Ein würdiger Champions-League-Sieger: Wen diese Bayern nicht verzaubern, der hat den Fußball nie geliebt
Fußball ohne Fans ist öde? Die Bayern haben mit ihrer spielerischen Magie das Gegenteil bewiesen und deshalb völlig verdient das Triple gewonnen. Ein Kommentar.
Ja, Fußball ohne Fans im Stadion wirkt meist trist. Ja, Fußball ohne Fans fühlt sich über weite Strecken irgendwie belanglos und beliebig an. Und ja, es gab in den vergangenen Monaten viele gute Gründe, den Fußball einfach mal Fußball sein zu lassen und sich die Freizeit von anderen Annehmlichkeiten verschönern zu lassen.
Aber: Fußball ist eben immer noch Fußball – ein Spiel. Und zwar ein sehr schönes, wenn es von entsprechend veranlagten und eingestellten Profis zelebriert wird. Dann kann es sogar so schön sein, dass all die Tristesse rund um das Spielfeld – die fehlende Atmosphäre, die klaffend leeren Ränge, die verirrt umherhallenden Rufe und Geräusche –, dass all das auf einmal in Vergessenheit gerät.
Der FC Bayern dominiert nicht nur, sondern brilliert
Wer das nicht glaubt, hat seit der Coronavirus-Pause kein Spiel des FC Bayern München gesehen – oder den Fußball nie geliebt. Völlig verdient und völlig zu Recht ist das Team von Trainer Hansi Flick am Sonntagabend Champions-League-Sieger geworden.
Als erste Mannschaft in der europäischen High Society haben die Bayern alle Spiele einer Champions-League-Saison gewonnen, in elf Partien gab es elf Siege. Rund vier Tore haben sie dabei im Schnitt erzielt, auch das ist Rekord. Und das 8:2 im Viertelfinale gegen Barcelona hat schon jetzt seinen festen Platz in den Chroniken der Fußballgeschichte.
Doch die Bayern im Jahre 2020 sind mehr als nur Zahlen und Rekorde. Die Bayern im Jahre 2020 sind vor allem eine fußballerische Offenbarung: mit schier unendlich viel Druck, mit beeindruckenden Automatismen, mit atemberaubenden Tempowechseln, punktgenauen Diagonalbällen, famosen Läufen in die Tiefe und natürlich mit jeder Menge individueller Klasse. Es gibt offenkundig nichts, was die Bayern nicht können.
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Natürlich hatte das Team den Vorteil, nach dem Ende der Bundesliga-Saison noch einmal kurz durchatmen zu können und nicht direkt ins Finalturnier einsteigen zu müssen. Doch das galt auch für die drei weiteren Halbfinalisten Leipzig, Lyon und Paris. Die Bayern haben es geschafft, ihre spielerische Magie auch über die kleine Verschnaufpause hinweg nicht zu verlieren.
Wer den Bayern in diesen Wochen zugesehen hat, wird deshalb nicht nur festgestellt haben, dass hier das beste Team des Kontinents auf dem Platz stand. Wer den Bayern in diesen Wochen zugesehen hat, wurde auch in einem zentralen Leitsatz der Fußballromantik bestätigt: Der Zauber des Spiels ist am Ende eben doch größer als alles andere.
Leonard Brandbeck