Joachim Löw: Wie der Maurer von Santiago
Dass der Rücktritt im Sport wie in der Politik aus der Mode gekommen ist, stimmt nicht ganz. Er war nie wirklich en vogue. Ein Kommentar.
Was haben Markus Söder und Joachim Löw gemeinsam? Richtig, beide kleben an ihrem Amt. Mögen die Niederlagen auch noch so krachend sein, Söder bleibt Bayerns Ministerpräsident und Löw wird auch Fußballbundestrainer bleiben wollen, wenn es am Dienstag das erwartbare Debakel in Frankreich gibt. Der Rücktritt zum rechten Zeitpunkt ist aus der Mode gekommen, rufen nun viele. Stimmt das wirklich? War er denn überhaupt einmal angesagt, dieser Abgang mit Größe?
Politiker leben ihre Ämter. Da wird ausgesessen. Es ist kaum noch vorstellbar, dass nach der Zeit von Helmut Kohl, dem Chef-Aussitzer, heute jemand für Wahlschlappen oder Skandale zurücktreten würde.
Und im Fußball? Sicher, was die Nationalmannschaften betrifft, da gab es Demissionen nach einem Debakel. 1978 etwa, da hatte Helmut Schön seinen Rücktritt schon vor der Schmach von Cordoba erklärt.. 1984, EM-Vorrundenaus, Jupp Derwall musste gehen. 1998 dann Berti Vogts, 2000 Erich Ribbeck. Aber wer ist denn nach einem Scheitern wirklich aus eigenen Stücken gegangen? Nur Rudi Völler hatte 2004 die Größe - nach dem EM-Vorrundenaus in Portugal. Ansonsten haben alle geklammert, so wie es Sepp Herberger 1962 eingeführt hatte. Nach dem WM-Viertelfinalaus von Chile wollte der „Maurer von Santiago“ nicht zurücktreten – und wurde dann zwei Jahre später doch zurückgetreten.
Dieses Schicksal könnte Joachim Löw nun auch ereilen. Dass der Noch-Bundestrainer versucht, die Geschichte noch zu ändern, ist aus seiner Sicht verständlich. Denn so wie auf Markus Söder nach einem Verzicht auf das Amt des Ministerpräsidenten keine großen Ämter mehr warten dürften, hätte sich die große Trainerkarriere des Joachim Löw mit dem Rücktritt als Bundestrainer wohl auch erledigt. Das war bei fast allen seinen geschassten Vorgängern auch so. Kaum einer von ihnen bekam noch einen wirklich erstklassigen Job als Trainer.