Kein Top-Tischtennis mehr beim TuS Bad Driburg: Wie das Coronavirus ein Lebenswerk beendet hat
Franz-Josef Lingens hat den TuS Bad Driburg zu einer Marke im Tischtennis entwickelt. Doch wegen der Coronavirus-Pandemie ist nun Schluss.
Die Tischtennis-Abteilung des TuS Bad Driburg wird 50 Jahre alt. Daher gibt es auf der Webseite Rückblicke zu besonderen Ereignissen wie den Gewinn der deutschen Mannschaftsmeisterschaft bei den Schülerinnen 1993. Und es findet sich ein Zeitungsausschnitt von 1972 aus dem „Westfalen-Blatt“. Dort steht: „Erfahrener Übungsleiter verpflichtet“. Dazu ein Foto von Franz-Josef Lingens, 26 Jahre alt, mit Krawatte, dunklen Haaren und schwarzer Brille.
Kürzlich erschien auf der Webseite ein aktueller Text mit einem Foto von Lingens, der seit langem Manager der Frauenmannschaft ist. Die Haare nicht mehr dunkel, die Brille weiterhin schwarz, in moderner Ausführung. Überschrift: „Rückzug aus der Bundesliga – Schluss nach 23 Jahren!“ Grund sind die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie.
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In fast allen Sportarten, bis hin zum Profifußball, haben diverse Vereine große Zukunftssorgen. Der TuS Bad Driburg hat sehr früh reagiert – Ende März, zwei Wochen nachdem die Unterlagen für die neue Saison fristgerecht eingereicht worden waren. Und einen Tag vor dem Abbruch der Saison durch den Deutschen Tischtennis-Bund. Der bisherige Stand ist gleichzeitig der Endstand, Bad Driburg damit völlig überraschend Vizemeister. Lediglich die Spiele gegen Meister TTC Eastside gingen verloren.
Einst war Franz-Josef Lingens mit seiner Familie aus Essen in die kleine Stadt in der Nähe von Paderborn gekommen, um die Jugendabteilung aufzubauen. Aufgrund der Erfolge im Mädchenbereich gab der Verein Mitte der Neunziger ein großes Ziel aus: die Frauen-Bundesliga. 1998 gelang tatsächlich der Aufstieg. Mit einer kurzen Unterbrechung, bedingt durch finanzielle Probleme des damaligen Hauptsponsors, gehörte der Verein seitdem stets zur Ersten Liga. „Das ist eine Art Lebenswerk. Darum tut die ganze Sache noch mehr weh. Das nagt an mir“, sagt Lingens, der eine eigene Firma für die erste Mannschaft gegründet hat, die vom Rest der Tischtennis-Abteilung abgetrennt ist.
Lingens hatte, bevor das Coronavirus in Deutschland ankam, bereits eine Liste mit Sponsoren für die nächste Saison aufgestellt. Er kam auf 128, „darunter mehr als 100 kleine Sponsoren“. Hier eine Anzeige im Saisonheft, dort eine Bande bei Heimspielen – für sich genommen kleine Summen. Zusammen aber eminent wichtig zur Sicherung des hoch fünfstelligen Etats für die sportliche Nummer eins im Kreis Höxter.
Die Spielerinnen müssen sich einen neuen Verein suchen
Dann kamen die ersten Meldungen zum Coronavirus und Lingens erhielt Mitteilungen von langjährigen Sponsoren, die es bedauerten, dass sie nicht mehr zur Verfügung stehen können. Die Mitteilungen häuften sich und der Manager wusste: Es wird sehr eng. Die Einnahmen bei Heimspielen reichen meist nur, um die Schiedsrichter zu bezahlen. „Wir sind auf Sponsoren und Gönner angewiesen. Ich hätte jedoch nur noch ein Drittel bis maximal die Hälfte dessen zusammenbekommen, was ich brauche“, sagt Lingens.
Das Team um Spitzenspielerin Britt Eerland aus den Niederlanden habe in der verkürzten Saison „in jeglicher Hinsicht alles übertroffen, was ich hier erlebt habe. Homogenität, Zusammenhalt, Kampfgeist, das war überragend“, erzählt Lingens. Auch deshalb hat der 73-Jährige so früh entschieden, mit Blick auf die sportliche Zukunft der Spielerinnen: „Ich wollte nicht zu lange warten, damit sie die Chance haben, sich etwas Neues zu suchen.“ Doch bei vielen Bundesligavereinen sind die Planungen entweder abgeschlossen oder liegen auf Eis. Bisher ist nur Bad Driburgs bisherige Nummer zwei Sarah de Nutte weg, der Wechsel der Luxemburgerin zu Saint-Quentin nach Frankreich stand schon länger fest.
Da die Meldefrist zum Zeitpunkt des Rückzugs abgelaufen war, kommt es zur kuriosen Situation, dass Bad Driburg nächste Saison als erster Absteiger geführt wird. Doch ganz aufgegeben hat Lingens nicht. „Eine kleine Hintertür ist offen“, sagt er. Sollten die bisherigen Spielerinnen nicht schnell einen anderen Verein finden, will er versuchen, mit einem Mini-Etat in der Bundesliga weiterzumachen.
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