Finale um die deutsche Meisterschaft: Wie es die BR Volleys krachen lassen
Die BR Volleys überzeugen im ersten Meisterschaftsendspiel gegen den VfB Friedrichshafen besonders mit ihren Aufschlägen.
Paul Carroll hatte mächtig Eindruck beim Gegner hinterlassen. Als sich der Diagonalangreifer der BR Volleys am Sonntag im vierten Satz zum Aufschlag bereit machte, wusste sich Friedrichshafens Trainer Stelian Moculescu nur noch mit einem Mittel zu helfen: Er nahm eine Auszeit – und versuchte so, den Australier aus dem Rhythmus zu bringen.
Carroll setzte während der gesamten Partie dem amtierenden Deutschen Meister mit seinen Aufschlägen enorm zu. Ihm gelangen vier Asse, außerdem erzielten die Berliner nach weiteren seiner Aufschläge wichtige Punkte. Und so absolvierte er mit 23 Aufschlägen die meisten aller Spieler. Weil aber auch seine Teamkollegen, unter anderem Robert Kromm und Tsimafei Zhukouski, in diesem Bereich überzeugten, verdankten die Volleys den 3:1-Heimsieg im ersten Finalspiel der Play-off-Serie „best of five“ zu großen Teilen ihrer Aufschlagstärke.
„Die Aufschläge sind in so einem Spiel entscheidend“, sagt Trainer Roberto Serniotti. „Denn Friedrichshafen organisiert die eigene Annahme sehr gut.“ Darum gingen die Berliner hohes Risiko, und das zahlte sich aus. „Unser Aufschlag ist unsere beste Waffe“, betont Zuspieler Zhukouski. „So halten wir den Gegner vom Netz fern.“ Und weil Friedrichshafen in vielen Situationen deshalb die eigenen Angriffe nicht so gefährlich ausspielen konnte und die Bälle nur hoch über das Netz zurückspielte, ergaben sich wieder gute Möglichkeiten für die Berliner. „Wir haben vier starke Aufschläger: Carroll, Kromm, Zhukouski und Paul Lotman“, sagt Volleys-Manager Kaweh Niroomand. „Wenn die vier ihre Qualitäten durchbringen, wird es richtig schwer gegen uns.“
Wie an einer Schnur gezogen rauschten die Bälle über das Netz
Besonders Carroll steigerte sich zu immer krachenderen, platzierteren Aufschlägen. Wie an einer Schnur gezogen rauschten seine Bälle knapp über das Netz und waren für die Gegner erst kurz vor dem Boden zu erreichen. „Hart und aggressiv – so mag ich es bei den Aufschlägen“, sagt Carroll. „Wichtig dabei ist auch, dass man bei einem Fehler nicht groß darüber nachdenkt, was jetzt schief gelaufen ist. Das darf dann gar kein Thema sein. Es gilt, sich gleich wieder auf den nächsten Punkt zu konzentrieren.“ Denn bei hohem Risiko landen die eigenen Aufschläge eben auch manchmal im Netz, am Sonntag war dies bei Carroll sechsmal der Fall.
Zwischenzeitlich lieferten sich er und Kapitän Kromm jedoch einen regelrechten Aufschlagwettstreit mit den Friedrichshafenern Baptiste Geiler und Adrian Gontariu. Der Franzose Geiler hat seine Fähigkeiten beim Aufschlag auch zu einer eigenen Kunst entwickelt – seine Extravaganz unterstrich er zudem mit seiner Frisur: ein kleines schwarzes Zöpfchen stand ihm wie eine Antenne vom Kopf ab. „Bei ihm ist erst sehr spät in seiner Armbewegung zu erkennen, wie er den Ball schlägt“, sagt Kromm. Das erschwert es zusätzlich, Geilers Bälle anzunehmen. Und so mussten die Volleys bei dem Außenangreifer zwei Asse hinnehmen. „Aber das ist genau die Anzahl, die wir auch verkraften können“, sagt Kromm.
Bei den Berlinern funktionierte gegen Friedrichshafen jedoch nicht nur die brachiale Variante. „Wir waren sehr variabel“, betont Kromm. „Kurz, lang und mit guten Flatteraufschlägen.“ Die Flatterbälle beherrschen bei den Volleys Felix Fischer und Nicolas Le Goff am besten. Dabei wird der Ball mit weniger Geschwindigkeit geschlagen – in der internen Mannschaftsrangliste sind Zhukouskis Aufschläge mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde die schnellsten – und vor allem so, dass er nicht rotiert. So baut sich vor dem Ball ein Luftpolster auf, dem er immer wieder ausweicht, also flattert. Es ist allerdings stets eine Sache von Zentimetern, die über einen erfolgreichen Aufschlag entscheidet. „Der Aufschlag ist Tagesform“, sagt Kromm. Im nächsten Spiel am Donnerstag in Friedrichshafen müssen die Berliner beim Gegner also wieder auf neue Art und Weise Eindruck hinterlassen.