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Das Gesicht der Bewerbung. Weltmeister Philipp Lahm lädt Europa zur EM 2024 nach Deutschland ein.
© dpa

Vergabe der EM 2024: Wie der DFB um die Wahlleute buhlt

Um am Donnerstag die EM 2024 zu bekommen, wirbt der DFB bis zuletzt um die Mitglieder des Uefa-Exekutivkomitees.

Von Johannes Nedo

Eine absolut zukunftsweisende Europameisterschaft will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) im Jahr 2024 ausrichten. Deswegen hat der Verband in seiner Bewerbung auch den Umweltschutz stark verankert. Laut des Nachhaltigkeitskonzepts für das Turnier soll es nur Mehrweggeschirr geben, die Fans sollen durch spezielles Verpackungsdesign zum Mülltrennen ermuntert werden – und um Papier zu sparen, sollen keine Flyer oder Broschüren gedruckt werden.

So vorbildlich das alles ist, ob der DFB mit dem urdeutschen Thema Recycling am Donnerstag bei der Vergabe der EM 2024 die Stimmen der meisten Wahlleute auf sich vereinigen wird, dürfte zu bezweifeln sein. Die Mitglieder des Exekutivkomitees des europäischen Kontinentalverbands (Uefa), die in Nyon in der Schweiz zusammenkommen, werden ihre Entscheidung für Deutschland oder den einzigen Konkurrenten Türkei wohl nicht davon abhängig machen, welcher Turnierausrichter besser den Müll trennt.

Für die Fußballfunktionäre zählen andere Faktoren, das hat der Uefa-Präsident Aleksander Ceferin nun noch einmal klargemacht. „Für die Entwicklung des Fußballs und für die Uefa ist es sehr wichtig, so viel wie möglich mit dem Turnier zu verdienen, um das Geld dann an alle Verbände in Europa zu verteilen“, sagte der Slowene im ZDF. „Dafür ist die wirtschaftliche Situation absolut entscheidend.“

Auch Rummenigge nutzte seine guten Kontakte in Europa

Es geht also um knallharte Wirtschaftsfaktoren. Und aus Uefa-Kreisen ist zu hören, dass Ceferin deshalb klar zu Deutschland tendiert. Die EM 2020 wird für die Uefa eine kostspielige Angelegenheit, vielleicht sogar ein Zuschussgeschäft, weil sie in zwölf Ländern stattfindet. Vier Jahre später will Ceferin dann sichere Gewinne einstreichen – so wie 2016 in Frankreich, als das Turnier rund 800 Millionen Euro in die Kassen spülte. In Deutschland wären auf jeden Fall die Ticketeinnahmen für die Uefa höher. Weil die Stadien hierzulande größer sind als in der Türkei, könnten 300 000 Karten mehr verkauft werden.

Solche Argumente ziehen bei Ceferin offenbar mehr als die angekündigten Steuererleichterungen der Türkei, die laut Uefa-Bericht auch nicht konform mit internationalem Recht sein sollen. Hinzu kommen die türkische Währungskrise und die schwierige wirtschaftliche Lage.

Auf Ceferins Stimme können DFB-Präsident Reinhard Grindel und die deutsche Delegation am Donnerstag also wohl zählen. Doch die Zusammensetzung des Uefa-Exekutivkomitees dürfte der Wahl zusätzliche Spannung verleihen. Insgesamt gehören dem höchsten Gremium des europäischen Kontinentalverbands 20 Mitglieder an, inklusive Ceferin. Grindel und der türkische Vertreter Servet Yardimci sind nicht wahlberechtigt. Außerdem nimmt der an Krebs erkrankte Schwede Lars-Christer Olson nicht teil. Spekulationen gibt es überdies auch über Andrea Agnelli. Der Präsident von Juventus Turin, der als Chef des europäischen Klub-Verbands (ECA) im Uefa-Exekutivkomitee sitzt, soll wegen beruflicher Termine fehlen. Gerüchte kursieren, als Fiat-Vorstandsmitglied wolle er es sich womöglich nicht mit der Türkei verscherzen und verzichte lieber ganz auf die Wahl.

Wahrscheinlich werden also 17 oder 16 Mitglieder abstimmen. Neun Stimmen reichen damit für einen Sieg. In den vergangenen Wochen und Monaten hat der DFB hinter den Kulissen natürlich auch sehr für sich geworben, vor allem in Person von Grindel, EM-Botschafter Philipp Lahm und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. Auch Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge soll zuletzt seine guten Kontakte in Europa – er war Agnellis Vorgänger als ECA-Chef – für die deutsche Bewerbung eingebracht haben.

So sollen dem DFB die Stimmen der Vertreter Englands, Schwedens, Frankreichs, Italiens, Polens und der Schweiz relativ sicher sein. Der Türkei zuneigen sollen dagegen wohl osteuropäische Funktionäre wie der Bulgare Borislaw Mihajlow, oder der Spanier Juan Luis Larrea, der als einziger aus dem Uefa-Exekutivkomitee vor zwei Wochen einer Gala des türkischen Fußball-Verbands beiwohnte.

Bei anderen Mitgliedern wie dem Niederländer Michael van Praag könnte es sein, dass Grindel bis zuletzt Überzeugungsarbeit leisten muss. Van Praag wollte 2016 Uefa-Chef werden – doch der DFB schwenkte kurz vor der Wahl zum späteren Sieger Ceferin um. Es könnte also knapp werden. Kleiner Vorteil: Bei Gleichstand würde die Stimme des Uefa-Präsidenten Ceferin entscheiden.

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