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Weiß, wo das Tor steht. Unions Sebastian Andersson hat in dieser Saison schon acht Mal getroffen.
© Andreas Gora/dpa

Die Zukunft des Stürmers ist offen: Warum der 1. FC Union von Sebastian Andersson abhängt

Acht Saisontore hat der Berliner Angreifer bereits erzielt und damit Begehrlichkeiten geweckt. Dabei machte Andersson erst spät auf sich aufmerksam.

Christian Gentner hatte schon im Sommer eine Vorahnung. „Ich habe Oliver Ruhnert vor der Saison gefragt, ob Union das schafft, ihn zu halten“, sagt Gentner und spricht nach dem 2:0-Sieg gegen den 1. FC Köln am Sonntag natürlich über den überragenden Berliner Stürmer, Sebastian Andersson also.

Auch wenn Gentner erst seit diesem Sommer bei Union spielt, haben ihn Anderssons Qualitäten schon im Mai überzeugt – auf schmerzhafte Weise. „Ich habe schon in der Relegation gesehen, wie stark Seb sein kann“, sagt der ehemalige Stuttgarter.

Der absolute Fixpunkt

Unions Manager Ruhnert gelang es trotz einiger Angebote aus der zweiten englischen Liga, Andersson zu halten, und das zahlt sich für den Aufsteiger in dieser Bundesliga-Saison wöchentlich aus. Gegen Köln hatte der 28 Jahre alte Schwede nicht nur wegen seiner zwei Tore großen Anteil am vierten Heimerfolg in Serie. „Für unser Spiel ist er ein absoluter Fixpunkt“, sagt Gentner.

Es sind regelrechte Lobreden, die Anderssons Mitspieler nach dem Sieg gegen den Mitaufsteiger halten. Einen „Riesenfaktor“ nennt ihn Kapitän Christopher Trimmel, der das erste Tor mal wieder mit einem starken Eckball vorbereitete. „Er hat einen Wahnsinnslauf“, sagt Michael Parensen und Trainer Urs Fischer attestiert ihm, „einen tollen Job“ gemacht zu haben.

Auch wenn Unions überraschende Erfolgsgeschichte in dieser Hinrunde auf vielen Pfeilern basiert, wäre sie ohne Andersson nicht denkbar. Das Berliner Spiel ist in vielen Phasen ebenso einfach wie effektiv: Die Mannschaft arbeitet gut gegen den Ball, läuft viel, führt etliche Zweikämpfe und schaltet schnell um. „Es ist kein Geheimnis, dass wir über viele lange Bälle und zweite Bälle kommen, da ist Seb ein Schlüsselspieler für uns“, erklärt Parensen.

Check. Nach seinem Tor zum 1:0 gegen Köln klatscht Andersson mit Vorlagengeber Christopher Trimmel ab.
Check. Nach seinem Tor zum 1:0 gegen Köln klatscht Andersson mit Vorlagengeber Christopher Trimmel ab.
© Andreas Gora/dpa

Andersson ist in der Bundesliga der Spieler, der mit großem Abstand die meisten Zweikämpfe gewinnt, besonders in der Luft. 220 Kopfballduelle hat er in dieser Saison schon geführt – das sind fast 16 pro Spiel.

Da er etwas mehr als die Hälfte dieser Luftzweikämpfe gewinnt, ermöglicht er es den Berlinern immer wieder, aufzurücken, durchzuatmen und Konter zu starten. „Er macht Bälle fest, die sehr wenige Stürmer festmachen“, sagt Trimmel. „Das ist sehr wichtig, denn sonst kloppst du die Bälle vor und die sind sofort wieder weg.“

Auch wenn Fischer darauf verweist, dass Union kein „Kick and Rush“ alter englischer Prägung spielt, sondern auch gepflegt kombinieren kann, ist ihm die Bedeutung der langen Bälle auf Andersson natürlich bewusst. „Wenn du Gefahr entwickeln kannst, ist mir egal, ob das schön aussieht oder nicht“, sagt Fischer.

Die hohe Aufmerksamkeit aufgrund seiner acht Saisontore scheint Andersson eher unangenehm zu sein. Der Nationalspieler steht nicht gerne im Mittelpunkt und wenn er doch mal öffentlich spricht, ist das selten spektakulär.

Andersson ist ein ruhiger Typ

Die zwei Tore gegen Köln hätten ihm natürlich ein „gutes Gefühl“ gegeben, vor allem sei er aber erschöpft. „Ich schlafe nach Spielen nicht so gut“, sagt Andersson. Vergebene Chancen verfolgen ihn auch mal länger. „Der Elfmeter gegen Bayern war eine Weile in meinem Kopf, aber ich arbeite daran, nicht mehr so viel über so etwas nachzudenken“, sagt Andersson.

Der Schwede ist ein ruhiger Typ, „außerhalb des Fußballplatzes nimmst du ihn nicht so wahr“, sagt sein Trainer. Vielleicht auch aufgrund seiner unauffälligen Art flog er lange unter dem Radar, selbst in seiner Heimat.

2011 absolvierte er zwar ein Länderspiel für die U 21, musste danach aber sechs Jahre warten, bevor er zum ersten Mal zur A-Nationalmannschaft eingeladen wurde. Ein regelmäßiges Mitglied der „Tre Kronors“ ist er erst seit seinem Wechsel zu Union, wenn auch meist nur als Einwechselspieler. „Ich denke, die Chancen sind groß“, sagt Andersson in Bezug auf eine EM-Teilnahme im Sommer.

Zweikampfstark. Auch wegen seiner körperlichen Präsenz tut Andersson dem 1. FC Union so gut.
Zweikampfstark. Auch wegen seiner körperlichen Präsenz tut Andersson dem 1. FC Union so gut.
© Andreas Gora/dpa

Das Jahr 2020 könnte sehr ereignisreich werden für den Stürmer. Neben der Europameisterschaft steht auch eine wichtige Entscheidung für seine Zukunft an: Denn ob Andersson in der nächsten Saison noch in Berlin spielen wird, ist unklar.

Bei seiner Verpflichtung sprach Union von einem Vertrag bis 2020. Zuletzt wurde jedoch darüber spekuliert, ob es eine Option oder Klausel für eine Verlängerung gibt. „Ich kann gar nichts sagen“, blockt Andersson weitere Nachfragen ab und schiebt dann das nach, was Profis so sagen. Darum kümmere sich sein Berater, der ehemalige Bundesliga-Profi Martin Dahlin, und: „Man weiß nie im Fußball, momentan spiele ich gerne hier.“

Interessenten dürfte es viele geben, sollte Andersson weiterhin solche Leistungen wie gegen Köln zeigen. Der finanzielle Aspekt sei für ihn aber nicht allein entscheidend. „Du kannst viel über Geld reden, aber ich will spielen, sonst bin ich nicht zufrieden“, sagt Sebastian Andersson. Das tut er beim 1. FC Union – und zwar sehr gut.

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