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Auf und ab. US-Sprinter Blake Leeper will bei Olympia starten.
© Slavek Ruta/Imago

Kolumne „Meine Paralympics“: Wenn Carbon-Prothesen zum Problem für die Konkurrenz werden

Para-Sportler müssen beweisen, dass ihnen durch Hilfsmittel kein Wettbewerbsvorteil entsteht. Was schwierig klingt, ist tatsächlich noch viel komplizierter.

Es ist das Erbe eines ursprünglich so geschätzten Paralympics-Helden, der zuletzt aber vielmehr als Straftäter und Mörder seiner Freundin in die Annalen einging. Gemeint ist der Südafrikaner Oscar Pistorius, dessen Klagen vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas Jahre später nun weitere Kreise ziehen. Denn der an beiden Beinen amputierte US-Sprinter Blake Leeper hat vor dem Cas jetzt einen für behinderte Athleten wegweisenden, nun, Teilerfolg erkämpft, wie Nachrichtenagenturen berichten.

Wie der Cas mitteilte, habe der 400-Meter-Läufer mit seinen aktuellen Prothesen zumindest nicht das Recht, an den Olympischen Spielen 2021 in Tokio und an Wettkämpfen des Leichtathletik-Weltverbandes World Athletics teilzunehmen. Denn die Carbon-Prothesen würden ihm einen Vorteil verschaffen.

Schon 2008 hatte der Leichtathletik-Weltverband IAAF bekannt gegeben, dass der beidseitig unterschenkelamputierte Leichtathlet Pistorius nicht bei den Olympischen Spielen in Peking starten durfte.

Die IAAF hatte sich damals auf ein Gutachten der Sporthochschule Köln berufen, das entschieden hatte, dass sich der Paralympicssieger über die Sprintstrecke von 100 Metern durch die hochtechnologisierten Prothesen („Cheetas“) einen zu großen Vorteil verschaffen würde. 2012 durfte er dann bei den Olympischen Spielen in London starten, erreichte immerhin das Halbfinale, über 400 Meter, gegen die Nichtbehinderten.

Dem Tagesspiegel und seiner Paralympics Zeitung hatte Pistorius damals immer gesagt, dass er bei längeren Strecken etwa in der Kurve wiederum benachteiligt sei, da er kein Fußgelenk abknicken könne. Blake Leeper hatte früher schon mal als „Stelzenmann“ Ärger, weil seine Prothesen unverhältnismäßig länger als seine natürlichen Beine waren, womit er eine größere Schrittweite erreichen könnte, so der Vorwurf.

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Im aktuellen Fall hat der Cas aber Leeper und allen Para-Athleten auch einen Vorteil im rechtlichen Sinne verschafft. Denn zugleich wurde entschieden, dass die Regeln, die behinderten Athleten die Beweislast aufbürden, ob es durch technische Hilfsmittel einen Vorteil gibt oder nicht, „rechtswidrig und ungültig“ seien.

Der Amerikaner Leeper hatte im Februar Berufung beim Cas gegen das Verbot von Starts bei Wettkämpfen von World Athletics eingelegt. Er hatte sich für die WM 2019 in Doha/Katar qualifiziert, konnte aber wegen des laufenden Verfahrens nicht antreten. Oscar Pistorius hatte 2008 mit seinem Einspruch beim Cas dann das Startrecht für Olympia 2012 in London erwirkt. 2015 hatte die World Athletics (damals IAAF) die Regel 144 um einen Absatz erweitert. Seitdem muss der Sportler beweisen, dass ihm durch Hilfsmittel kein Wettbewerbsvorteil entsteht.

„Die Regeln von World Athletics erlauben die Verwendung von Hilfsmitteln wie Prothesen im Wettbewerb, wenn sie dem Benutzer keinen künstlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber denjenigen verschaffen, die solche Hilfsmittel nicht verwenden“, betonte World Athletics als Reaktion auf das Cas-Urteil. World Athletics werde laut dpa diese Regeln mit Bezug auf die Beweislast überprüfen.

Quod erat demostrandum – aber was könnten das denn für Hilfsmittel sein? Es geht also in die nächste Runde.

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