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Sebastian Vettel.
© AFP
Update

Der neue Michael Schumacher: Was sich Ferrari von Sebastian Vettel erhofft

Sebastian Vettel wechselt zu Ferrari. Der viermalige Weltmeister soll das neue Zugpferd des Rennstalls werden und eine Ära prägen wie sein Kindheitsidol Michael Schumacher vor einem Jahrzehnt.

Ein bisschen kurios lief sie schon an, die Beziehung zwischen Sebastian Vettels und Ferrari. Obwohl das Ganze für niemanden mehr eine Überraschung war, waren die Umstände um so lustiger. Da war zunächst schon am Mittwoch jener Tweet von einem gefälschten Ferrari-Twitter-Konto, der Vettel in der Ferrari-Familie begrüßte. Den wahren Teil inszenierte Ferrari dann als Drama in zwei Akten. Zunächst wurde in einer Mitteilung erklärt, dass das Team und Fernando Alonso von nun an „in gegenseitigem Einvernehmen“ getrennte Wege gingen. etwa zehn Minuten später folgte dann die Verkündung der Verpflichtung Vettels.

Endlich also ist der viermalige Weltmeister nicht mehr zum Schweigen verdammt, das ihm zuletzt nicht mehr ganz leicht fiel. Die Absurdität der Situation war ihm natürlich immer völlig klar, seit er sich vor sechs Wochen in Suzuka mit dem Team geeinigt hatte, für das er schon immer einmal fahren wollte „Für mich geht damit ein langer Kindheitstraum in Erfüllung",  sagt er jetzt am Rande des Saisonfinals in Abu Dhabi. Jahrelang hatte Vettel als Kind ein riesiges Poster von Michael Schumacher im Ferrari über seinem Bett hängen, dieses Bild war es, das seine Jugend prägte. Der Traum, einmal selbst Teil des „Mythos Ferrari“ zu werden, hat ihn seitdem  nie wirklich verlassen. „Dass ich jetzt die Chance habe, einen Ferrari zu fahren, ist eine unglaublich große Ehre. Die Scuderia hat eine lange Tradition in diesem Sport und ich bin hochmotiviert, das Team zurück an die Spitze zu bringen. Ich werde jedenfalls alles, mein ganzes Herzblut, dafür geben.“

Vettel weiß natürlich, dass es mit neuen großen Erfolgen bei Ferrari ein bisschen länger dauern könnte. Er ist schließlich erst 27, kann sich also ruhig ein oder zwei echte Aufbaujahre leisten. Und sein Idol Michael Schumacher brauchte schließlich auch fünf Jahre, ehe er mit den Italienern seinen ersten Titel holte. Ferrari mit der neuen Führungsspitze aus Sergio Marchionne und Marco Matiacci hat einen Strukturwandel angekündigt, einige Teampositionen sind schon  vielversprechend besetzt, etwa mit Technikchef James Allison. Mit Vettel als neuem Zugpferd könnten andere Top-Leute sich auf den Weg nach Maranello machen. Dass die Arbeit mit dem viermaligen Weltmeister unkomplizierter ist als mit dem sehr politischen und oft extrem egozentrischen Alonso, der interne Probleme gern nach außen trägt, wenn er das Gefühl hat, davon profitieren zu können, ist in Formel-1-Kreisen bekannt.

Für Sebastian Vettel ein „Nest“ zu bauen, in dem er sich wirklich wohl fühlt, das muss das Ziel von Ferrari sein. Zumindest wenn das klappen soll, was alle Beteiligten natürlich im Hinterkopf haben: Rund um Vettel einen kompletten Neuaufbau zu schaffen, wie es damals in den Neunzigern rund um Michael Schumacher gelang. Ferrari will ein neues Erfolgsteam auf die Beine stellen, das eine Epoche in der Formel 1 beherrschen kann. Wobei der Kerpener damals mit den Technikern Ross Brawn und Rory Byrne zwei absolute Top-Leute mitbrachte, die voll hinter ihm standen. Und damals auch die Motorensituation für die Italiener nicht so kompliziert war wie heute angesichts des großen Rückstands auf Mercedes.

Einige wichtige Leute aus seinem Umfeld werden Vettel aber auf jeden Fall folgen:  Pressesprecherin Britta Roeske kommt ebenso mit wie Fitnesstrainer Antti Kontsas und sein Helmbetreuer Peter Bürger. Letzteren Sonderwunsch erfüllte man dem viermaligen Weltmeister, obwohl Ferrari eigentlich einen Exklusivvertrag mit einer anderen Helmfirma hat. Von Toro Rosso kommt Renningenieur Riccardo Adami, unter dessen Regie Vettel 2008 in Monza seinen ersten Grand Prix gewann. Und auch bei Red Bull könnte der eine oder andere auf dem Absprung in Richtung Maranello sein. Unter anderem steht  Teammanager Jonathan Wheatley auf der Liste.

Vettels Wechsel zu Ferrari und ein neuer Aufschwung für das Team, das immer noch für die meisten Fans Herz und Seele der Formel 1 bildet - das kann der ganzen Szene, die ja unter starken Krisenerscheinungen leidet, nur gut tun. Ein erfolgreiches Ferrari-Team mit einen sympathischen Fahrer, der von den Tifosi geliebt werden kann, hätte eine enorme Strahlkraft. Und Sebastian Vettel bringt alle Voraussetzungen mit, gerade in Italien gut anzukommen. Noch aus seiner Toro-Rosso-Zeit spricht er etwa recht gut Italienisch. Wenn er mit Ferrari Erfolg hat, dann kann das seinen eigenen Status noch einmal weit über alles Bisherige hinaus heben. Der Reiz, das zu versuchen, sich dieses neue Ziel zu setzten, war für ihn unwiderstehlich. Und ganz nebenbei: Mit dem Ferrari-Sportwagen, den er seinem Vater Norbert in diesem Jahr geschenkt hat, darf er sich jetzt auch offiziell sehen lassen.

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