Endlich wieder Zuschauer im Berliner Fußball: Warum beim Pokalfinale die Ränge leer bleiben
In Berlin dürfen seit diesem Wochenende wieder Zuschauer zum Fußball – nur nicht beim Pokalfinale an diesem Samstag zwischen Altglienicke und Viktoria.
Anfang dieser Woche ist im Fanforum von Tennis Borussia nach Freiwilligen gefahndet worden. Mindestens zehn Leute wurden noch gesucht, die Zeit haben, das Mommsenstadion für das erste Heimspiel des Berliner Fußball-Regionalligisten gegen Chemie Leipzig am Samstagmittag coronafit zu machen. Dafür müssten Wege, Wartebereiche und Plätze entsprechend markiert werden.
An diesem Wochenende, beginnend mit dem Auftaktspiel der Berlin-Liga zwischen Stern Marienfelde und Tus Makkabi (0:1) am Freitagabend, ist es endlich so weit. In Berlin finden erstmals seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie wieder Fußballspiele mit Zuschauern statt – mit einer entscheidenden Ausnahme: Ausgerechnet beim Finale um den Berliner Pokal zwischen Viktoria 89 und der VSG Altglienicke an diesem Samstag (16.45 Uhr, Pokalkonferenz live in der ARD, Einzelspiel im Stream bei RBB) werden die Ränge im Jahnsportpark noch einmal leer bleiben.
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„Das mag etwas unglücklich wirken und ist für die beiden Finalisten und ihre Fans auch absolut ärgerlich“, sagt Kevin Langner, der Geschäftsführer des Berliner Fußball-Verbandes (BFV). „Aber wir stehen voller Überzeugung hinter dieser Entscheidung. Wir befinden uns immer noch mitten in einer Pandemie. Es gibt keine Normalität.“
Paradox ist es trotzdem. Zu den Qualifikationsspielen für den Pokalwettbewerb der Saison 2020/21 sind an diesem Wochenende wie auch bei den ersten Ligaspielen bis zu 1000 Zuschauer erlaubt – im finalen Spiel des Pokalwettbewerbs 2019/20 hingegen nicht. Das liegt daran, dass die Entscheidung nicht erst in den vergangenen Tagen gefallen ist, sondern bereits Ende Juni.
Das Hygienekonzept fürs Finale stammt von Ende Juni
Um die Genehmigung zu bekommen, den Berliner Pokal mit den noch ausstehenden beiden Halbfinalbegegnungen und dem Finale überhaupt noch zu Ende zu spielen, hat der BFV damals ein Hygienekonzept vorgelegt, das keine Zuschauer vorsah. „Wir haben versucht, gemeinsam mit der Politik einen Weg zu finden“, sagt Geschäftsführer Langner. „Es war klar, dass wir einen Kompromiss eingehen müssen.“ Zumal die Amateurfußballer in Berlin zum damaligen Zeitpunkt noch nicht einmal normal trainieren durften. Von spielen ganz zu schweigen.
Wenn Viktoria und Altglienicke im Jahnsportpark aufeinandertreffen, besteht auf den Rängen Maskenpflicht. Auch die üblichen Abstandsregeln müssen eingehalten werden, was angesichts der Stadionkapazität nicht allzu schwierig sein dürfte. Abgesehen von Ordnern, Kamerateams und Journalisten werden gerade mal 60 Leute auf der Tribüne sitzen: Christian Gaebler, Leiter der Senatskanzlei, als Vertreter der Politik, zwei Mitarbeiter des Titelsponsors AOK, einige Mitglieder des BFV-Präsidiums und je 25 Offizielle der beiden Finalisten, inklusive der Spieler, die nicht im Kader stehen.
330 Zuschauer wollen Stern Marienfelde sehen
Bei Stern Marienfelde, Aufsteiger in die Berlin-Liga, kommen normalerweise kaum mehr Leute zu den Spielen, um die 50 waren es in der Vergangenheit. Für den Saisonauftakt am Freitagabend aber sind allein im Vorverkauf 120 Tickets abgesetzt worden. „Das ist nicht so schlecht“, findet Markus Glasenapp, erster Vorsitzender des Vereins. „Wir sind der Vorreiter“, sagt er und lacht. Tatsächlich empfindet er es als etwas Besonderes, mit seinem Klub nach der langen Pause ohne Zuschauer den Anfang machen zu dürfen. „Das ganze Dorf ist in Bewegung“, sagt Glasenapp. 330 Zuschauer sind schließlich beim Liga-Auftakt am Freitagabend dabei.
Für die nun startende neue Saison hat der BFV ein Hygienekonzept erarbeitet, das für den gesamten Berliner Fußball verbindlich ist. Trotzdem gibt es von Bezirk zu Bezirk unterschiedliche Auslegungen, die jeder Verein mit dem jeweiligen Sportamt klären muss. Was jedoch für alle Klubs gilt: „Die Umsetzung erfordert eine große Kraftanstrengung und einen hohen organisatorischen Aufwand“, sagt BFV-Geschäftsführer Langner.
Stern Marienfelde hat externe Ordner engagiert, einen Desinfektionsspender aufgestellt, am Eingang mussten sich die Zuschauer in Anwesenheitslisten eintragen. „Wir werden alles auf die Beine stellen, damit es funktioniert“, hat Glasenapp in den Tagen vor dem Spiel gesagt. Während Ligakonkurrent Lichtenberg 47 mit dem Bezirk darüber streitet, wer für die Mehrkosten aufkommen muss, hofft Glasenapp, den finanziellen Mehraufwand etwa für den Ordnungsdienst durch die höheren Zuschauereinnahmen ausgleichen zu können.
Vier Pokalfinals finden ohne Zuschauer statt
Bei Tennis Borussia in der Regionalliga sieht das etwas anders aus. Durch Desinfektionsmittel, Absperr- und Klebebänder komme schon einiges an Kosten auf den Klub zu, sagt Vorstand Steffen Friede. Unter normalen Umständen hätte TeBe zudem zum ersten Heimspiel nach dem Aufstieg mit einem stattlichen Zuschaueraufkommen rechnen können. Stattdessen sind nur 620 Karten, alle personalisiert und nur übers Internet zu erwerben, in den freien Verkauf gekommen. Am Montag vermeldete der frühere Bundesligist: Das Spiel ist ausverkauft.
Neben dem Berliner Finale zwischen Viktoria und Altglienicke werden an diesem Wochenende noch drei weitere von neunzehn Landespokal-Endspielen ohne Zuschauer ausgetragen. Im Berliner Verband haben sie natürlich darüber diskutiert, ob man nicht doch noch einen Vorstoß wagen solle, damit wenigstens ein paar Hundert Zuschauer ins Stadion dürfen. Letztlich hat sich der BFV, auch angesichts der aktuellen Infektionszahlen, dagegen entschieden. „Wir halten uns an unsere Zusagen“, sagt Kevin Langner. „Wir befinden uns weiterhin in einem Ausnahmezustand.“