Unions Kapitän vor dem Derby gegen Hertha: Warum es bei Union besonders auf Christopher Trimmel ankommt
Unions Kapitän Christopher Trimmel hat in Wien schon einige Derbys miterlebt. In Berlin erwartet er eine andere Atmosphäre.
Über die Arme von Christopher Trimmel ziehen sich rote Linien und schwarze Punkte, ein mächtiger Adler bedeckt seinen Oberkörper. Der Kapitän des 1. FC Union liebt Tattoos, er selbst sticht auch welche. Später, wenn seine Fußballerkarriere mal beendet sein wird, will Trimmel ein eigenes Studio eröffnen, vielleicht in seiner österreichischen Heimat, vielleicht in Berlin, so genau weiß er das noch nicht.
Eine Entscheidungshilfe könnte ihm dieser Samstag geben, wenn die von Trimmel aufs Feld geführten Unioner den Rivalen aus Charlottenburg empfangen (18.30 Uhr/Sky). Es ist das erste Berliner Derby für Trimmel, der 2014 An die Alte Försterei wechselte und die Zweitligaduelle mit Hertha knapp verpasst hat.
Trimmel gilt als Sprachrohr des Teams
Um die Brisanz städtischer Duelle weiß Trimmel aber. „Ich kenne Stadtderbys sehr gut aus meiner Zeit in Wien“, sagt er. „Bei solchen Spielen kitzelt man das eine oder andere Prozent mehr raus.“ Die Spiele hätten einfach einen ganz eigenen Charakter. Er gehe davon aus, dass dies am Samstag auch so sein wird, „einzigartig“ nämlich. „Wir Spieler sollten das einfach aufsaugen und in eine gute Leistung ummünzen.“
149 Spiele hat der 32-Jährige einst in der österreichischen Bundesliga bestritten, alle für einen Verein – Rapid Wien. Trimmels Derbybilanz gegen den Stadtrivalen Austria Wien fällt (knapp) positiv aus. Von 17 Erstliga-Derbys in diesem Zeitraum gewann Rapid sechs, fünf Spiele endeten Remis, fünf mit einer Niederlage. „Verglichen mit Berlin ist Wien ja ein Dorf“, sagt Trimmel. Man habe aufpassen müssen, wo man sich vor einem Derby in der Stadt bewegte und wo nicht.
Insbesondere an ein Derby kann sich der Rechtsverteidiger noch gut erinnern, weil es einen Platzsturm inklusive Spielabbruch gab. „Das war negativ“, sagt Trimmel, „wir hatten ein Spiel zuhause, lagen nach 20 Minuten 0:2 hinten, es gab einen Platzsturm der Rapid-Fans, dann kam die Polizei.“ Auf dem Platz und in den Katakomben sei „schon einiges losgewesen“, erzählt Trimmel. „Das war das Verrückteste bis jetzt.“
Soweit soll es am Samstag im natürlich proppevollen Stadion An der Alten Försterei nicht kommen. „Es wünscht sich jeder, dass dies ein Fußballfest wird“, betont Trimmel. Er selbst könnte zu diesem Fest viel beitragen, jedenfalls hoffen das die Union-Fans. Der Kapitän verschuldete in den ersten Spielen zwar auch das eine oder andere Gegentor, hat sein Niveau – wie das Gros des Teams – in den vergangenen Wochen aber deutlich verbessert.
Insbesondere seine gefährlichen Flanken nach Eckbällen oder Freistößen von den Außenpositionen könnten im Derby für gefährliche Torraumszenen sorgen. Nebenbei gilt Trimmel auf wie neben dem Platz als Sprachrohr der Mannschaft. Er ist einer, der gerade in wichtigen Spielen Verantwortung übernimmt und weiß, worauf es ankommt. „Wir dürfen nicht überpacen. Ich habe schon erlebt, dass man einen Tick zu aggressiv ist und dann dumme Aktionen begeht“, sagt er und ergänzt: „Wir müssen cool bleiben, konzentriert bleiben, dann wird es mit einem Sieg klappen.“
Seit etwas mehr als fünf Jahren lebt Trimmel in Berlin und für den 1. FC Union, von den Anhängern des Klubs wird er ob seiner Zuverlässigkeit und Konstanz geschätzt. In 171 Pflichtspielen stand er für die Köpenicker auf dem Platz, davon nur zwölfmal nicht über die komplette Spielzeit. Auch in dieser Saison hat ihn Unions Trainer Urs Fischer in allen Bundesliga-Spielen durchlaufen lassen, nur im Pokalspiel gegen Freiburg gönnte er Trimmel eine schöpferische Pause. Unions Kapitän geht also ausgeruht und voll motiviert ins Derby.
„Für uns ist es ganz klar ein Klassenkampf“
Nach dem Aufstieg in den Relegationsspielen gegen den VfB Stuttgart, als er das Rückspiel wegen einer Gelbsperre verpasste, wäre ein Derbysieg gegen Hertha BSC ein weiterer Höhepunkt in Trimmels Union-Vita. Klar, sei die Hertha wohl favorisiert, allein schon wegen der Offensive („da kommt viel Tempo auf uns zu“), aber ein paar Chancen rechne er sich schon aus, sagt Trimmel.
„Wir haben die letzten Wochen eine sehr gute Entwicklung genommen und die kleineren schlechten Phasen in unserem Spiel abgestellt“, betont er. Die guten Leistungen in München und zweimal gegen Freiburg hätten Auftrieb gegeben, „eine sehr gute Entwicklung“, habe man genommen. Das gilt auch für ihn persönlich. Nach über neuneinhalb Jahren berief ihn Österreichs Trainer Franco Foda wieder ins Nationalteam. Gegen Israel (3:1) durfte er im Oktober sein viertes Länderspiel absolvieren, selbst die Teilnahme an der Europameisterschaft im kommenden Jahr scheint plötzlich möglich.
Erstmal aber ist Derbyzeit. „Für uns ist es ganz klar ein Klassenkampf“, sagt Trimmel, meint damit aber den Kampf um den Klassenverbleib in der Bundesliga. Er verstehe den Begriff so, von Spiel zu Spiel immer alles zu geben – so wie es der Kapitän selbst vorlebt. Am Samstag vielleicht noch ein bisschen mehr.