Zwangspause im Tischtennis: TTC Eastside plant schon für die nächste Saison
Auch im Tischtennis ist die Saison wegen der Ausbreitung des Coronavirus unterbrochen. Das Berliner Spitzenteam TTC Eastside ist dennoch finanziell abgesichert.
Andreas Hain war im Januar mit seiner Familie zum chinesischen Neujahrsfest geflogen. Seine Schwiegereltern leben im Kreis Nanzhang, etwa 300 Kilometer entfernt von Wuhan in der Provinz Hubei. Dort waren Ende 2019 die weltweit ersten Fälle des Coronavirus nachgewiesen worden. Schon am Flughafen trugen alle Menschen Masken und Schutzkleidung. „Die Lage wurde immer dramatischer. Nach anderthalb Tagen wussten wir, dass wir irgendwie zurück müssen“, erzählt Hain, der Manager des Berliner Tischtennis-Frauenteams vom TTC Eastside, nun Mitte März.
Viele Flugverbindungen waren bis dahin bereits gestrichen, Schnellzüge ausgebucht. Dann tat sich eine Verbindung mit einem Zug nach Peking auf – Schlafwagen, 20 Stunden Fahrt für 1000 Kilometer. Zunächst wollten die Behörden die Familie in Peking nicht ausreisen lassen. Weil sie keine Krankheitssymptome zeigte, durfte sie das Land schließlich doch mit dem Flugzeug verlassen.
Kurz danach begannen die strikten Quarantäne-Maßnahmen rund um Wuhan. „Meine Schwiegereltern waren bis vor einigen Tagen in Quarantäne“, erzählt Hain. Der 53-Jährige, seine Frau und seine Tochter ließen sich in Deutschland auf das Coronavirus testen. Die Tests waren negativ. Durch seine Erfahrungen in China und die familiären Beziehungen dorthin „habe ich mich sehr mit dem Thema beschäftigt“ sagt Hain.
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Am Sonntag vor einer Woche empfahl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abzusagen. Nun sind Spiele der Frauen-Bundesliga im Tischtennis im Normalfall weit entfernt von dieser Kulisse. Trotzdem stellte Hain beim Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) rasch den Antrag, die beiden für das vergangene Wochenende vorgesehenen Auswärtsspiele von Eastside beim TSV Schwabhausen und der DJK Kolbermoor zu verschieben.
„Das wurde als Panikmache abgetan“, erinnert sich Hain, der auch Präsident des Hessischen Tischtennis-Verbandes (HTTV) ist. Hessen war der erste Landesverband, der den Spielbetrieb bis Mitte April aussetzte. „Der HTTV kommt damit der Fürsorgepflicht für die Gesundheit gegenüber den Vereinen sowie deren Spielerinnen und Spielern nach“, hieß es in einer Mitteilung am vergangenen Donnerstag. Andere Landesverbände zogen schnell nach, der DTTB reagierte Freitagfrüh. Damit war auch die Frauen-Bundesliga unterbrochen. „Das hat viel zu lange gedauert“, sagt Eastsides Präsident Alexander Teichmann. Schon zuvor hatten die Berlinerinnen von Eastside beschlossen, nicht anzutreten. „Unsere Spielerinnen reisen aus dem In- und Ausland an. Das hätten wir in diesem Fall nicht gemacht“, sagt Hain.
Eastside ist der Titel kaum noch zu nehmen
Freitagmittag entschlossen sich die restlichen Verbände, darunter Berlin, alle Spiele vorerst abzusagen. Inzwischen ruht der Betrieb an der Platte weltweit. „Wir sollten in Deutschland für zweieinhalb Wochen erst einmal alles komplett runterfahren – und dann schauen wir weiter. Wir brauchen jetzt nicht an Fußball, Tischtennis oder andere Sportarten zu denken“, sagt Hain. Zumindest nicht daran, den Sport aktiv auszuüben. Pläne, wie es weitergeht, werden diskutiert.
Bei den Männern ist der letzte Bundesliga-Spieltag abgesagt worden, es soll am 17. April mit den Play-offs weitergehen. Bei den Frauen gibt es keine Play-offs. „Wenn wir im Mai wieder anfangen könnten, würden wir die Saison mit einer kompakten Phase zu Ende bringen können“, sagt Präsident Teichmann. Falls nicht, wäre eine andere Variante, dass der jetzige Stand gewertet wird. Eastside (22:0 Punkte) ist der Titel kaum noch zu nehmen. Auch im unteren Bereich der Tabelle ist alles klar. Dass es wie im Eishockey eine Saison ohne Meister gibt, glauben Eastsides Verantwortliche nicht.
In der Champions League waren für April die Halbfinalspiele gegen KTS Tarnobrzeg aus Polen angesetzt. Auch das ist hinfällig. Es wird momentan darüber nachgedacht, im Falle der Wiederaufnahme der Saison den Sieger in einem Final-Four-Turnier zu ermitteln.
„Finanziell sind wir auf der sicheren Seite“
Anders als in anderen Sportarten sind die Zuschauereinnahmen für Eastside ein kleinerer Posten, zudem hätten die Berlinerinnen nur noch ein Heimspiel gehabt. „Finanziell sind wir erst einmal auf der sicheren Seite“ sagt Hain. Dem Verein kommt zugute, dass der Etat für die kommende Spielzeit ohnehin etwas reduziert werden soll. Mit der Option, vor den dann wieder stattfindenden Play-offs personell aktiv zu werden.
Der Kader für die nächste Saison steht bereits größtenteils. Neu kommen Jessica Göbel vom Ligakonkurrenten TV Busenbach und die Berlinerin Vivien Scholz, die derzeit beim Zweitligisten ESV Weil spielt. Matilda Ekholm wird ihre Laufbahn beenden. Georgina Pota ist schwanger, ob und in welchem Umfang die seit 2008 bei Eastside spielende Ungarin weitermacht, ist noch nicht endgültig entschieden. Bernadette Szöcs wird den Verein definitiv verlassen.