Nach Pyrotechnik im Derby beim 1. FC Union: Wie es zur Rekordstrafe für Hertha BSC kommt
Hertha BSC und der 1. FC Union werden für das Skandalderby im November hart bestraft. Hertha muss 190.000 Euro zahlen, Union akzeptiert die Strafe nicht.
Es war ein in vieler Hinsicht düsterer Tag für Hertha BSC, jener 2. November des vorigen Jahres. Eine ganze Stadt hatte dem ersten Derby gegen den 1. FC Union in der Fußball-Bundesliga entgegengefiebert. Dass die Blau-Weißen beim Aufsteiger in Köpenick durch einen späten Elfmeter verloren, sollte letztlich aber beinahe zur Randnotiz verkommen. Im Stadion An der Alten Försterei spielten sich schlimme Szenen ab. Dafür ist Hertha vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) nun mit einer Rekordstrafe belegt worden. Die Charlottenburger müssen 190.000 Euro bezahlen – der bisherige Höchstwert lag bei 166.000 Euro für Mainz 05. Union droht eine Strafe von 158.000 Euro.
Warum fällt das Strafmaß so hoch aus?
Im ausverkauften Stadion An der Alten Försterei stand das sportliche Geschehen von Beginn an im Schatten der unschönen Szenen abseits des Rasens. Schon lange vor dem Anpfiff stürmten etwa 250 Union-Anhänger die Einlasskontrolle. Mit Anpfiff des Derbys schossen Hertha- Fans drei Leuchtraketen ab, von denen eine im Union-Block landete – ein Fan erlitt leichte Verbrennungen. Das zeigte bereits, wie gefährlich die Lage war.
Unmittelbar nach der Pause eskalierte die Situation endgültig. Union-Ultras zündeten 40 Bengalische Feuer, kurz darauf leuchtete und rauchte es auch im Gästeblock. Von dort wurden erneut Raketen auf das Spielfeld geschossen, eine landete knapp neben Unions Trainerbank.
Das Spiel stand kurz vor dem Abbruch, doch in Absprache mit der Polizei wurde es nach einer sechsminütigen Unterbrechung fortgesetzt. Mit Abpfiff flogen erneut Raketen aus dem Gästeblock Richtung Spielfeld und auch in die umliegenden Tribünenbereiche. Etwa 20 Vermummte kletterten daraufhin über den Zaun des Heimblocks auf der Waldseite, wurden auf dem Weg in Richtung Gästeblock aber von Union-Profis aufgehalten. Insgesamt wurden drei Menschen verletzt, die Polizei sprach nach dem Spiel von 25 eingeleiteten Strafverfahren.
Warum soll Hertha mehr bezahlen als Union?
Die Raketen, die während des Derbys in in der Nähe von Spielern, Betreuern und Zuschauern landeten, stammten aus dem Gästeblock, in dem sich rund 2000 Hertha-Fans aufhielten. Unter ihnen sollen auch Hooligans anderer Klubs gewesen sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die Hertha-Fans mit „fortgesetztem unsportlichen Verhalten“ aufgefallen sind, wie es heißt. Schon nach dem Pokalspiel 2017 in Rostock und dem Auswärtsspiel in Dortmund 2018 hatte Hertha nach Randalen der Anhänger Geldstrafen in sechsstelliger Höhe erhalten. Von der verhängten Strafsumme kann Hertha bis zu 63.000 Euro in sicherheitstechnische und gewaltpräventive Maßnahmen investieren.
Seit der vergangenen Saison ist das Strafmaß klar geregelt. Jede im Block abgebrannte Pyrofackel wird in der Bundesliga mit 1000 Euro berechnet, Pyros, die aus dem Block geworfen oder geschossen werden, kosten 3000 Euro. Mithilfe der Fernsehbilder konnte die Zahl der pyrotechnischen Erzeugnisse exakt ermittelt werden. Der DFB zählte 17 Raketen sowie 59 Bengalische Feuer im Gästeblock, somit ergeben sich bereits 100.000 Euro.
Die 158.000 Euro für Union ergeben sich aus den 43 abgebrannten Pyros sowie dem nicht ausreichenden Ordnungsdienst, der weder den Sturm der Einlasskontrolle durch Union-Fans verhinderte noch das Betreten des Platzes durch vermummte Union-Anhänger. Auch dass es Hertha-Fans gelang, so viel Pyrotechnik ins Stadion zu bringen, warf Fragen auf.
Wie reagieren die Vereine?
Hertha hat dem Strafmaß sofort zugestimmt, möchte den Fall aber darüber hinaus nicht kommentieren. Im Gegensatz dazu hat Union den Strafantrag des DFB-Kontrollausschusses nicht akzeptiert. Daher wird das DFB-Sportgericht nun eine Entscheidung treffen, vermutlich noch in den kommenden Tagen. „Es gehört zu unserer Sorgfaltspflicht, uns genau anzugucken, was genau wie begründet wird“, sagte Pressesprecher Christian Arbeit am Donnerstag. „Danach werden wir entscheiden, wie wir damit umgehen.“ Unions Präsident Dirk Zingler hatte die Geschehnisse rund ums Derby im November als „Angriff auf unsere Stadionkultur“ bezeichnet und Stadionverbote angekündigt. Bisher ist in diese Richtung aber bei beiden Vereinen noch nichts geschehen. Die Täterermittlung wirkt strafmildernd, ist aber nicht einfach. Obwohl im Stadion viele Kameras installiert sind, sind einzelne Personen auch aufgrund von Vermummung schwierig gerichtsfest zu identifizieren. Union arbeitet dabei mit der Polizei zusammen. „Es gibt aber noch nichts, was wir verkünden können“, sagte Arbeit.
Wie sicher ist das Rückspiel im Olympiastadion?
Klar ist, dass das Rückspiel am 21. März um 18.30 Uhr angepfiffen wird. Es wird also wie das Spiel im Stadion An der Alten Försterei im November am Samstagabend stattfinden. Damals hatte die Polizei versichert, dass sie die Sicherheit auch zu dieser Zeit garantieren kann, wenn es dämmert beziehungsweise dunkel ist. Das Derby in Berlin-Köpenick sicherten rund 1100 Polizisten ab.
Auch rund um das Olympiastadion als Austragungsort ist Ende März mit erhöhter Polizeipräsenz zu rechnen, schließlich gilt das Derby nicht erst seit dem skandalösen Hinspiel als Hochriskobegegnung. Beide Fanlager werden demnach voraussichtlich schon bei der Anfahrt strikt voneinander getrennt, und im Stadion werden nur alkoholfreie Getränke ausgeschenkt.
Dass Feuerwerkskörper noch einmal in der Nähe von Spielern landen oder es gar zu einem Platzsturm kommt, ist im weiträumigen Olympiastadion mit seiner blauen Laufbahn und dem Graben zwischen Platz und Zuschauertribünen jedoch unwahrscheinlicher als im engen Köpenicker Stadion. Für das zweite Bundesliga-Derby wurden bereits kurz nach Verkaufsstart für Mitglieder von Hertha mehr als 25 000 Tickets abgesetzt. Union erhält 7500 Tickets für den Gästeblock, nur dort sind auch Fan-Utensilien von Union erlaubt. In den freien Verkauf werden aller Voraussicht nach keine Karten gelangen.