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Glamouröse Abschiedsfeier. Kann London auch nach Ende der Spiele von Olympia profitieren?
© Reuters

Olympische Spiele: Was bleibt von London 2012?

Die Olympischen Spiele in London sind vorbei, alle Medaillen vergeben, die Sportanlagen werden geschlossen. Doch Großbritannien will vom Glanz der Spiele weiter profitieren.

Nach zwei Wochen Olympiafieber wird der olympische Park und das Olympiastadion nun geschlossen. Ab dem 29. August wird er für die paralympischen Spiele noch einmal geöffnet. Viele, die keine Karten für Olympia bekamen, drängt es nun an die Wallfahrtsstätte sportlicher und organisatorischer Triumphe, mit denen das Land die vielen Skeptiker und sich selbst überrascht hat. Organisator Sebastian Coe, nun zum Verantwortlichen für die Olympia-Hinterlassenschaft ernannt, Olympiaminister Jeremy Hunt und Londons Bürgermeister Boris Johnson werden am Montag auf einer Pressekonferenz Bilanz ziehen. Man weiß schon, dass sie euphorisch ausfallen wird. Premier Cameron wurde bereits vorab mit Lob überschüttet: Viele sprachen von „den besten Spielen, die es je gab“.

Was passiert mit dem Olympiagelände und den Sporteinrichtungen?

Nach den paralympischen Spielen wird der Olympiapark wieder zur Baustelle. 2,5 Quadratkilometer postindustriellen Brachlands wurden für Olympia aufbereitet und müssen nun fit für die nacholympische Wirklichkeit werden. 70 Millionen Pfund kostet der Ab- und Rückbau der Sportstätten. Viele Sportstätten, wie die Basketballhalle, werden komplett abgebaut und weiterverkauft. Andere kehren zu ihrer einstigen Bestimmung zurück wie das O2, das größte Entertainmentzentrum der Welt, wo in den letzten Wochen geturnt wurde. Es bleiben das Velodrom, die BMX Bahn – die für Kinder umgebaut wird – das Schwimmstadion, das durch Abbau der Tribünenanbauten drastisch verkleinert wird. Aus der Handballarena wird ein Sportzentrum. Außerhalb Londons bleibt die Ruderstrecke als internationales Trainingszentrum.

Die Kanu- Wildwasserstrecke wird eine Freizeitanlage. 40 Millionen Pfund wird der Umbau und die Verkleinerung des Olympiastadions kosten, für das es vier Übernahmebewerber gibt. Entschieden wird im September. Möglicherweise wird es in ein Fußballstadion für den Club West Ham umgebaut. Das Mobilar des olympischen Dorfes wird im Internet verkauft. Zwei Immobilien Joint Ventures, darunter der Staatsfonds von Katar haben die Gebäude gekauft und werden sie in sozial geförderte Eigentums- und Mietwohnungen für 6000 Londoner umbauen. „East Village“ mit dem neuen „Queen Elizabeth Olympia Park“ und seinem Freizeitangebot vor der Tür, den exzellenten Verkehrsanbindungen von Stratford, einem geplanten neue College, einem Ärztezentrum und großen Alleen könnte eines der lukrativsten neuen Wohngebiete im Londoner Osten werden.

Was brachten die Spiele dem Land wirtschaftlich?

Die Briten finden, die Superparty habe sich auf jeden Fall gelohnt. 55 Prozent, so eine vom „Guardian“ in Auftrag gegebene Umfrage, sehen Olympia auch nach eindringlichem Hinweis auf die Kosten als „lohnende Ablenkung in wirtschaftlich harten Zeiten“. Nur 35 Prozent halten die Ausgaben für eine „kostspielige Realitätsflucht“. Das Urteil über den tatsächlichen wirtschaftlichen Ertrag ist bisher unentschieden. Der Gewerkschaftsverband TUC rühmt die 5000 Jobs, die allein durch die Olympiabauten geschaffen wurden. Die Bank von England sieht dagegen keinen Grund für einen olympischen Wachstumsschub.

Hotels waren in London zu 84 Prozent ausgebucht – gegenüber 82 Prozent im letzten Jahr. Während einige Kaufhäuser Umsatzeinbußen von 50 Prozent meldeten, registrierte Visa Card dagegen in der ersten OIympia Woche eine Zunahme von Ausgaben internationaler Besucher um acht Prozent. In Restaurants betrug die Steigerung 19,6 Prozent, in Nachtclubs 24 Prozent. Theaterbesitzer Andrew Lloyd Webber hatte ein „Blutbad“ vorausgesagt, dann stiegen die Besucherzahlen in den Londoner Theatern um 25 Prozent. Unterm Strich wurden wohl mehr Londonbesucher von Olympia angelockt als abgeschreckt.

Wie hat Olympia die Briten verändert?

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Wie nachhaltig ist die Euphorie?

Großbritannien konzipierte Olympia auch als Imagekampagne für das Land. Die weltweit bewunderte Eröffnungsfeier und die Abschlussfeier waren Teil der riesigen Werbekampagne „Great“. London präsentierte sich laut Olympiachef Sebastian Coe als eins der besten Länder der Welt zum Besuchen, Leben, Arbeiten, Studieren und Geschäftemachen. Premier David Cameron will das in einen Wirtschaftsstimulus umsetzen, der in den nächsten vier Jahren 13 Milliarden Pfund bringen soll. Die Regierung berechnet ihren „Olympia Effekt“ so: In den nächsten vier Jahren sollen 4,5 Millionen zusätzliche Besucher nach Großbritannien kommen, die durch die Spiele neugierig geworden sind.

Sie würden 2,3 Milliarden Pfund ausgeben und 70000 Jobs schaffen. Ökonomen sind allerdings skeptisch. „Die wirtschaftlichen Folgen sind so wenig greifbar, dass man es vielleicht nie mit Bestimmtheit wissen kann“, glaubt der britische Risikokapitalist John Moulton. Bürgermeister Boris Johnson will in den nächsten Monaten sein neues internationales Profil nutzen und Londoner Unternehmen auf eine Werbetour um die Welt mitnehmen – er hofft auf Verträge im Wert von Milliarden. Am Rande der Spiele wurden 3000 internationale Unternehmen auf bisher zwölf Veranstaltungen der „British Business Embassy“ von Premier David Cameron, seinen Ministern, Prinz Charles und den jungen Prinzen umworben. Eine enthusiastische Pressemitteilung der Regierung behauptet, dies habe bereits Verträge im Wert von einer Milliarde Pfund gebracht und vier Milliarden Pfund an „hochwertigen Überseechancen“ identifiziert.

Wie haben die Spiele das Selbstbild der Briten verändert?

Ein Jahr, nachdem bei Krawallen Plünderer und Brandschatzer durch London zogen, sieht sich Großbritannien plötzlich als harmonisches, multiethnisches Land, das in Innovation, Kreativität, Risikobereitschaft, Kultur, Geschichte, landschaftlicher Schönheit, Musik und natürlich Sport an der Spitze steht. Jedenfalls findet man wenige auf der Insel, die das gerade nicht so sehen. Das Schöne ist, das Olympia allen etwas gebracht hat. Der „Guardian“ freut sich, weil Olympia dem multikulturellen Selbstbewusstsein Großbritanniens Auftrieb gab. 68 Prozent glauben laut seiner Umfrage, dass das moderne Großbritannien als Land „vieler Kulturen“ stärker ist. 79 Prozent der Londoner unterstützen Multikulturalismus. Im rechten Spektrum sieht man das genau umgekehrt, aber ebenfalls positiv: „Multikulturalismus? Unsinn. Die multiethnischen Spiele waren ein Sieg für Patriotismus und gemeinsame britische Werte“, schrieb der Europaabgeordnete Daniel Hannan in der „Daily Mail“.

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