zum Hauptinhalt
In Mönchengladbach wurde schon vor leeren Rängen gespielt.
© Strauch/dpa
Update

Geld vor Gesundheit: Warum die DFL den Bundesliga-Spieltag unbedingt durchziehen wollte

Erst nachdem sich viele Spieler massiv beschwert haben, entscheidet die Liga, vorerst keine Bundesliga-Spiele mehr abzuhalten. Die Geschichte einer Posse.

Es gibt sie also doch noch: Fußballer, die ganz deutlich ihre Meinung sagen. „Hört auf, herumzualbern und kommt in der Realität an“, schrieb Bayerns Profi Thiago am Freitagmittag auf Twitter. „Es ist nicht der Zeitpunkt, um noch Zeit zu verlieren!! Priorität hat einzig und allein die Gesundheit aller“, schrieb Uwe Hünemeier vom SC Paderborn. „Mit den Fußballern wird in dieser Situation umgegangen wie mit den Affen im Zirkus“, schrieb der Torhüter des Berliner Bundesligisten 1. FC Union, Rafal Gikiewicz. Worte, die sich direkt an die hohen Herren der Deutschen Fußball Liga (DFL) richteten.

Die hatten ihren Mitgliedern kurz zuvor tatsächlich vorgeschlagen, die Bundesliga-Spiele am Wochenende trotz der Ausbreitung des Coronavirus wie geplant durchzuführen. Der Erstliga-Spieltag in Deutschland soll „unter Berücksichtigung der lokalen Behörden“ komplett mit Spielen ohne Zuschauer in allen neun Stadien ausgetragen werden, hieß es in einer Mitteilung der DFL am Freitagmorgen.

Ein beispielloses Hin und Her

Einige Stunden und viele empörte Reaktionen später musste die DFL dann einsehen, dass sie nicht mehr an ihrer Ausnahmerolle festhalten kann. „Angesichts der Dynamik des heutigen Tages“ habe man beschlossen, „den ursprünglich heute beginnenden 26. Spieltag in beiden Ligen zu verlegen“, hieß es dann. Ein beispielloses Hin und Her, das vermeidbar gewesen wäre, wenn man gleich konsequent reagiert hätte.

Schließlich hatten zuvor alle anderen großen europäischen Ligen inklusive der englischen Premier League ihren Spielbetrieb längst eingestellt; deutschlandweit waren keine Begegnungen mehr im Amateurbereich angesetzt; und auch die internationalen Partien in der Champions- und Europa League sind ausgesetzt worden.

Nur in der Bundesliga sollte für ein Wochenende einfach weiter der Ball rollen. Der Vorschlag, den die Klubs am kommenden Montag abnicken sollten: Erst ab kommenden Dienstag ist eine Pause bis zum 2. April vorgesehen. Dass dieses Vorgehen nicht bei allen gut ankommen würde, hätte sich die DFL denken können.

Es geht um Millionen von Euro

Schließlich gibt es in der Zweiten Liga bereits die ersten Coronavirus- Fälle, seit Donnerstag befindet sich die Mannschaft von Hannover 96 in Quarantäne. Steffen Baumgart, der Trainer des Bundesligisten aus Paderborn, wurde am Freitag getestet. Der Anfangsverdacht bestätigte sich jedoch nicht – anders als bei einem seiner Spieler. Am Abend teilte der SC Paderborn mit, dass der 20 Jahre alte Verteidiger Luca Kilian positiv auf das Coronavirus getestet wurde.

Schon zuvor hätte aber jedem klar sein müssen, wie groß die Ansteckungsgefahr unter Profis und Betreuern ist. Warum die Liga ihr Spiel trotzdem noch aufrechterhalten wollte, war nicht schwer zu erraten. Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge klärte es für alle auf: „Es ist sinnvoll, dass der Spieltag stattfindet, da es auch um Finanzen geht.“

Dass der fürs Wochenende geplante 26. Spieltag für die Vereine aus finanzieller Sicht tatsächlich wichtig gewesen wäre, zeigt ein Blick auf das Zahlungssystem der TV-Gelder: Die Zahlungen werden in vier Tranchen abgewickelt – und zwar nach dem neunten, dem 17. dem nun anstehenden 26. und dem 34. Spieltag. Wenn die Gelder ausbleiben würden, „könnte das für viele Vereine sehr problematisch werden“, sagte Rummenigge. Details zu Klauseln des Fernsehvertrags nannte der Bayern-Chef zwar nicht, meinte aber: „Ein größerer dreistelliger Millionenbetrag steht im Feuer.“

Für die DFL geht es nun darum, wie sie die Saison zu Ende bringt, denn das ist das ganz klare Ziel. Ein vorzeitiges Ende hätte für einige Klubs „existenzbedrohende Konsequenzen“, hieß es am Freitag. BVB-Chef Hans-Joachim Watzke bezeichnete die aktuelle Situation als „größte Krise“ in der Geschichte des deutschen Fußballs. „Es steht zu hoffen, dass die Klubs in den vergangenen Jahren so viel Substanz gebildet haben, dass alle diese Krise überstehen“, sagte Watzke.

Wie realistisch es ist, dass die Saison wirklich regulär beendet werden kann, ist im Moment angesichts der sich stündlich verändernden Situation schwer vorhersehbar. Trotzdem hat die Liga mit ihrer Verzögerungstaktik zunächst den Eindruck erweckt, dass ihr Geld wichtiger ist als die Gesundheit ihrer Spieler – das zeigen nicht zuletzt die Reaktionen der Profis in den sozialen Medien.

Dort schrieb Gikiewicz am Abend: „Fußball ist jetzt nicht das wichtigste, unsere Gesundheit steht im Vordergrund.“ Man möchte sich auch nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn sich einer der Spieler oder Betreuer vor den angedachten Spielen mit dem Coronavirus infiziert hätte. Deshalb hat die DFL gerade noch rechtzeitig die einzig logische Konsequenz gezogen.

Zur Startseite