet das auch das Ende der Ära Bernie Ecclestone?

Gerüchte gab schon häufiger, jetzt scheint es tatsächlich ernst zu werden: Schon am heutigen Dienstag oder spätestens am Mittwoch soll die Formel 1 verkauft werden. Liberty Media soll da die erste Rate des angeblich 8,5 Milliarden Dollar schweren Deals überweisen. Das US-amerikanische Unternehmen von Besitzer John Malone, zu dem unter anderem auch die große Virgin-Medien-Gruppe gehört, würde dann zum neuen Machthaber. Noch ist nicht ganz klar, welche Anteile neben denen des bisherigen Hauptaktionärs CVC Capitals noch verkauft werden sollen. Im Moment hält CVC 35,1 Prozent am Formel-1-Geschäft. Der zweitgrößte Anteilseigner ist Waddell & Reed mit 20,9 Prozent. Bernie Ecclestone selbst besitzt 5,3 Prozent, sein Bambino Trust 8,5 Prozent. Was allerdings durchsickerte: Der Automobilweltverband Fia habe dem Besitzerwechsel bereits die nötige Zustimmung erteilt – die Fia hätte ein Vetorecht gehabt.

Gerüchten zufolge könnte die Zeitenwende in der Formel 1 auch der Regentschaft von Bernie Ecclestone als Geschäftsführer ein Ende setzen. Der bald 86-jährige Engländer selbst blieb bisher vage: „Ich tue, was ich immer getan habe. Es ist meine Entscheidung, welche Rolle ich einnehme.“ Ein Grund für seine Gelassenheit könnte die Tatsache sein, dass es auch einem neuen Besitzer der Formel 1 möglicherweise gar nicht so leicht fallen dürfte, Ecclestone gegen dessen Willen loszuwerden. Seine Ablösung als Geschäftsführer bedarf laut einer Vertragsklausel wohl der Zustimmung der Fia. Und ob die der Fia-Präsident Jean Todt so einfach geben würde, ist fraglich. Dafür weiß Ecclestone wohl ein bisschen zu viel über den früheren Ferrari-Teamchef.

Andererseits ist es nicht undenkbar, dass Ecclestone angesichts der neuen Gesamtkonstellation mehr oder weniger freiwillig seinen Rückzug erklärt. Der frühere Teamchef Eddie Jordan posaunte am Sonntag in aller Öffentlichkeit heraus, der Grand Prix von Italien sei der letzte offizielle Auftritt Ecclestones in der Formel 1 gewesen – er werde noch in dieser Woche zurücktreten. Ecclestone dementierte dies gegenüber Vertrauten zwar, und ein offizieller Rückzug erscheint auch frühestens zum Saisonende in Abu Dhabi wahrscheinlich. Ein klares Bekenntnis zur Formel 1 ließ sich der Brite aber auch nicht entlocken. Ob er bei den verbleibenden sieben Überseerennen noch im Fahrerlager auftauchen werde, wurde er in Monza gefragt. Ecclestone antwortete nur augenzwinkernd: „Wir werden sehen.“

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass bereits eifrig über die Namen derer spekuliert wird, die in Zukunft das Schicksal der Formel 1 in der Hand halten sollen. Drei Favoriten scheinen sich herauszukristallisieren, die womöglich als eine Art Triumvirat agieren könnten. Geschäftsführer solle dabei der US-Amerikaner Chase Carey werden. Der 62-Jährige ist bislang Vizepräsident der Filmstudios 21st Century Fox und würde sich dann wohl vor allem darum kümmern, die Formel 1 mittelfristig an die New Yorker Börse zu bringen. Als Marketingverantwortlicher soll Zak Brown fungieren. Der 44-Jährige ist der Gründer der größten Motorsport-Marketingagentur der Welt, JMI, und war bis jetzt für das Einfädeln vieler großer Sponsorengeschäfte verantwortlich. Er könnte die Formel 1 stärker in die sozialen Medien bringen, ein lange vernachlässigter Bereich. Um die Organisation soll sich dann Alejandro Agag kümmern. Der 45-Jährige, früher Teambesitzer in der Nachwuchsklasse GP2, ist derzeit Geschäftsführer der Formel E, die ebenfalls zu Liberty Media gehört. Der Spanier gilt als sehr gut vernetzt und wurde für seine Aufbauarbeit in der Formel E schon mit dem geschäftigen Ecclestone verglichen.

Besonders die kleinen Formel-1-Teams bauen darauf, dass die neuen Machthaber ein Interesse an mehr Ausgeglichenheit im Feld haben und deshalb eine gerechtere Geldverteilung durchsetzen werden. Doch an den internen Strukturen der Formel 1, die den großen Teams wie Ferrari und Mercedes mehr Macht geben und die für das derzeitige Regelwirrwarr verantwortlich sind, würde sich vermutlich so schnell nichts ändern. Toto Wolff verspricht sich auf jeden Fall eine bessere Vermarktung unter Liberty Media. „Ein amerikanisches Medienunternehmen ist sicher gut für die Formel 1“, sagt der Mercedes-Sportchef. „Es gibt einiges, was wir vom amerikanischen Weg lernen können, vor allem im Bereich digitale Medien.“

Bei aller Begeisterung über neue Verbreitungswege ist die Bedeutung der klassischen TV-Übertragungen für die Popularität einer Sportart nicht zu unterschätzen. Und hier haben die mutmaßlichen neuen Eigentümer wohl recht amerikanische Vorstellungen. Um die Einnahmen für Bewegtbildrechte zu erhöhen, könnte die Formel 1 auch in Europa und Asien bald komplett im Pay-TV verschwinden. Ob das der richtige Weg ist?

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